Zurückgespielt

„A Short Hike“ zurückgespielt: Low-Poly-Indie-Perle für Cozy-Gaming auf PC und Konsolen

Der Indie-Hit „A Short Hike“ überzeugt 2025 erneut: Low-Poly-Grafik, entspannte Inselwelt und gemütliches Cozy-Gaming auf PC, Playstation, Xbox oder Switch machen das Spiel zeitlos.

Ein entspannter Ausflug: Claire erkundet die farbenfrohe Inselwelt von Hawk Peak in "A Short Hike". | © adamgryu

Christian Lund
04.12.2025 | 04.12.2025, 14:29

Im Zentrum von „A Short Hike“ steht Claire, eine junge Vogel-Protagonistin, die auf einem Ausflug zu ihrer Tante im Hawk-Peak-Provincial-Park landet. Um einen wichtigen Anruf zu empfangen – ja, die Geschichte bleibt bewusst unspektakulär –, muss sie den Handyempfang am Berggipfel erreichen. Von hier aus entfaltet sich ein kleines, offenes Abenteuer: Wir erkunden Wanderwege, treffen skurrile Tiere, sammeln Ausrüstung wie goldene Federn, helfen Fremden bei Mini-Nöten und gleiten schließlich über Wälder und Strände der Insel.

Der Plot bleibt bewusst minimalistisch; er dient als Gerüst für ein Spiel, das mehr über Stimmung, Bewegung und Begegnungen erzählt als über Konflikte. „A Short Hike“ ist kein Spiel „über“ etwas – es ist ein Spiel, „in dem“ etwas passiert: kleine Momente, die sich zu einer sanften, unaufgeregten Erfahrung verweben.

Mischung aus Low-Poly-3D und Pixel-Filter

Als Entwickler Adam Robinson-Yu 2019 sein Ein-Personen-Projekt veröffentlicht, ist die Überraschung groß. „A Short Hike“ erscheint zunächst unscheinbar, fast improvisiert. Das visuelle Konzept, eine Mischung aus Low-Poly-3D und Pixel-Filter, wirkt charmant verspielt – wie ein GameBoy-Spiel, das plötzlich in die dritte Dimension gestolpert ist. Doch schnell wird klar, dass dies kein Zufall, sondern eine bewusste ästhetische Entscheidung ist.

Denn „A Short Hike“ funktioniert wie ein Gemälde: Je näher wir heranrücken, desto sichtbarer werden die pixeligen Kanten; je weiter wir uns entfernen, desto malerischer wirkt die Landschaft. Es ist ein Spiel, das seine eigene Unschärfe feiert – und gerade dadurch eine Atmosphäre schafft, die viele große Produktionen nicht erreichen.

Robinson-Yu hat später erzählt, dass „A Short Hike“ aus einer kreativen Müdigkeit heraus entstand, einer Erschöpfung von großen Ambitionen. Das merkt man dem Spiel an – im besten Sinne. Es setzt nicht auf Größe, sondern auf Intimität.

Der Trailer zu „A Short Hike“

Mechanik als Metapher: Der Aufstieg als Einladung zum Loslassen

Immer gut, wenn man weiß, wo Norden ist. Das hilft bei der Orientierung auf der Insel, deshalb bekommen wir hier einen Kompass geschenkt. - © adamgryu
Immer gut, wenn man weiß, wo Norden ist. Das hilft bei der Orientierung auf der Insel, deshalb bekommen wir hier einen Kompass geschenkt. (© adamgryu)

Die Mechanik des Spiels ist eng mit seiner emotionalen Struktur verwoben. Jede goldene Feder erweitert unseren Bewegungsradius. Je mehr wir sammeln, desto freier wird unsere Bewegung, desto leichter gelingt das Gleiten. Die Mechanik ist also nichts Abstraktes – sie ist Teil einer Metapher: Wir wachsen, indem wir unterwegs bleiben, indem wir anderen helfen, kleine Aufgaben lösen, uns Zeit lassen.

Auffällig ist auch die Ökologie der Spielwelt. Hawk Peak ist zwar klein, aber überraschend vertikal gestaltet – ein Berg, der aus jedem Winkel anders aussieht. Die Insel ist ein Mikrokosmos, der uns dazu einlädt, unsere eigene Geschwindigkeit zu finden, unsere eigenen Abkürzungen, unsere eigenen Momente der Pause. Die Topografie selbst wird zum Erzähler.

Wo viele Spiele Progression als Herausforderung oder Konkurrenz inszenieren, wählt „A Short Hike“ die Einladung: „Du kannst, wenn du möchtest. Aber du musst nicht.“

Zwischen „Animal Crossing“ und „Journey“: Wo sich „A Short Hike“ einordnet

Claire hat den ersten verschneiten Berg schon erklommen und dabei die arme Socke überholt, die mühsam emporkraxelt und gar keinen Spaß mehr versteht. - © adamgryu
Claire hat den ersten verschneiten Berg schon erklommen und dabei die arme Socke überholt, die mühsam emporkraxelt und gar keinen Spaß mehr versteht. (© adamgryu)

„A Short Hike“ ist eigentlich ein kleines „Journey“, eines, das den Sand durch Wald ersetzt, den Pathos durch Leichtigkeit, das Schweigen durch Plaudereien. Zugleich erinnert es an die offenen, frei spielbaren Inselwelten aus „The Legend of Zelda: Wind Waker“ – nur ohne die Bedrohung, ohne die epische Last.

In seinem Humor und seiner Figurenzeichnung steht es „Animal Crossing“ nahe, aber ohne dessen endloses Sammeln und grindige Schleifen. „A Short Hike“ ist ein Spiel, das nach zwei bis vier Stunden zu Ende ist, ohne das Gefühl zu erzeugen, man hätte etwas verpasst. Das ist inzwischen selten geworden.

Auch die Einflüsse von Walking-Simulatoren – „Firewatch“, „Gone Home“, „Eastshade“ – sind erkennbar. Aber „A Short Hike“ nutzt deren kontemplative Ansätze, ohne auf schwere Themen zu setzen. Es ist ein Spaziergang, kein Drama.

Rezeption & Kritik: Ein Überraschungserfolg

Beachstickball! Erinnerte uns an den Film "Baseketball", wo es um eine Mischung aus Basketball und Baseball geht. Bei Beachstickball schlagen wir mit Ästen einen Strandball übers Netz. - © adamgryu
Beachstickball! Erinnerte uns an den Film "Baseketball", wo es um eine Mischung aus Basketball und Baseball geht. Bei Beachstickball schlagen wir mit Ästen einen Strandball übers Netz. (© adamgryu)

Als „A Short Hike“ erschien, nannten Kritikerinnen und Kritiker es „das gemütlichste Spiel des Jahres“. Es gewann 2020 den „Independent Games Festival“-Award, wurde auf Steam zu einem Community-Favoriten und entwickelte sich auf itch.io zum Dauerbrenner. Besonders gelobt wurde die Art, wie das Spiel Ruhe vermittelt, ohne langweilig zu wirken – eine Balance, die bei „Wohlfühl-Games“ selten gelingt.

Interessant ist, dass „A Short Hike“ seit Jahren immer wieder Wellen schlägt. Social-Media-Trends, entspannte Twitch-Streams, Cozy-Gaming-Playlists – das Spiel taucht regelmäßig wieder auf, gerade weil es so kompakt ist. Es ist ein Titel, den Menschen gern empfehlen.

Warum wir „A Short Hike“ wieder spielen sollten

Da ist doch eine Schatzkiste vor dem Haus! - © adamgryu
Da ist doch eine Schatzkiste vor dem Haus! (© adamgryu)

2025 ist ein Jahr, in dem die Debatte um digitale Erschöpfung, endlose Spieleinhalte und überladene Blockbuster ihren Höhepunkt erreicht. Viele große Produktionen sind länger, lauter, komplexer geworden. Und genau deshalb wirkt „A Short Hike“ wie eine erholsame Erinnerung daran, dass wir auch anders spielen können.

Der Trend zu „Cozy Games“ ist im Mainstream angekommen – und „A Short Hike“ gehört zu den Urtexten dieser Strömung. Gleichzeitig erleben stilisierte, retro-inspirierte Grafikstile eine Renaissance. Low-Poly-Ästhetik ist 2025 nicht mehr nur Nostalgie, sondern Statement.

Hinzu kommt die Tatsache, dass Robinson-Yus Studio inzwischen an einem neuen Projekt arbeitet. Details gibt es nicht, aber die Erwartungshaltung sorgt dafür, dass viele Spielerinnen und Spieler den Vorgänger noch einmal ausgraben – oder erstmals entdecken. „A Short Hike“ bleibt also präsent, weil wir es präsent halten wollen.

Unser Fazit zu „A Short Hike“

„A Short Hike“ ist ein Spiel, das uns daran erinnert, dass der Weg selbst das Ziel sein kann. Es ist ein leiser Klassiker, der auch 2025 nichts von seiner Wirkung verloren hat – weil er uns einfach sein lässt. Nicht besser, nicht schneller, nicht produktiver. Nur da. Auf einem Berg, in einer warmen Brise, in einem Moment, der größer wirkt als das Spiel, das ihn erzeugt.

„A Short Hike“ ist seit dem 30. Juli 2019 für den PC, seit dem 18. August 2020 für Nintendo Switch und seit dem 16. November 2021 für Playstation und Xbox erhältlich. Das Spiel kostet zwischen sieben und acht Euro und ist freigegeben ohne Altersbeschränkung.

Transparenzhinweis: Wir haben das Spiel auf einer PS5 Pro getestet und es selbst gekauft.

INFORMATION


Für wen ist „A Short Hike“ geeignet?

Nicht jedes Spiel ist für jede Art von Spielerin oder Spieler gemacht. Wer hier genau richtig ist – und wer vielleicht besser was anderes spielt – zeigt dieser Überblick:

Eher passend für:

  • Menschen, die kurze, atmosphärische Spiele bevorzugen
  • Spielerinnen und Spieler, die Entspannung, Natur und freie Erkundung schätzen
  • Alle, die Indie-Kunst, Humor und zarte Geschichten mögen

Eher nicht für:

  • Spielerinnen und Spieler, die mechanische Tiefe oder hohe Schwierigkeit suchen
  • Fans von narrativen Dramen oder epischen Story-Abenteuern
  • Menschen, die Spiele als Herausforderung, nicht als Auszeit verstehen