Es bleibt richtig, dass Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zu Beginn des Wahlkampfes keine Koalition in der demokratischen Mitte ausgeschlossen hat. Allerdings müsste der CDU-Chef diese Linie auch bis zum Wahltag und darüber hinaus durchhalten. Doch Merz sendet im Schlussspurt ganz unterschiedliche Signale, da er sich offenbar von CSU-Chef und Grünen-Gegner Markus Söder sowie den Hardlinern in der CDU treiben lässt.
Vor wenigen Tagen hielt sich Merz die Grünen-Option offen und sagte: „Herr Söder schreibt mir nichts vor.“ Das gefiel nicht allen in der Union – woraufhin Merz versuchte, die Tür zu den Grünen weiter zuzuschlagen, indem er Spitzenkandidat Robert Habeck als Wirtschaftsminister ausschloss.
Ob Habeck das Amt überhaupt behalten wollen würde, ist derzeit unklar. Allerdings bestimmt grundsätzlich der Koalitionspartner über die Besetzung der eigenen Ministerposten.
Union bringt SPD in gute Verhandlungsposition
Sollte die Union die Bundestagswahl gewinnen und Gespräche mit SPD und Grünen suchen, ist die Verhandlungsposition beider möglicher Koalitionspartner gar nicht schlecht: Die der Grünen, weil sie bei einem Scheitern der Gespräche ihren Anhängern sagen könnten, dass die Union ohnehin nicht bereit gewesen wäre, mit ihnen zu regieren. Und die der SPD, die weiß, dass jede Annäherung von Merz an die Grünen großen Streit zwischen CDU und CSU auslösen dürfte. Die Sozialdemokraten könnten die Schwesterparteien also stark unter Druck setzen und ihnen große Zugeständnisse abringen.
Und noch etwas sollte die Union nicht vergessen: Es ist nicht ausgemacht, dass die SPD überhaupt bereit ist, als Juniorpartner in eine Regierung einzutreten. Vor allem dann nicht, wenn die Sozialdemokraten ein schlechtes Ergebnis einfahren und sich Kräfte in der SPD durchsetzen, die in die Opposition drängen könnten. Insofern sollte die Union die Grünen nicht weiter verschrecken. Am Ende brauchen CDU und CSU die Ökopartei vielleicht doch.