Prozess

Reihenweise Patienten ermordet? - Urteil gegen Pfleger

Im Prozess gegen den Krankenpfleger wegen neunfachen Mordes wird am Mittwoch das Urteil erwartet. | © Oliver Berg/dpa

03.11.2025 | 03.11.2025, 05:02

Die Vorwürfe sind monströs: Ein Krankenpfleger soll auf einer Palliativstation in Würselen bei Aachen reihenweise Patienten getötet haben. Seit März läuft der Prozess gegen den Mann wegen neunfachen Mordes und 34-fachen Mordversuchs. Am Mittwoch will das Aachener Landgericht das Urteil gegen den 44-Jährigen sprechen.

Der Angeklagte soll Patienten stark sedierende Medikamente gespritzt haben, teils in Kombination mit Schmerzmitteln, und in einigen Fällen mehrfach. Das hat laut Anklage in neun Fällen zum Tod der schwer kranken Menschen geführt. Motiv: Der Pfleger habe die Patienten ruhig stellen wollen, um in seinen Nachtschichten möglichst wenig Arbeit mit ihnen zu haben. Als Mordmerkmale nennt die Anklage niedrige Beweggründe und Heimtücke.

Staatsanwaltschaft geht von noch mehr Morden aus

In ihrem Plädoyer ging die Staatsanwaltschaft sogar von 13 vollendeten Morden aus. Sie hat für den Deutschen eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld gefordert. Kommt das Gericht dem nach, wäre eine Freilassung nach 15 Jahren in der Regel ausgeschlossen.

Der Angeklagte bestreitet die Vorwürfe. Er habe keine Medikamente mit dem Ziel verabreicht, Leben zu verkürzen, sagte er im Prozess. Seine Verteidiger beantragten Freispruch. Im Prozess hat das Landgericht unter anderem Angehörige der Opfer, ehemalige Kollegen des Angeklagten sowie verschiedene Sachverständige gehört.

Ermittlungen kamen durch Hinweis der Klinik ins Rollen

Die Ermittlungen waren durch einen Hinweis des Rhein-Maas-Klinikums Würselen in Gang gekommen. Im Laufe der Ermittlungen waren auch mehrere mutmaßliche Opfer exhumiert und obduziert worden. Im Juli 2024 wurde gegen den Pfleger Haftbefehl erlassen.

Die angeklagten Taten soll er innerhalb weniger Monate - zwischen Dezember 2023 und Mai 2024 - begangen haben. Die Ermittler prüfen allerdings, ob es noch mehr Fälle aus früheren Jahren gibt - und sind offenbar fündig geworden: «Wahrscheinlich wird es eine weitere Anklage geben», sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft Aachen.

Staatsanwaltschaft prüft Verdachtsfälle aus Kölner Klinik

Zudem ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen den Mann, der auch mehrere Jahre lang in den städtischen Kliniken Köln gearbeitet hatte. Der Krankenpfleger stehe im Verdacht, dort ebenfalls eigenmächtig Beruhigungs- und Schmerzmittel an Patienten verabreicht zu haben, erklärte ein Sprecher der Behörde. Im Juli hatte die Staatsanwaltschaft zahlreiche Unterlagen und Datenträger in der Klinik sichergestellt - die Auswertung dauert noch an.

Immer wieder sorgen ähnliche Fälle in Deutschland für Schlagzeilen. So steht seit Juli ein Palliativmediziner in Berlin vor Gericht. Laut Anklage soll er mindestens 15 Patienten getötet haben - dutzende weitere Verdachtsfälle werden überprüft.

Als bislang größte Mordserie der deutschen Nachkriegsgeschichte gilt der Fall von Ex-Pfleger Niels Högel: Das Landgericht Oldenburg verurteilte ihn 2019 wegen 85 Morden zu lebenslanger Haft. Sein Motiv für die Taten blieb unklar.