Verhandlungen im Osten

„Demokratieverständnis“ fehlt: Wird Wagenknecht zum Problem für die CDU?

Parteimitglieder aus der Region üben scharfe Kritik am aktuellen Verhalten der BSW-Chefin und früheren Linken-Ikone.

CDU-Chef Friedrich Merz hat kürzlich betont, sich von Sahra Wagenknecht nicht am Nasenring durch die Manege ziehen lassen zu wollen. | © Kay Nietfeld/dpa

Ingo Kalischek
24.10.2024 | 24.10.2024, 05:00

Düsseldorf. Wird Sahra Wagenknecht zum Problem für die Volkspartei CDU? Die frühere Linken-Politikerin sorgt für Empörung, indem sie neuerdings die Thüringer CDU auffordert, sich von Parteichef Merz zu distanzieren. CDU-Mitglieder aus der Region gehen in die Offensive.

Der Paderborner Generalsekretär Carsten Linnemann griff die BSW-Chefin am Mittwochmorgen frontal an. Wagenknecht spiele ein „Spiel“ und ziehe eine „Spur der Zerstörung“ hinter sich her – erst habe sie die SPD, dann die Linkspartei zerstört. „Mit der CDU wird das nicht passieren“, betonte Linnemann und bezeichnete Wagenknecht als Kommunistin, die kapitalistisch lebe. Parteichef Merz hatte kürzlich versichert, die CDU lasse sich nicht von Wagenknecht am Nasenring durch die Manege ziehen.

Dennoch sorgt die Politikerin mit ihren Forderungen in der CDU für Unruhe. So besteht sie bislang unter anderem auf eine schriftliche Erklärung im Thüringer Koalitionsvertrag, die sich gegen die Stationierung von US-Raketen in Deutschland ausspricht. Wagenknechts außenpolitischen Ansichten zur Nato und Westbindung stehen im krassen Widerspruch zu denen der CDU. Inzwischen haben sich mehr als 7.000 CDU-Mitglieder an einer Unterschriftenaktion beteiligt, die sich für einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen das Bündnis Sahra Wagenknecht ausspricht.

Ralph Brinkhaus, CDU-Bezirksvorsitzender in OWL, zeigt sich im Gespräch mit dieser Redaktion zutiefst „besorgt“ über die Situation. Die NRW-CDU äußerte sich auf Anfrage bis zum Redaktionsschluss nicht.

Junge Union in NRW attackiert Wagenknecht

Der Chef der Jungen Union in NRW, die 20.500 Mitglieder zählt, will die Entwicklung nicht überbewerten. „Ich persönlich kenne niemanden, der nun die CDU wegen einer schwierigen Entscheidung im Osten verlassen will“, sagt Kevin Gniosdorz dieser Redaktion. Eine starke Volkspartei CDU sei das beste Mittel gegen Populisten und Radikale. „Wir brauchen gerade jetzt jedes Mitglied, um dieses Ziel zu erreichen“, sagt Gniosdorz. Der Politiker aus dem Kreis Paderborn attackiert Wagenknecht ebenfalls scharf. „Seit ihrem SED-Eintritt hat Sahra Wagenknecht beim Demokratieverständnis nichts dazugelernt. Es liegt jetzt an den BSW-Abgeordneten, sich zu fragen: Geht es mir um die Interessen Thüringens oder Sachsens, oder mache ich lieber den Kotau vor dem Führerinnen-Politbüro?“

Der CDU-Landtagsabgeordnete Bernhard Hoppe-Biermeyer aus Paderborn betont: „Wenn es um Russland und die Ukraine geht, teilt niemand in der CDU die Meinung von Sahra Wagenknecht. Und ganz sicher will niemand in der CDU einen Björn Höcke als Ministerpräsidenten in Thüringen. Da ist die CDU klar. Das weiß auch das BSW in Thüringen.“

Der Ehrenvorsitzende der OWL-CDU, Elmar Brok, hat die aktuelle Situation bereits Anfang September ziemlich präzise vorausgesagt. Aufgrund der Wahlergebnisse brauche es eine Zusammenarbeit mit dem BSW, obwohl viele Positionen mit den Grundsätzen der CDU „nicht vereinbar“ seien, sagte Brok dieser Redaktion. „Um diese Koalition werden wir als CDU und auch die SPD leider nicht drum herumkommen.“ Zugleich dürfe nicht vergessen werden, dass es sich beim BSW um eine „Führerpartei“ handele, meinte Brok. Wagenknecht werde im Falle einer Regierungsbeteiligung die Ministerpräsidenten vor sich her treiben. Diese Regierungen dürften nicht Spielbälle für Wagenknechts bundespolitische Interessen werden.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte Mitte Juni gesagt, man sei sich einig, dass eine Zusammenarbeit mit dem BSW auf Bundesebene keine Option sei. Auf Landesebene aber müsse man „sehr genau hinschauen“, wer dort für das BSW antrete, so Wüst. In NRW hatte sich der BSW-Landesverband Anfang September gegründet. Wagenknecht war bei der Veranstaltung in Bochum übrigens nicht anwesend gewesen.