Kinder- und Jugendkriminalität

«Es hat sich etwas verschoben» - Debatte über Jugendgewalt

Mehr Härte oder mehr Hilfe? Politik sucht nach Linie gegen Jugendgewalt. (Archivbild) | © Oliver Berg/dpa

05.11.2025 | 05.11.2025, 16:23

Die FDP fordert «Bootcamps» für straffällige Jugendliche, die CDU, das Strafrecht schon auf 12- oder 13-Jährige anzuwenden: Der nordrhein-westfälische Landtag hat über den Anstieg der Kinder- und Jugendgewalt sowie Gegenmaßnahmen debattiert.

«Nordrhein-Westfalen schaut nicht weg, sondern handelt», sagte CDU-Innenpolitiker Gregor Golland. Deswegen habe die Landesregierung die in der vergangenen Woche vorgestellte Studie der Uni Köln in Auftrag gegeben. Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen nehme demnach besonders bei Mädchen und Mehrfachtätern zu.

Mehr Härte, mehr Hilfe? Politik diskutiert über Umgang mit Jugendgewalt. - © Rolf Vennenbernd/dpa
Mehr Härte, mehr Hilfe? Politik diskutiert über Umgang mit Jugendgewalt. (© Rolf Vennenbernd/dpa)

Golland verwies auf das Programm «Kurve kriegen» für jugendliche Intensivtäter. Den Versäumnissen in vielen Elternhäusern begegne man zudem mit der neuen Initiative «Miteinander stark sicher – gemeinsam für eine gewaltfreie Schule», die Schul- und Innenministerium zusammen gestartet haben. In der Pilotphase beteiligten sich 20 Schulen in 10 Kreispolizeibehörden.

Streit um Senkung der Strafmündigkeit

Kein Problem, das auf NRW beschränkt ist. - © Rolf Vennenbernd/dpa
Kein Problem, das auf NRW beschränkt ist. (© Rolf Vennenbernd/dpa)

«Es kann und darf nicht sein, dass Gewalttaten von 12- oder 13-Jährigen ohne Sanktionen und Konsequenzen bleiben», sagte Golland. Mehrfach- und Intensivtätern müssten zudem schneller und deutlicher Grenzen aufgezeigt werden. «Die Bewährung auf Bewährung ist weder sinnvoll noch vermittelbar.»

Auch eine bessere Ausstattung der Jugendhilfe steht im Raum. - © Rolf Vennenbernd/dpa
Auch eine bessere Ausstattung der Jugendhilfe steht im Raum. (© Rolf Vennenbernd/dpa)

Für die SPD kritisierte Christina Kampmann, die Absenkung der Strafmündigkeit habe laut Forschung keinen nennenswerten Nutzen und werde auch von den Kölner Forschern nicht empfohlen.

Für den Anstieg der Jugendgewalt seien familiäre und psychische Belastungen verantwortlich. So komme es wieder vermehrt zu Gewalt durch die Eltern. Zudem sei erschreckend, wie viel Gewalt Kinder und Jugendliche durch Social Media konsumieren.

Bootcamps oder Jugendzentren

Die Ansage der CDU: «Nicht wegschauen, sondern handeln.» - © Rolf Vennenbernd/dpa
Die Ansage der CDU: «Nicht wegschauen, sondern handeln.» (© Rolf Vennenbernd/dpa)

Kampmann sprach sich für eine bessere Ausstattung der Jugendhilfe aus und für die Unterstützung von Schulen mit Gewaltproblem. Eine Studie aus London zeige, dass das Schließen von Jugendzentren im Zuge von Sparpolitik einen Anstieg der Jugendkriminalität um 14 Prozent zur Folge hatte.

Der Abgeordnete Marcel Hafke (FDP) sprach sich für «Letzte-Chance-Programme» aus, die man auch Bootcamps nennen könne. Außerdem: «Wenn ein Kind mehrfach straffällig wird, sollten auch die Eltern Konsequenzen erfahren.»

Thomas Röckemann (AfD) sagte, der Landesregierung sei das Problem entglitten. Wenn Kinder davon ausgehen könnten, das sogar Tötungsdelikte straffrei bleiben, verstünden sie dies als Einladung. Die jugendlichen Intensivtäter hätten zudem überproportional oft einen Migrationshintergrund.

NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, er habe bereits Anfang 2023 vor der Entwicklung gewarnt. «Es hat sich bei unserem Nachwuchs etwas geändert.» Die psychische Belastung sei gestiegen und die Gewalt in den Elternhäusern. Das Problem sei vielschichtig und auch keines, das auf NRW beschränkt sei, sondern ganz Deutschland betreffe. Es werde einen langen Atem brauchen.