Herr Justizminister, es verblüfft auf den ersten Blick, dass ein Inhaftierter in der Lage ist, vor fünf Bediensteten zu fliehen und die Sicherheitszäune zu überwinden, um dann aus der JVA in Bielefeld-Senne zu entkommen. Wie schätzen Sie dies ein? Dürfte so etwas eigentlich nicht passieren?
Benjamin Limbach: In Nordrhein-Westfalen arbeiten rund 10.000 Bedienstete 365 Tage im Jahr, rund um die Uhr an einem sicheren und auf Resozialisierung ausgerichteten Justizvollzug. Die Entweichung am Dienstag eines Gefangenen aus der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne nehme ich sehr ernst. Die genauen Umstände der Flucht werden umfassend durch die Fachabteilung meines Hauses überprüft.
Es ergeben sich einige Fragen: Warum wurde der Mann nicht von Anfang an „sicher“ untergebracht, was durch einen U-Haftbefehl ja möglich gewesen wäre. Warum wurde die geeignete Unterbringungsform für den Mann erst vier Tage in Bielefeld geprüft, um ihn dann letztlich doch in den geschlossenen Vollzug schicken zu wollen – warum wurde das nicht schon sofort nach dessen Festnahme in Essen gemacht? Dann wäre es nicht zum Ausbruch gekommen ...
Gegen den Mann sollten rechtskräftige Freiheitsstrafen vollstreckt werden. Grundsätzlich hätten diese sogar im offenen Vollzug verbüßt werden können. Aufgrund der stets vorzunehmenden Einzelfallprüfung kam man hier nach gründlicher Prüfung jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Eignung für den offenen Vollzug nicht vorliegt. Zuständig für diese Prüfung war die JVA Bielefeld-Senne, weswegen er zunächst nach dort verlegt worden ist. Anzumerken ist dazu natürlich, dass sich die Gefangenen bis zum Abschluss dieser Prüfung nicht frei auf dem Anstaltsgelände bewegen können und daher grundsätzlich auch dort sicher untergebracht sind.
Raten Sie der JVA Senne, die Baumaßnahmen zu überholen, um die Sicherheit zu erhöhen, damit solche Fälle künftig verhindert werden können?
Die Überprüfung des Vorfalls ist noch nicht abgeschlossen. Es wird dabei aber auch ein besonderes Augenmerk darauf gelegt, ob die Sicherheitsvorkehrungen in der JVA Bielefeld-Senne verbessert werden müssen.