
Halle. Zum Frühstück gibt es Porridge mit Obst, mittags ein Linsengericht und am Abend Salat: Etwa so sehen die Mahlzeiten aus, die Nadine Springer täglich zu sich nimmt. Schon seit rund sieben Jahren verzichtet die Triathletin aus Halle auf Fleisch. Seit Oktober 2019 ernährt sie sich sogar komplett vegan. Das heißt: Tierische Produkte wie Eier, Käse und Milch hat Springer aus ihrem Kühlschrank verbannt – und liegt damit voll im Trend.
Denn auch Profisportler wie Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton, die Tennisschwestern Serena und Venus Williams sowie Fußballstar Lionel Messi verzichten überwiegend oder komplett auf tierische Erzeugnisse. Die Beweggründe der Stars sind verschieden: Sie reichen von ethischem Bewusstsein über Intoleranzen bis hin zu sportlicher Selbstoptimierung. Auch für den Deutschen Fußball Bund und seine Nationalmannschaften genießt das Thema neuerdings einen besonderen Stellenwert. Viele Athleten schwärmen von einem besseren Körpergefühl nach der Umstellung. Eine Erfahrung, die Nadine Springer teilt.
Bei komplett veganer Ernährung fehlt dem Sportler ein Vitamin
Seitdem die 41-Jährige vegan lebt, hat sich ihr Stoffwechsel verbessert. Und sie weiß, wovon sie spricht: Schließlich ist es schon das zweite Mal, dass Springer nach einer Ernährungsumstellung positive Veränderungen an ihrem Körper wahrnimmt. Als sie vor einigen Jahren Weizenprodukte wegließ, veränderte sich ihr Hautbild. Springer, die unter starker Neurodermitis litt, hat die Krankheit seither im Griff. Zudem fühle sie sich jetzt insgesamt weniger träge als damals.
Hans Braun, Leiter der Abteilung für Sporternährung am Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule in Köln, äußert gegenüber einer langfristig, komplett veganen Ernährung aber Skepsis: „Im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit würde ich einem Sportler eine vegane Ernährung nicht zwingend empfehlen", sagt der studierte Ernährungswissenschaftler der Zeit. „Das Wichtigste ist, dass der Sportler seinen Nährstoffbedarf abdeckt. Und der besteht nun mal aus einem Mix." Bei einer rein pflanzlichen Ernährung sei eine ausreichende Versorgung mit allen Nährstoffen nur schwer möglich.
Springer arbeitet eng mit einem Arzt zusammen
Häufigste Mangelerscheinung sei – anders als häufig vermutet – nicht das Eiweiß, sondern das Vitamin B 12, das an der Blutbildung eines Sportlers beteiligt ist. Deshalb empfiehlt Braun eine Misch-Ernährung: „Viel Obst, Gemüse und Getreideprodukte und nur punktuell tierische Erzeugnisse – so sieht ein aus wissenschaftlicher Perspektive ausgewogene Essverhalten grundsätzlich aus."

Nadine Springer hat sich mit den Problemen beschäftigt: Im engen Austausch mit ihrem Arzt, einem Allgemeinmediziner, der selbst passionierter Läufer ist, nimmt sie das Vitamin B 12 in Form einer Spritze regelmäßig auf. Auch ihre Eisenwerte hat der Mediziner immer im Blick. Probleme gibt es keine.
Eine Leistungsexplosion, von der Lionel Messi und Co. nach der Ernährungsumstellung berichten, hat die vegan lebende Triathletin noch nicht bemerkt. „Das wird wohl die nächste Saison zeigen", sagt Springer: „Vielleicht auch erst die übernächste." Denn ob und wann die Triathlon-Wettkämpfe in diesem Jahr stattfinden können, ist wegen der Corona-Pandemie mehr als ungewiss. Zudem kämpft Springer nach einer schweren Verletzung noch immer mit Trainingsrückstand.
Vor einigen Wochen stürzt Springer mit dem Fahrrad
Im November 2018 brach sie sich bei einem Sturz mit dem Fahrrad beide Handgelenke und wurde operiert. Rund ein Jahr später entfernten die Ärzte in einer weiteren Operation die Platten und Schrauben. Zwischendurch plagten die Sportlerin ein Bänderriss und Rückenschmerzen. Und erst vor einigen Wochen war sie erneut mit Rad gestürzt. Dieses Mal endete der Unfall zwar glimpflich. Trotzdem spricht Springer schon jetzt von „einer Übergangssaison". Denn auch erste Saisonhöhepunkte fielen bereits aus.
Ursprünglich wollte die Hallerin, die für den Bielefelder Verein TSVE startet, den Paris-Marathon und den Hermann laufen. Nachdem der Marathon in der französischen Hauptstadt verschoben und der OWL-Klassiker ganz abgesagt worden ist, fehlen Springer die sportlichen Ziele. Und weil die Veranstalter auch den beliebten Ironman-Triathlon in Roth gestrichen haben und die Bundesregierung Großveranstaltungen bis 31. August verboten hat, glaubt sie nicht daran, dass vor den Sommerferien überhaupt Sport-Ereignisse stattfinden werden.