Kommentar

Harter Machtkampf zwischen Union und SPD zum Weihnachtfest

Die beiden großen Volksparteien haben sich über den Wahltermin und letzte Gesetzesregelungen verständigt. Jetzt will Olaf Scholz in der Woche vor Weihnachten im Bundestag die Vertrauensfrage stellen.

CDU-Chef Friedrich Merz spricht im Bundestag, Kanzler Olaf Scholz schaut kritisch zu. | © picture alliance/dpa

Thomas Seim
12.11.2024 | 12.11.2024, 17:54

Für Zeiten politischer Krisen hilft unser Grundgesetz auch, wenn es nicht um Regierungspolitik geht. „Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik“, heißt es in Artikel 65. Das ist bemerkenswert auch im Blick auf die Festlegung der beiden Volksparteien Union und SPD auf den 23. Februar als Termin für die vorgezogene Neuwahl.

Erstens: Nach wie vor liegt die Entscheidungsgewalt über den Fortgang zwar bei Olaf Scholz. Er hat sie aber für die Einigung über einen Wahltermin an die beiden Fraktionschefs Friedrich Merz und Rolf Mützenich übergeben. Die haben nun ein Ergebnis vorgelegt, das neben dem Wahltermin auch die Verständigung über Mehrheiten für gesetzliche Regelungen zur Stärkung des Bundesverfassungsgerichts, der Verlängerung der Telefonüberwachung sowie die Stärkung der Strafverfolgungsbehörden vorsieht. Ein gelungener Kompromiss zwischen CDU/CSU und SPD.

Zweitens: Nun ist wieder der Kanzler am Zug. Er wird am 16. Dezember die Vertrauensfrage stellen. Der Bundespräsident wird den Bundestag auflösen, die Parteien über Weihnachten in den Wahlkampf starten. Zwei Themen dafür haben Merz und Mützenich mit den Reformpaketen zu Rente und Steuer vorläufig stillgelegt für die Zeit nach der Wahl.

Scholz ist automatisch Spitzenkandidat der SPD

Drittens: Diese Verständigung ist auch deshalb bedeutsam, weil die FDP reklamiert, man könne neue Steuerregeln als Ex-Koalitionär mitbeschließen. Auf die Liberalen aber kommt es nicht mehr an. Ähnlich ist es mit der Kritik des Grünen-Kanzlerkandidaten Habeck an der Weigerung der Union, einem zweiten Sondervermögen Bundeswehr zuzustimmen. Der CDU-Außenpolitiker Röttgen nannte dies eine „sehr dumme und etwas dreiste Form des Wahlkampfs“. Mögliche Partner sprechen anders übereinander. CSU-Chef Söder schließt derweil eine Koalition mit den Grünen und neuerdings auch der FDP außerdem aus.

Viertens: Olaf Scholz ist als amtierender Kanzler automatisch Spitzenkandidat der SPD. Da wirkt seine Richtlinienkompetenz auch für die eigene Partei. Dies könnte sich nur ändern, wenn er selbst zu der Erkenntnis käme, dass für ihn nicht ausreichend Wähler zu mobilisieren sind, und er von sich aus auf eine Kandidatur verzichtete. Danach sieht es bislang nicht aus.

Fünftens: Für die Alternative einer aktiven Revolte in der SPD gegen Scholz gibt es bislang trotz aller Gespräche auf verschiedenen Ebenen keinen Anführer – weder in der Bundes-SPD noch aus den Ländern. Zwei Mitglieder der Hamburger Bürgerschaft reichen dazu nicht.

So scheint es auf einen Wahlkampf zwischen der Merz-Union und der SPD mit Scholz um die Führung einer neuen Bundesregierung zuzulaufen. Friedlich also wird Weihnachten nicht.