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„Avatar: Frontiers of Pandora“ im Test: Mehr als ein blaues „Far Cry“?

Ubisoft entführt uns in die bezaubernde Welt von James Camerons Kino-Blockbuster „Avatar“. Unser Autor erklärt, ob er von dem Videospiel überzeugt ist oder nicht.

Seit 7. Dezember ist das von Ubisoft und Massive Entertainment entwickelte Open-World-Abenteuer "Avatar: Frontiers of Pandora" auf dem Markt. | © Ubisoft

13.12.2023 | 13.12.2023, 17:00

Regelmäßig wird den beiden „Avatar“-Filmen – immerhin absolut erfolgreiche Blockbuster von Regisseur James Cameron – fehlende Handlung und Langatmigkeit vorgeworfen. Der Kritik kann ich mich nicht komplett verschließen. Trotzdem bin ich großer Fan der Kinohits. Besonders mit dem ersten Teil verbinde ich das erste und bis heute speziellste 3-D-Erlebnis, das ich bisher im Kino gesehen habe. Und auch „Avatar: The Way of Water“ hat mich direkt in seinen Bann gezogen. Trotz über drei Stunden Filmlänge und zugegeben recht dünner Handlungsstränge.

Entsprechend groß war die Freude bei mir, als Ubisoft den Open-World-Ego-Shooter „Avatar: Frontiers of Pandora“ angekündigt hat. Nun ist das Spiel offiziell erschienen und hat mich zu den Na’vi, also zu den humanoiden Bewohnern des Mondes Pandora, mitgenommen. Im Vorfeld war oft von „Far Cry in blau“ zu lesen. Ist es mehr als das? Oder möchte es das vielleicht gar nicht sein?

Das Wichtigste vorweg: Die Entwickler Ubisoft und Massive Entertainment schaffen genau das, was auch die Kinofilme bei mir ausgelöst haben. Ich werde in eine atemberaubend schöne Welt entführt, aus der ich am liebsten nicht so schnell wieder auftauchen möchte.

Story nicht wahnsinnig fesselnd

Zugegeben, die Story ist schnell erzählt und nicht wahnsinnig fesselnd. Wir schlüpfen in die Rolle eines Na’vi, der als Kind von den Menschen entführt und in unterirdischen Bunkern trainiert wurde. Etwa 15 Jahre später gelingt die Flucht, und an diesem Punkt beginnt die Handlung. Doch aller Anfang ist schwer, und das Leben bei den Menschen hat Spuren hinterlassen.

Zunächst erstellen wir unseren eigenen Na’vi und können wählen, ob er männlich, weiblich oder divers sein soll. Im Laufe des Spiels fällt vor allem die Größe der Ureinwohner auf. Sie messen circa drei Meter und bücken sich, wenn sie sich durch die Bunker der Menschen bewegen oder sich mit ihnen unterhalten. Die Auswahl der verschiedenen optischen Merkmale beschränkt sich auf das Nötigste, dann beginnt unsere Mission.

Bevor das Abenteuer beginnt, kann der individuelle Na'vi-Avatar erstellt werden. - © Ubisoft
Bevor das Abenteuer beginnt, kann der individuelle Na'vi-Avatar erstellt werden. (© Ubisoft)

Die Eingliederung bei den uns trotz unserer Herkunft unbekannten Ureinwohnern wird zur Geduldsprobe. Das Leben als Na’vi ist neu und irgendwie frustrierend sowie aufregend zugleich. Wir widmen uns im Spielverlauf dem Kampf gegen die feindliche RDA, die Organisation der Menschen.

Beeindruckende Atmosphäre

Während wir ums Überleben kämpfen, passen wir uns nach und nach den Gewohnheiten unseres Stammes an. Wie in den Filmen kratzt die Story eher an der Oberfläche. Die Charaktere sind sehr eindimensional, und das Rollenbild ist klar verteilt: Die Menschen sind die Bösen, die Na’vi die Guten. Auch unser eigener Charakter hat keine wirklich individuelle Persönlichkeit. Vieles ist vorhersehbar.

Trotzdem schafft es das Spiel, mich atmosphärisch schnell in seinen Bann zu ziehen. Die verschiedenen Stämme der Ureinwohner besitzen unterschiedliche kulturelle Ausprägungen. Auch eine Entwicklung meiner Fähigkeiten spüre ich im Verlauf des Spiels. Ich lerne zu sammeln und zu jagen, um Waffen zu bauen und mich zu ernähren. Aber ich lerne auch, die Tiere zu respektieren und mit ihnen zu koexistieren.

Die Ikran-Flugtiere werden zu wichtigen Gefährten, zu denen wir eine Bindung aufbauen und die es uns ermöglichen, neue Areale des Spiels zu erkunden. Eine zeitsparende Alternative sind sie jedoch nicht, die Flugstrecken nehmen einiges an Zeit in Anspruch und wirken an einigen Stellen langatmig. Auch ein direktes Reisen zu bestimmten Punkten der Karte ist nicht möglich.

Mittendrin statt nur dabei

Und so nehme ich mir Zeit. Zeit, um zu neuen Missionen zu gelangen. Aber vor allem Zeit, um die Atmosphäre aufzusaugen. Wir können die Story an fast jeder Stelle pausieren, um auf große Erkundungstour durch die Open World zu gehen. Und das tue ich auch.

Schon die erste Sequenz flasht mich. Nach einigen Minuten Spielzeit verlasse ich den trostlosen Bunker und blicke in die wunderschöne Farbenwelt Pandoras. Im Verlauf des Spiels erwarten uns bunt blühende Wiesen, mondscheinbeschienene Wälder und beeindruckende Felslandschaften. Ich schwinge mich an Lianen durch den Dschungel und durchquere vorsichtig die Sümpfe des Mondes.

Auch die Tierwelt ist faszinierend. Selbst die kleinsten Insekten sind gut erkennbar und fügen sich nahtlos und passend in die Welt der Na’vi ein. Es fühlt sich an, als würde man die Blumen und Pflanzen mit den Händen wirklich berühren, wenn man durchs Gras streift. Auch der Sound passt, ich bin mittendrin in Pandora.

Die detailgetreuen Landschaften im Spiel sind beeindruckend und laden zum ausufernden Erkunden ein. - © Ubisoft
Die detailgetreuen Landschaften im Spiel sind beeindruckend und laden zum ausufernden Erkunden ein. (© Ubisoft)

Beeindruckend ist, dass der Großteil der Pflanzen und Tiere nicht einfach nur existiert. Wir können nahezu alles nutzen, um wichtige Utensilien für unseren Na’vi herzustellen und ihn stärker zu machen. Auch beim Fortbewegen müssen wir auf unsere Umgebung achten. Während eine Eisblume uns einen Tempovorteil verschafft, sollten wir uns vor Aderschoten besser in Acht nehmen, wenn wir keine Explosion verursachen möchten.

Es sind die Kleinigkeiten

Bei der Jagd auf die Tiere macht es außerdem einen Unterschied, wie wir sie erlegen. Tun wir das mit den Waffen der Menschen, ist ihr Fleisch ungenießbar und für uns nicht von Nutzen. Um Teil der Welt zu sein, müssen wir viele Kleinigkeiten beachten. Und genau hier liegt der Reiz des Spiels.

Auch die Nebenquests sind unterhaltsam. Wir bekommen Aufgaben, um in der Hierarchie unseres Clans zu steigen und verschiedene seltene Objekte zu erhalten. Im Verlauf des Spiels ähneln sich die Quests allerdings öfter, weshalb ich mich nicht allzu lange damit aufgehalten habe.

Insgesamt gibt es viele verschiedene Dinge zu beachten, um im Spiel voranzukommen. Wir müssen Nahrung und Gegenstände sammeln, unsere vorhandenen Fähigkeiten verbessern und neue Fähigkeiten unserer Vorfahren erlernen. Außerdem müssen wir Erfahrungspunkte sammeln, um Levelaufstiege zu erreichen und so gegen stärkere Gegner zu bestehen. All das erfordert neben Zeit auch eine gute Portion an Geschick, und ist zwar machbar, aber definitiv nicht einfach.

Fazit

Zu Beginn des Spiels habe auch ich mir natürlich die Frage gestellt, ob „Avatar: Frontiers of Pandora“ wirklich die blaue Version der vielen „Far Cry“-Teile von Ubisoft ist. Das klingt despektierlicher, als es eigentlich gemeint ist, denn ich spiele „Far Cry“ wirklich gerne.

Und in der Tat weist das Spiel sehr viele Parallelen auf. Die Art der Fortbewegung ist ähnlich, die Kämpfe gegen den Feind ebenso. Die Außenposten, hier im Spiel sind es die Fabriken, sind ebenfalls ein elementarer Teil der besagten Spielreihe.

Trotzdem empfinde ich das im Spielerlebnis zu keinem Zeitpunkt als negativ. Das Spiel schafft es, mich in eine eigene Welt abtauchen zu lassen. Ich verschwende während des Spielens keinen Gedanken daran, ob das nun ein Abklatsch früherer Ubisoft-Spiele ist oder nicht, sondern ich möchte die Weiten der beeindruckenden Mondwelt erkunden und die Zeit in Pandora genießen.

Wer wie ich Fan der Filme ist und Open–World-Ego-Shooter mag, der wird über die Schwächen in der Story und die zum Teil auswechselbaren Charaktere hinwegsehen können und Freude an „Avatar: Frontiers of Pandora“ haben.

„Avatar: Frontiers of Pandora“ ist am 7. Dezember 2023 erschienen. Es ist erhältlich für Playstation 5, Xbox Series X/S und PC und kostet circa 60 Euro. Es wurde die PC-Version getestet.