Meinung

TV-Duell von Scholz und Merz: 90 spannende Minuten für Deutschland

Der Endspurt des Wahlkampfs hat mit dem ersten TV-Duell zwischen Scholz und Merz begonnen. Der in den Umfragen hinten liegende Kanzler zeigt sich dabei angriffslustig.

ARD-Fernsehmoderatorin Sandra Maischberger (l-r), Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Friedrich Merz, Unions Kanzlerkandidat, CDU Bundesvorsitzender, und die ZDF-Moderatorin Maybrit Illner vor dem TV-Duell von ARD und ZDF. | © Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa

Jörg Rinne
09.02.2025 | 09.02.2025, 21:48

Mit Spannung hat das politische Deutschland auf das erste TV-Duell zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seinen Herausforderer Friedrich Merz (CDU) geblickt. Und das Aufeinandertreffen hielt, was es im Vorfeld versprochen hatte. Die beiden Spitzenkandidaten lieferten sich über 90 Minuten einen heftigen, aber auch kontrollierten Schlagabtausch. Den Wählerinnen und Wählern im Land wurde schnell klar, dass sie mit ihrem Votum am 23. Februar zwei wirkliche Alternativen haben. Denn die Analysen und Lösungsansätze von Scholz und Merz gingen in vielen Bereichen fundamental auseinander.

Migration und Wirtschaftspolitik standen sofort im Zentrum der Debatte. Beide Kandidaten zeigten sich gut vorbereitet, zahlensicher und selbstbewusst. Die Gesichtszüge angespannt, beide waren sich der Bedeutung der Debatte bewusst und suchten die Offensive. Überraschend kommunikativ der Kanzler, erwartbar angriffslustig der Herausforderer.

Das erste Duell im deutschen Fernsehen gab es übrigens 2002. Davor lehnten die Amtsinhaber derartige Auftritte stets ab, denn sie wollten die jeweiligen Gegner nicht aufwerten. Zur Premiere trafen der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und sein Herausforderer Edmund Stoiber für die Union aufeinander. Der Schlagabtausch verlief damals wie heute nur selten staatsmännisch, meist konfrontativ, mitunter verbissen.

Duelle liefern Orientierung für Unentschlossene

Auch wenn die Einschaltquoten über die Jahre gesunken sind, so erfreuen sich die Sendungen noch immer einem großen Interesse. Sie sind zum festen Bestandteil des Wahlkampfs geworden. Denn Fernsehdebatten sind im politischen Wettstreit von signifikanter Relevanz. Sie bieten den Wählern die Möglichkeit, sich ein direktes Bild der Bewerber zu machen, liefern für Unentschiedene Orientierung.

Diesem Wunsch konnten Scholz und Merz entsprechen. Und trotz aller Gegensätze blieb am Ende der Eindruck, dass sich die beiden Kandidaten ihrer demokratischen Verantwortung nicht entziehen wollten. Denn angesichts einer erstarkten politischen Rechten müssen sich SPD und Union eine gemeinsame politische Plattform in einer zukünftigen Regierung offenhalten. Von einem Gewinner oder Verlierer des TV-Duells zu sprechen wäre deshalb falsch. Die Demokratie im Land hat auf jeden Fall gewonnen.