Nicht nur im Osten: AfD gewinnt auch in NRW an Bedeutung

Düsseldorf. Es reicht ein Klick, um erahnen zu können, wie die AfD in NRW tickt. Auf der Startseite ihrer Homepage ist mittig ein großes Bild platziert – darauf eine Hand, die ein großes Messer hält. &bdquo;Für uns ist vor allem wichtig, dass WIR in UNSEREM Land sicher sind. Alles andere ist sekundär“, heißt es auf dem Bild. Daneben ein Foto von Angela Merkel. Dazu der Satz: &bdquo;Grenze auf, wir schaffen das. Die CDU hat unser Land zerstört.“ Die AfD macht auch in NRW keinen Hehl daraus, wessen Geistes Kind sie ist. Der Landesverband in NRW spürt nach den jüngsten Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Rückenwind. Deutschland werde sich an solche Ergebnisse &bdquo;gewöhnen“, und früher oder später würden sie sich in &bdquo;konkret übernommene Regierungsverantwortung“ übersetzen lassen, meint Landeschef Martin Vincentz. Der vergangene Sonntag beweise: Die erste AfD-Regierung auf Landesebene sei keine Frage von &bdquo;ob“, sondern nur von &bdquo;wann“. In NRW ist die Partei davon vergleichsweise weit entfernt. Bei der Europawahl Anfang Juni kam die AfD in NRW auf 12,6 Prozent – und bei der Landtagswahl im Mai 2022 schaffte sie mit 5,4 Prozent nur gerade eben den Einzug ins Parlament. Dagegen wirken die Ergebnisse in Thüringen (32,8 Prozent) und Sachsen (30,6 Prozent) unerreichbar. .responsive23-DfHiZqKTvpb1A6E5-atlas-slideshow-thueringen-2024 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-DfHiZqKTvpb1A6E5-atlas-slideshow-thueringen-2024 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-DfHiZqKTvpb1A6E5-atlas-slideshow-thueringen-2024 { padding-top: 142.86%; } } AfD kommt in NRW aktuell auf rund 13 Prozent Jüngste Umfragen zeigen derweil, dass der Trend für die AfD auch in NRW nach oben zeigt. Beim NRW-Check kam die Partei zuletzt auf 13 Prozent. Das wäre Platz vier hinter CDU (37) sowie SPD und Grünen, die mit jeweils 16 Prozent nur bedingt besser abschneiden würden. Auffällig ist, dass die AfD längst auch in NRW in der Fläche punktet. &bdquo;Die Europawahl hat gezeigt, dass die Partei nicht nur in Städten im Ruhrgebiet erfolgreich war, sondern auch in ländlichen Regionen, wo sie zum Beispiel in Gebieten von Lippe, Herford und Minden-Lübbecke mancherorts mehr als 15 Prozent erhalten hat“, sagt Politikwissenschaftler Stefan Marschall im Gespräch mit dieser Redaktion. Im Landtag ist die AfD politisch isoliert. Die anderen Fraktionen lehnen eine Zusammenarbeit mit der Fraktion strikt ab, obwohl sich deren 38-jähriger Fraktionschef Martin Vincentz, ein Mediziner, moderater gibt als sein Vorgänger. Auch einen vertraulichen Austausch hinter den Kulissen dürfte es wohl kaum geben. .responsive23-R7Yy1GHg8nZsf8yb-atlas-slideshow-umfragen-sachsen-2024 { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-R7Yy1GHg8nZsf8yb-atlas-slideshow-umfragen-sachsen-2024 { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-R7Yy1GHg8nZsf8yb-atlas-slideshow-umfragen-sachsen-2024 { padding-top: 142.86%; } } Verfassungsschutz beobachtet die Junge Alternative in NRW &bdquo;Der Feind sitzt auch hier“, sagte CDU-Fraktionschef Thorsten Schick zu Jahresbeginn im Landtag. Die AfD sei eine &bdquo;brandgefährliche Partei“. Ministerpräsident Hendrik Wüst bezeichnete die AfD bereits mehrfach öffentlich als &bdquo;Nazi-Partei“. Als ein &bdquo;großes Unglück für Deutschland“, beschrieb SPD-Fraktionschef Jochen Ott die Fraktion. Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer sagte, sie empfinde es als &bdquo;unerträglich“, dass eine &bdquo;rechtsextreme Partei“ in der Herzkammer der Demokratie sitze. Und FDP-Chef Henning Höne nannte die Partei den &bdquo;parlamentarischen Arm der Rechtsextremen“. Während zum Beispiel die sächsische AfD vom Verfassungsschutz als &bdquo;gesichert rechtsextrem“ eingestuft wird, ist das beim Landesverband in NRW nicht der Fall. Allerdings gilt die Junge Alternative in NRW seit Ende 2023 offiziell als Verdachtsfall. Der Verfassungsschutz wirft ihr unter anderem das Ziel vor, Migranten und Muslime auszugrenzen und sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu positionieren. Die Behörden können die Nachwuchsorganisation der AfD seitdem gründlicher beobachten. Dennoch werden auch der Gesamtpartei in NRW klare Strukturen des völkisch-nationalistischen Zusammenschlusses zugerechnet – die Rede ist von rund 1.000 Personen. AfD sucht im Landtag bewusst die Provokation Bei politischen Auftritten im Landtag erweckt die AfD regelmäßig den Eindruck, als suche sie bewusst die Provokation. So sorgte der frühere Fraktionschef Markus Wagner für Aufregung, als er am Rednerpult sagte: &bdquo;Wir alle haben die Grünen satt. Wir wollen Ricarda Lang nicht durchfüttern und uns für Baerbock nicht mehr schämen müssen.“ In anderen Momenten zeigt sich Wagner differenzierter. Nicht jeder Ausländer sei kriminell. Die Mehrheit sei es nicht, sagte der AfD-Politiker im April. &bdquo;Wir haben noch nicht mal ein Ausländerproblem“. Zu Innenminister Herbert Reul sagte Wagner: &bdquo;Ich kann Ihnen diesen massiven Anstieg von Straftaten nicht durchgehen lassen. Sie und Ihre Partei haben das zu verantworten. Ziehen Sie endlich Konsequenzen.“ Bei gewissen Themen wie der Migration und dem Anstieg von Straftaten hat die AfD also schon vor geraumer Zeit Punkte angesprochen, die inzwischen auch andere Fraktionen an der Landes- und Bundesregierung kritisieren – die AfD macht dies jedoch rigoroser und schärfer im Ton und sucht bewusst Grenzüberschreitungen. Bei einigen wirtschaftlichen Themen liegen Positionen der AfD derweil nicht allzu weit weg von denen der FDP. Beide Parteien sehen zum Beispiel den massiven Ausbau der Windkraft kritisch und fordern auch künftig eine Kohleverstromung im Land. Die AfD stellt zudem mit Abstand die meisten Anfragen an die Landesregierung – von Mitte 2022 bis Mitte 2023 waren es rund 1.200 und somit doppelt so viele wie die größte Oppositionsfraktion SPD. Kritiker sehen darin eine Strategie der AfD, um die Verwaltung zu lähmen. Viele BSW-Anhänger sehen AfD als demokratische Partei Offen ist, wie sich AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in NRW verhalten werden. Der jüngste NRW-Check zeigte, dass BSW-Anhänger weitaus mehr Verständnis für die AfD aufbringen als die anderen politischen Mitbewerber. So halten laut Umfrage 41 Prozent der BSW-Anhänger die AfD für eine &bdquo;normale demokratische Partei“ wie die anderen auch, während dies zum Beispiel nur ein Prozent der Grünen-Anhänger und 3 Prozent der SPD-Anhänger so sehen. Der Bielefelder Soziologe Wilhelm Heitmeyer sieht genau darin ein Problem. Der Gewinn der AfD mit ihrer Ausrichtung als &bdquo;Autoritärer Nationalradikalismus“ sei es, dass ein &bdquo;Normalisierungsprozess“ in Gang komme, also, dass Teile der Bevölkerung die AfD zunehmend als &bdquo;ganz normale Partei“ ansehen würden. Das sei das Hauptproblem, meint Heitmeyer. &bdquo;Denn etwas, das irgendwann als normal gilt, kann nur noch schwer problematisiert werden.“ Diese Gefahr sieht Heitmeyer auch in NRW.

Meistgelesen

Breite Front gegen die AfD auch in NRW: «der Hauptgegner»

„Müssen Schritte unternehmen“: Grüne wollen AfD-Verbot einleiten

SPD und BSW sind sich einig: Koalitionsvertrag steht

Wüst fordert demokratische Allianz - SPD: «Tabubruch»

Fünf-Zentner-Fliegerbombe in Wesel gesprengt

Wohnung in Lage brennt aus - Polizei vermutet Brandstiftung