Digitale Endgeräte in Schulen

Grünen-Politiker aus NRW zieht über AfD-Antrag her – Millionen schauen das Video

Tim Achtermeyer setzt sich in einer ungewöhnlichen Landtagsrede mit einem Antrag der AfD auseinander und erzielt damit enorme Reichweite in den sozialen Medien.

Grünen-Politiker Tim Achtermeyer: Er nutzt ganz bewusst die sozialen Netzwerke. | © Federico Gambarini/dpa

Ingo Kalischek
04.12.2025 | 04.12.2025, 12:29

Düsseldorf. Der Fall ist so selten wie bemerkenswert: Eine Rede aus dem Landtag geht online durch die Decke und erhält Tausende, meist positive, Rückmeldungen. Das ist jetzt dem Chef der Grünen in NRW, Tim Achtermeyer, gelungen. Vorgeknöpft hat sich der 32-Jährige einen Antrag der AfD-Fraktion zum Thema digitale Endgeräte in Schulen.

„Das war einer der besten Vorträge, die ich jemals in einem Plenarsaal gesehen habe. Widersprüchlichkeit zur Schau zu stellen ist Königsklasse. Touché“, lautet ein Kommentar unter dem Video Achtermeyers. „Ich feier die Rhetorik, gut auf den Punkt gebracht“, ein anderer. Oder: „Scharfsinnig, klug und verdammt lustig.“

Der Landtagsabgeordnete der Grünen bezieht sich in seiner rund fünf-minütigen Rede auf einen Antrag der AfD zum Thema „Vom digitalen Irrweg zurück zur Bildungsqualität“. Darin fordert die Partei im Kern, dass der Einsatz digitaler Endgeräte in Schulen dringend analysiert werden müsse. Die Geräte seien während der Corona-Pandemie „hemmungslos“ und „unreflektiert“ im Unterricht verteilt worden; sorgten aber bis heute für „Oberflächlichkeit“ und „Effekthascherei“, wie der AfD-Landtagsabgeordnete Christian Blex sagte. Andere Länder hätten längst einen Rückzieher gemacht.

„AfD-Antrag ist vor allem eins: Unfassbar langweilig“

Grünen-Chef Achtermeyer hält das für absurd. „Dieser Antrag hier von der AfD, der ist vor allem eins: Unfassbar langweilig“, sagt der Grüne. „Da steht ja überhaupt nichts drin, aber es zeigt ganz gut, wie die AfD arbeitet.“ Im Verlauf nimmt Achtermeyer die Aussagen auseinander, spricht sarkastisch von „mutigen Forderungen“.

Einerseits fordere die AfD, eine „Rückbesinnung auf bewährte analoge Lehrmethoden“ zu prüfen. Andererseits solle das Land sicherstellen, dass es eine „gute Ausstattung“ in den Schulen gebe. Es müsse „ein Konzept“ entwickelt werden. Und es solle „verbindlich“ festgelegt werden, dass Mittel aus künftigen EU-Förderperioden für die digitalen Endgeräte zur Verfügung gestellt würden.

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„Ja, was denn nun? Sind digitale Endgeräte jetzt entweder der Irrsinn oder soll die EU das bezahlen?“, fragt Achtermeyer zynisch und sagt zum Schluss: „Sieben Seiten geschriebene Papierwüste für diese langweiligen, substanzlosen, blamablen Forderungen. So viel Alt-Partei wie hier drin steht, kann ich gar nicht mehr werden.“ Und weiter: „Einen Pudding kann man nicht an die Wand nageln, aber dieser Antrag hier der ist ungefähr genauso substanzvoll.“

Im Landtag üben die Abgeordneten in ihren Reden regelmäßig viel Kritik an den Abgeordneten der anderen Parteien. Das ist normal. Die Tonlage Achtermeyers in seinem viel beachteten Video, in Kombination mit viel Ironie, war aber verhältnismäßig auffällig und ungewöhnlich. Dass der Grünen-Politiker mit Videos hervorsticht, ist hingegen nicht neu.

Achtermeyer hat mehr Follower als Hendrik Wüst

Der 32-Jährige postet täglich Beiträge, Fotos und Videos in den Sozialen Medien. Damit polarisiert er auch durchaus. Auf Instragram, wo das besagte Video bis jetzt rund 3,2 Millionen Klicks erhielt, folgen Achtermeyer rund 86.000 Nutzer. Das sind mehr als NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) folgen. Die meisten Videos Achtermeyers erzielen mit mehreren Zehntausend Klicks aber nicht ansatzweise eine so große Reichweite wie jetzt.

Der Politiker präsentiert sich ganz bewusst in den Sozialen Medien. Parteien müssten dort stattfinden, wo die Menschen sind, sagte er dieser Redaktion. „Wir müssen uns weniger in Sitzungssälen aufhalten – und mehr in die Kneipen, Unternehmen, Schulen und auch in die sozialen Medien gehen.“ Es irritiere ihn, wenn Landespolitiker zu Plenartagen stolz selbstreferenzielle Selfies aus dem Landtag posteten und sich dafür feierten. Damit könnten viele Menschen nichts anfangen.