Schlupflöcher und Technikpanne: Arminia-Fans frustriert wegen Ticketverkauf

Bielefeld. 10.000 Tickets, zweieinhalb Stunden Wartezeit und unendlich viele enttäuschte Fußballfans – so könnte man den freien Ticketverkauf für das Pokalfinale des Deutschen Fußballbundes (DFB) zusammenfassen. Nachdem alle Tickets am Donnerstag, 10. April, gegen 12.20 Uhr ausverkauft waren, reagierten viele Fans verärgert. In den Kommentarspalten im Netz wird Kritik laut: Es sei das falsche Vergabeverfahren gewählt worden. Außerdem macht sich bei vielen das Gefühl breit, nie eine echte Chance auf ein Ticket gehabt zu haben. Eine Bielefelder Digitalagentur ordnet ein, was da schiefgelaufen sein könnte, und zwei glückliche Ticketkäufer erzählen ihre Fangeschichte. Das Prinzip &bdquo;first come, first served“, nach dem der DFB in diesem Jahr die Pokaltickets vergeben hat, klingt erst einmal simpel: Ein Nutzer loggt sich auf der Seite des DFB mit einem einfachen Account ein, geht auf den Ticketshop und landet in der Warteschleife. Ab 10 Uhr werden einzelne Accounts nach einem nicht näher bekannten Auswahlprinzip in den Ticketshop weitergeleitet. Dort hat der Nutzer dann die Möglichkeit, bis zu vier Tickets auszuwählen und einzukaufen. So weit, so gut. Doch danach ist es offenbar zu technischen Problemen gekommen. Vergabeverfahren bietet viele Schlupflöcher So beschreibt ein Nutzer im &bdquo;DSC4ever“-Forum, wie ein Kollege von ihm nach den ersten vier Tickets einfach weiter eingekauft habe: &bdquo;(Nach dem ersten Ticketkauf) konnte er noch 4 Tickets für den Account seiner Frau bestellen“. Danach habe er sich noch mit den Accounts von zwei weiteren Kollegen jeweils vier Tickets gekauft – 13 Tickets insgesamt. Heißt: Wer einmal in den Shop gelangt war, konnte nach Herzenslust weiter shoppen. Sören Witt, Sprecher der Bielefelder Digitalagentur &bdquo;Comspace“, hält es für technisch möglich, dass es zu solchen Vorfällen gekommen ist. Nicht nur das Einkaufen im selben Shop mit Account von Freunden oder Familie biete ein Schlupfloch, auch das Einwählen mit mehreren Endgeräten oder mehreren Inkognito-Browserfenstern ermögliche Schummelei Technische Probleme zwischen Dienstleister und DFB-Fanpage Der DFB hat für den Ticketverkauf den externen dänischen Dienstleister &bdquo;Queue-it“ konsultiert, der dann die vorgeschaltete Warteschlange verwaltet hat. Das Unternehmen wurde gegründet, um mit Hilfe virtueller Warteräume hohen Traffic auf Internetseiten zu kontrollieren, heißt es auf der Unternehmenswebseite. &bdquo;Das Vorschalten eines externen Dienstleisters ist bei einem solchen Verkauf grundsätzlich notwendig und klug“, sagt Witt. Aber offenbar sei es zu technischen Schwierigkeiten an der Schnittstelle zwischen Dienstleister und DFB-Fanshop gekommen. &bdquo;Natürlich ist es schwierig, zu testen, was passiert, wenn plötzlich 650.000 Leute zugreifen“, räumt er ein. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von DFB-Pokal (@dfb_pokal) DFB ist machtlos gegen den Schwarzmarkt Der DFB hat bis Redaktionsschluss nicht auf eine Anfrage dieser Redaktion reagiert. Die Fußballfans in den Online-Kommentarspalten diskutieren sich derweil heiß. Der DFB meldet, dass er mehr als 160 Millionen Bot-Anfragen habe abwehren müssen – so viele wie nie zuvor –, um nur den &bdquo;echten Fans“ den Ticketkauf zu ermöglichen. Doch damit blieb der Verband erfolglos. Nur wenige Minuten nach Verkaufsbeginn gehen zahlreiche Tickets bei dem Sekundärticketmarkt &bdquo;Viagogo“ ein. Die Preise für die Karten dort liegen am Freitagnachmittag zwischen 850 und 3.000 Euro. Der DFB warnte zudem, nicht auf Zweitmarktplattformen zuzugreifen: &bdquo;Gegen illegalen Tickethandel geht der DFB juristisch vor.“ &bdquo;Amateurhaft“, &bdquo;blauäugig“ und &bdquo;Die echten Fans gehen mal wieder leer aus“, heißt es bei Facebook. Viele Fans hätten ein Bewerbungsverfahren mit anschließender Verlosung bevorzugt, um sich die &bdquo;2,5 Stunden Wartezeit zu ersparen“. Andere bemängeln mangelnde Transparenz während der Wartezeit. &bdquo;Es war ein historisches Ereignis für den Verein“, sagt ein Fan. Der DFB hätte die hohe Nachfrage besser antizipieren müssen. &bdquo;Selbst Arminia hat die Fan-Anfragen nach dem Finalshirt nach dem Sieg gegen Leverkusen besser bewältigt“, sagt ein anderer. Aus dem Italienurlaub direkt zum Finale Immer wieder taucht auf unseren Seiten auch die Frage auf, ob überhaupt Fans aus Bielefeld erfolgreich waren. Wir haben zwei von diesen außergewöhnlichen Exemplaren gesprochen. Der Bielefelder Marcel Schulze (30) hatte sich mit vier Endgeräten für den Verkauf eingeloggt. Und hatte mit seinem Tablet Glück: Kurze Zeit nach Verkaufsbeginn kündigte ihm der Warteraum weniger als eine Minute bis zur Weiterleitung in den Shop an. &bdquo;Und dann musste alles sehr schnell gehen“, erzählt er, denn nur zehn Minuten Zeit durfte er sich im Ticketshop lassen. Unter einem kleinen Adrenalinschub wählte er schließlich &bdquo;einfach irgendwas“ aus. Und konnte sich am Ende über die vier Tickets freuen: &bdquo;Diese Tickets bedeuten mir so viel mehr als nur ein Fußballspiel. Mein bester Kumpel, der jahrelang mit mir viele Spiele von Arminia besucht hat, ist letztes Jahr leider von uns gegangen. Er wäre so gerne dabei gewesen. Ich werde in diesem Spiel jeden Moment auch für ihn mitfiebern und seine Leidenschaft in meinem Herzen tragen.“ Jannik Knapmeier hatte eine ähnliche Strategie: Eine Anmeldung mit vier Endgeräten; am Ende konnte er zwei hintereinanderliegende Sitzplätze ergattern. Er wird für das Pokalfinale extra seinen Italienurlaub unterbrechen. Ein echter Fan eben.

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