Wie viel Trinkgeld gibt man eigentlich in OWL, Herr Büscher?

Herr Büscher, wie viel Trinkgeld sollte man bei einem durchschnittlichen Abendessen in einem Restaurant in OWL eigentlich so geben? Andreas Büscher: Das ist natürlich Ihnen überlassen. Aber mit ungefähr zehn Prozent Trinkgeld liegt man sicher richtig; einige Gäste geben mehr – andere wiederum gar nichts. Es gibt halt große Unterschiede. In den USA läuft Ihnen der Kellner hinterher, wenn Sie weniger als 20 Prozent geben, während Trinkgeld in Japan als Beleidigung aufgenommen wird. Kochsendungen erleben im Fernsehen Hochkonjunktur. Gucken Sie die als Experte auch? Ja, es gibt sicher sehr gute Kochsendungen. Ich schaue zum Beispiel gern die Show mit Tim Mälzer – &bdquo;Kitchen Impossible“. Als Koch ist das spannend zu sehen. &bdquo;Grill den Henssler“ ist nicht so meins. Schwierig finde ich Sendungen, in denen so getan wird, als ob man in einer Woche ein Restaurant retten könnte, was kurz vor der Schließung stand. Ich finde aber grundsätzlich gut, dass die Sendungen das Interesse für den Beruf wecken. Allerdings entstehen dadurch manchmal auch falsche Erwartungen. Ich habe schon junge Azubis erlebt, die zu Beginn des Bewerbungsgesprächs sagen: Ich möchte gerne Fernsehkoch werden. Ausbildung heißt aber erst einmal Handwerk lernen. Hat sich der Ton in der Küche eigentlich gebessert oder wird da noch ordentlich geflucht? Ich habe jetzt 47 Berufsjahre hinter mir und kann sagen: Der Ton hat sich gewaltig verändert. Man kann mit Mitarbeitern nicht mehr so umgehen wie vor 35 Jahren. Das lässt sich heute keiner mehr gefallen, und das ist gut so. Und dennoch bedeutet der Alltag in der Küche immer noch auch Stress und klare Anordnungen. Finden Sie denn genug junge Leute? Den Restaurants in OWL fehlen Fachkräfte wie zum Beispiel Köche oder Restaurantleiter. Bei den Aushilfen sieht es anders aus. Da hat sich das Niveau nach dem heftigen Corona-Einsturz wieder stabilisiert. Wir bekommen mittlerweile auch mehr Bewerbungen von Menschen, die aus dem Ausland zu uns kommen möchten. Das ist sicher eine Möglichkeit, den Mangel zumindest teilweise zu kompensieren. Aber die Verfahren sind immer noch sehr kompliziert, zeitaufwendig und bürokratisch. Da muss sich was ändern. Die Preise in der Gastronomie sind parallel zu den Lebensmittelpreisen mächtig gestiegen. Wird der Restaurantbesuch bald wieder günstiger, da die Politik die Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent hinabsetzen will? Das weiß ich nicht, diese Frage ist aktuell nicht seriös zu beantworten, weil sie von vielen Faktoren abhängt. Eins ist sicher: Zum 1. Juni steigen die Tariflöhne um bis zu 5,8 Prozent. Aber sonst: Wie entwickelt sich die Inflation? Wird der Mindestlohn steigen? Wie hoch werden die Energiepreise sein? Wenn sich all das für uns positiv entwickeln sollte, dann werden Preissenkungen sicher möglich sein. Das muss dann aber jeder Unternehmer selbst anhand seiner Zahlen entscheiden. Für unwahrscheinlich halte ich jedenfalls, dass die Preise um 12 Prozentpunkte sinken werden. Welche Folgen würde ein Mindestlohn von 15 Euro denn für die Gastronomie haben? Wir haben in NRW rund 430.000 Beschäftigte, davon sind rund 60 Prozent Aushilfen wie Servicekräfte, Küchenhilfen, Reinigungskräfte, 40 Prozent Vollzeit- oder Teilzeitkräfte. Das Einstiegsgehalt in unserem Tarifvertrag liegt aktuell bei 13,32 Euro – das wäre also eine Anhebung von knapp zwei Euro. Diese Erhöhung würde sich als Folge durch alle Gehaltsstufen ziehen. Bei einer personalintensiven Branche wie unserer hätte das zwangsläufig Auswirkungen auf die Preise. Dann würde ein Schnitzel zum Beispiel nicht mehr 20 Euro kosten, sondern vielleicht 22. Irgendwann ist dann aber beim Kunden eine Grenze erreicht, an der er nicht mehr bereit ist, den aufgerufenen Preis zu zahlen. Deshalb möchte ich betonen: Es geht gar nicht darum, ob ich meinen Mitarbeitern mehr bezahlen möchte, sondern ob ich es kann, weil ich die angepassten Preise beim Gast durchsetzen kann. Beim Gang durch Innenstädte hat man das Gefühl, dass die Restaurants voll sind. Täuscht das? Nein, das stimmt. Viele Restaurants sind gut besucht, in vielen müssen Gäste vorher reservieren. Allerdings ist die Verweildauer teilweise kürzer geworden. Früher haben viele Kunden nach der Hauptspeise noch Nachtisch, Espresso oder einen zweiten Wein bestellt. Das ist heute anders und wirkt sich natürlich negativ auf die Umsätze aus. Hinzu kommt, dass viele Restaurants inzwischen zwei Ruhetage in der Woche haben, manche drei. Wenn sie dann geöffnet haben, sind sie auch voller. Erleben Sie, dass Reservierungen nicht eingehalten werden? Ja, das ist absolut ein Problem für uns, weil das mit einem herben und sehr ärgerlichen Umsatzverlust verbunden sein kann. Für mich ist nachvollziehbar, dass einige Restaurants inzwischen No-Show-Gebühren erheben, wenn Leute reservieren, aber nicht kommen. Vor allen Dingen in der gehobenen Gastronomie, gerade in Sterne-Restaurants, sichert man sich so häufiger ab, als das früher der Fall war. Andere Restaurants rufen die Kunden vorher nochmal an oder versenden Erinnerungsmails, um sicherzustellen, dass die Reservierungen eingehalten werden – ähnlich wie das manche Arztpraxen machen. Mein Appell: Sagen Sie ab, wenn Sie gar nicht oder mit weniger Gästen kommen! Das ist fair uns gegenüber, aber auch anderen potenziellen Gästen. Die Digitalisierung macht auch vor Ihrer Branche keinen Halt. Erste Service-Roboter kommen auf den Markt. Was glauben Sie: Wie wird das Restaurant in 10 Jahren aussehen? Serviceroboter werden sicher zunehmen. Ebenso das Bestellen und Zahlen per Handy. Ich erhoffe mir durch digitalisierte Prozesse einfachere Abläufe, um Mitarbeiter beispielsweise von schweren Arbeiten zu entlasten. Außerdem könnte man die Bürokratie reduzieren. Wer heute in OWL einen gastgewerblichen Betrieb eröffnen will, muss sich an 10 bis 12 verschiedene Ämter und Institutionen wenden und während des laufenden Betriebes teilweise mehr als 80 behördliche Vorgaben erfüllen. Auch das muss sich durch die Digitalisierung verbessern. Das gäbe uns in Zukunft die Möglichkeit, uns verstärkt auf den Gästekontakt zu konzentrieren, vor allen Dingen in den Betrieben, wo er erwartet wird. Unsere Berufung ist ja nicht, Schreibtischtäter zu sein, sondern Gastgeber. So wird es auch bleiben.

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