Kommentar

Fördermittel bei unerfülltem Kinderwunsch: Hilfe für Paare und Geburtenrate

NRW stoppt Fördermittel für ungewollt kinderlose Paare. Eine Entscheidung, die nicht nur Folgen für Betroffene haben wird, meint unsere Autorin.

Immer mehr Paare sind zur Erfüllung des Kinderwunsches auf medizinische Hilfe angewiesen. Viele Betroffene können dank künstlicher Befruchtungen Familien gründen. | © picture alliance / Zoonar

Carolin Nieder-Entgelmeier
05.09.2024 | 05.09.2024, 05:00

Die allermeisten Menschen wünschen sich ein Leben mit Kindern, doch für jedes zehnte Paar ist ein Leben ohne Kinder die bittere Realität. Die Medizin kann inzwischen vielen Paaren, die von Unfruchtbarkeit betroffen sind, zum Wunschkind verhelfen, doch Behandlungen dieser Art sind kostspielig. Zumindest für gesetzliche Versicherte, denn die gesetzlichen Krankenkassen finanzieren – anders als die meisten privaten Krankenversicherer – seit 2004 nur noch einen Teil der Kosten und das auch nur für drei Behandlungszyklen. Die Folge: Paare müssen zwischen 1.500 und 4.500 Euro pro Versuch aus eigener Tasche zahlen und das mehrfach, denn oft sind mehrere Behandlungszyklen mit künstlicher Befruchtung nötig, um den Kinderwunsch zu erfüllen.

Bund und 12 der 16 Länder haben erkannt, dass diese finanzielle Belastung nicht von allen Paaren getragen werden kann und deshalb ein Förderprogramm aufgelegt. NRW ist seit 2019 dabei. Zum Förderstart hieß es vom damaligen Familienminister Joachim Stamp (FDP): „Ein Kinderwunsch darf nicht am Geld scheitern. Wir lassen die Familien in NRW nicht allein und unterstützen sie bei der Familienplanung.“

Fünf Jahre später streicht NRW die Förderung wieder. Aus dem Ministerium von Familienministerin Josefine Paul (Grüne) heißt es, dass NRW die gekürzten Bundesmittel nicht kompensieren kann. Die Frage, warum nicht wenigstens weiterhin die Landesmittel aufgezahlt werden, bleibt unbeantwortet.

Jedes Jahr 23.000 Geburten nach künstlicher Befruchtung

Die Folge: Betroffene in NRW erhalten nun gar keine Förderung mehr und müssen nun nicht nur mit der Angst leben, dass sie ein Leben ohne Kinder führen müssen, sondern auch mit wachsenden finanziellen Sorgen. Das passt nicht zu den Sonntagsreden vieler Politiker, die viel von der Förderung von Familien sprechen, aber wenig dafür tun.

Sichtbar wird das mit Blick auf die Geburtenrate in Deutschland und speziell in NRW, die zuletzt erneut gesunken ist und nach Einschätzung von Experten nun noch schneller sinken wird. Eine Entwicklung, die Länder wie Deutschland vor gewaltige Herausforderungen stellt, weil weniger Geburten eines der größten Probleme für die Wirtschaft und Sozialsysteme sind. Der Alterungsprozess unserer Gesellschaft aufgrund zu niedriger Geburtenzahlen führt dazu, dass immer weniger jüngere Menschen immer mehr älteren gegenüberstehen. Die Folgen sehen wir schon heute in einem nie da gewesenen Fachkräftemangel.

Die finanzielle Förderung von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch ist nur ein Baustein von vielen, die nötig sind, um die Geburtenrate wieder zu erhöhen. Aber ein wirkungsvoller, denn jedes Jahr kommen in Deutschland mehr als 23.000 Kinder dank künstlicher Befruchtung zur Welt. Ganz nebenbei kann so auch der Leidensdruck Tausender Paare beendet werden.