Die besondere Bedeutung des nächsten Bayern-Sieges erklärte ausnahmsweise nicht Vincent Kompany, sondern Joshua Kimmich. In der Champions League treffen die Münchner Seriensieger am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) in der Allianz Arena auf den FC Brügge. «Und für den Trainer ist das ein sehr wichtiges Spiel. Dementsprechend müssen wir gewinnen», verkündete Führungsspieler Kimmich.
Im 63. Pflichtspiel als Bayern-Coach trifft Kompany erstmals auf einen Verein aus seiner Heimat. Und nicht auf irgendeinen Club. Kompany war Spieler und Trainer beim RSC Anderlecht. Und zwischen dem Rekordmeister aus der Hauptstadt Brüssel und Rekord-Pokalsieger FC Brügge, dem «Stolz von Flandern», herrscht die wohl größte Rivalität im belgischen Vereinsfußball.
Als Kompany in Brügge «angewidert» war

Diese hat auch schon Grenzen überschritten. Als Anderlecht-Trainer erlebte Kompany im Dezember 2022 in Brügge einen üblen Abend. «Dieser Tag endet traurig, ich bin angewidert. Mein Staff und ich wurden während des gesamten Spiels beleidigt», berichtete der damals 35-Jährige im Anschluss an das 2:2 in einem TV-Interview. Kompany sprach von «rassistischen Beleidigungen», die nicht nur ihn, sondern auch mehrere seiner Spieler betroffen hätten.

Auch das gehört also zur Vorgeschichte einer Partie, in der es für den FC Bayern aber vor allem darum geht, nach den Auftakterfolgen gegen Club-Weltmeister FC Chelsea (3:1) und den FC Pafos (5:1) den nächsten Erfolg einzufahren. Denn auf das Heimspiel gegen Brügge folgen im November zwei äußerst knifflige Auswärtsaufgaben beim Titelverteidiger Paris Saint-Germain und beim aktuellen Premier-League-Spitzenreiter FC Arsenal.
Im Flow bleiben vor Paris und Arsenal
«Wir müssen in unserem Flow bleiben und jedes Spiel ernst nehmen», mahnte Kapitän Manuel Neuer darum vor der Kraftprobe mit dem Team aus Brügge, das mit drei Punkten anreist. Auch Kompany geht es in erster Linie darum, im zwölften Pflichtspiel der Saison das Sieg-Dutzend vollzumachen.
«Wir haben uns das Momentum verdient mit harter Arbeit. Und dieses Momentum wollen wir nicht verlieren», sagte Kompany. Und das schon gar nicht gegen seinen persönlichen Erzrivalen FC Brügge mit dem deutschen U21-Nationalspieler Nicolo Tresoldi im Sturm.
Die aktuelle Münchner Fußball-Wertarbeit begründet sich natürlich auch in der herausragenden Verfassung von Torjäger Harry Kane. Aber als Motor gilt der Trainer. Sportvorstand Max Eberl bezeichnet Kompany, der im Sommer 2023 nicht als A-, B- oder C-Lösung nach München kam, erst vor dem Sieg gegen den BVB wieder als «einen extremen Glücksfall» für den Rekordmeister.
Bayern-Bosse rühmen ihren Coach
«Ich glaube, dass er aus dieser Mannschaft nicht nur ein Team geformt hat, sondern dass wir ein Team mit Spaß sind. Das merkt man, das spürt man», schwärmte Vorstandschef Jan-Christian Dreesen, als er nach dem 2:1 gegen Borussia Dortmund über Kompany sprach. Es gebe keinen Egoismus auf dem Platz. «Das ist ganz besonders das Verdienst von Vincent und seine große Leistung bei uns. Es sind ja vielfach dieselben Spieler wie vor zwei Jahren. Aber du merkst, was so ein Trainer ausmachen kann.»
Der einstige Top-Verteidiger Kompany, der bei einem Top-Club wie Manchester City viel von einem Top-Trainer wie Pep Guardiola lernen konnte, hat in rund 17 Monaten in München eine stimmige, harmonierende Gruppe um die Anführer Neuer, Kane und Kimmich geschaffen. Kompanys Arbeit «fußt gerade in der Art und Weise, wie wir Fußball spielen», erklärte Eberl: «Das Miteinander, diese Energie, diese Lust, gewinnen zu wollen. Das hat der Trainer den Spielern verinnerlicht. Das sieht sehr gut aus. Diese Welle wollen wir weiterreiten».
Die Welle weiterreiten - das meinte Eberl eher kurzfristig. Aber es gibt intern auch schon den langfristigen Blick auf den Trainer, dessen Vertrag am 30. Juni 2027 ausläuft. Eine längere Zusammenarbeit rückt bereits auf die Agenda. Denn die Bayern-Bosse sehnen sich nach Jahren des Heuerns und Feuerns nach Konstanz auf dem Trainer-Posten.
Guardiola blieb als Letzter drei Jahre
Kompany könnte der erste Bayern-Trainer seit Pep Guardiola (2013-2016) werden, der seinen Vertrag mal wieder erfüllt. Carlo Ancelotti, Niko Kovac, Julian Nagelsmann, Thomas Tuchel - mit keinem passte es danach auf Dauer. Auch Titelsammler Hansi Flick ging im Sommer 2021 vorzeitig. Er wollte damals unbedingt Bundestrainer werden, was er aber längst nicht mehr ist.
Bayern-Insider Nagelsmann erklärte am Rande des Topspiels gegen Dortmund bei Sky, was seinen Nach-Nachfolger Kompany auszeichnet: «Er strahlt eine angenehme Ruhe aus. Er lässt sich nicht anstecken von einem manchmal unruhigen Umfeld, sondern ist immer bei sich und der Mannschaft. Er stellt die Mannschaft immer in den Vordergrund und hat keine Befindlichkeiten.» Im speziellen Spiel gegen Brügge könnte das ausnahmsweise anders sein.