Dauerhafter Kampf

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Mann aus dem Kreis Gütersloh verärgert: Stromanbieter ignoriert Kündigung

Immer wieder bekommt Georg Pohl einen Grundversorgungsvertrag des Stromanbieters zugeschickt - dabei bezieht er keinen Strom vom Energiekonzern.

Georg Pohl aus dem Kreis Gütersloh hat Stress mit Eon: Das Unternehmen will ihm einen Vertrag aufzwingen, obwohl er keinen Strom bezieht. | © Andreas Frücht

Anja Hustert
20.01.2025 | 20.01.2025, 10:05

Rietberg. Es ist ein bisschen wie in dem Film “Und täglich grüßt das Murmeltier“: Obwohl der Rietberger Georg Pohl keinen Strom von der Eon bezieht, schickt der Stromversorger ihm immer wieder einen Grundversorgungsvertrag zu, den Georg Pohl dann sofort kündigt. Wenige Tage später hat er einen neuen Vertrag im Briefkasten. Seit einem Jahr geht das jetzt so.

„Ich besitze eine Photovoltaik-Anlage, die nur zur Volleinspeisung dient“, erläutert Georg Pohl. Diese Anlage steht auf einem Häuschen in Deensen am Solling im niedersächsischen Landkreis Holzminden. Der Rietberger hat dort das Elternhaus seiner Frau, das die Familie als Wochenendhaus nutzt, mit Photovoltaik (PV) versehen.

„Es gibt dort zwei getrennte PV-Anlagen mit zwei getrennten Stromzählern: Eine für den Hausgebrauch, bei der wir den Solarstrom nutzen und einen Teil einspeisen und eine zweite Anlage, bei der wir den Strom komplett einspeisen“, erläutert der Hausbesitzer.

Eon schickt dem Rietberger immer wieder neue Verträge

Bei der „Volleinspeisung” wird der gesamte von der PV-Anlage erzeugte Strom ins öffentliche Netz eingespeist, ein Eigenverbrauch oder ein Verbrauch durch Dritte vor Ort findet nicht statt. Die Vergütungshöhe für den eingespeisten Strom ist erhöht, wenn nur eingespeist wird. Solaranlagen mit einer Leistung bis 10 kWp erhalten ab Februar 2025 eine Einspeisevergütung von 7,96 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bei Teileinspeisung und 12,61 Cent pro kWh bei Volleinspeisung.

„Durch den Gesetzgeber ist geregelt, dass ich bei der Volleinspeisung keine Grundversorgung benötige“, sagt Pohl, der jeden Grundversorgungsvertrag inzwischen per Einschreiben kündigt. Einmal wurde ihm von Eon sogar schriftlich bestätigt, dass er keine Grundversorgung für den Zähler benötige.

Das hinderte das Unternehmen aber nicht daran, ihm kurz darauf erneut einen Vertrag zuzuschicken: „Wir freuen uns, sie ab 10. Januar 2025 mit Strom zu beliefern“, hieß es zuletzt am 29. Dezember 2024 - verbunden mit der Schätzung für einen Abschlag über 105 Euro monatlich.

Verbraucherzentrale NRW unterstützt den Rietberger

Bei der Beratungsstelle Gütersloh der Verbraucherzentrale NRW kann man darüber nur den Kopf schütteln. „Auffällig ist, dass es diese Problematik nur in dem Bereich gibt, wo die Westfalen Weser Netz GmbH das Stromnetz betreibt. Der Netzbetreiber behauptet, dass er rechtlich dazu verpflichtet sei jeden Zähler - egal ob dort verbraucht oder eingespeist wird - an den Grundversorger zu melden. Diese Auffassung können wir nicht teilen“, sagt Julilan Lambracht, Leiter der Beratungsstelle.

Zahlreiche Kündigungsschreiben hat Georg Pohl aus dem Kreis Gütersloh schon per Einschreiben an Eon geschickt - ohne Erfolg. - © Andreas Frücht
Zahlreiche Kündigungsschreiben hat Georg Pohl aus dem Kreis Gütersloh schon per Einschreiben an Eon geschickt - ohne Erfolg. (© Andreas Frücht)

Doch auf Nachfrage der NW teilt die Sprecherin der Westfalen Weser Energie genau das mit: „Das Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet Netzbetreiber dazu, sämtliche Abnahmestellen einem Lieferanten zuzuordnen, unabhängig von der Höhe des Verbrauchs. Bei PV-Anlagen verbraucht der Wechselrichter technisch bedingt immer eine geringe Menge Strom aus dem Netz. Dabei ist es irrelevant, ob die Messeinrichtung einen Verbrauch anzeigt.“

Das sieht Pohl anders - ebenso die Verbraucherzentrale: „Unserer Einschätzung nach kommt ein Vertrag zur Grundversorgung nur zustande, wenn nachweislich Energie entnommen wird. Ein solcher Nachweis ist dem Anbieter und Netzbetreiber mit dem eingebauten Zähler in der Regel aber nicht möglich, da nur der eingespeiste Strom angezeigt wird. Die reine Vermutung des Netzbetreibers, dass eventuell durch den Wechselrichter oder den Zähler selbst Strom aus dem Netz entnommen werden könnte, reicht nicht aus“, so Lambracht.

Rietberger schaltet Schlichtungsstelle ein

Bei Westfalen Weser Energie verweist man auf eine Gesetzesänderung im Energie-Einspeise-Gesetz vom vergangenen April, die sich mit der Zuordnung von geringfügigen Verbräuchen beschäftigt. Demnach könnten diese geringen Verbräuche seither auf Antrag auf einen „Hauptstrom-Vertrag“ übertragen werden, der ja für das Ferienhaus und den anderen Zähler besteht.

Wegen einer Photovoltaikanlage hat Georg Pohl aus dem Kreis Gütersloh Ärger mit dem Unternehmen Eon. - © Symbolbild: picture alliance/Chromorange
Wegen einer Photovoltaikanlage hat Georg Pohl aus dem Kreis Gütersloh Ärger mit dem Unternehmen Eon. (© Symbolbild: picture alliance/Chromorange)

Aber: „Wenn diese Umstellung auf Kundenwunsch erfolgt, wird unser Netzkunde für die Nutzung der Westfalen-Weser-netz-Messeinrichtung seiner Volleinspeiseanlage weiterhin ein Messentgelt zahlen müssen, welches wir gesondert abrechnen“, kündigt der Netzbetreiber bereits an.

Einen Grundversorgungsvertrag braucht es dann jedoch nicht mehr - das versucht Pohl in seinen Kündigungsschreiben und auch nach endlosen Wartezeiten in Telefonschleifen beim Energieriesen Eon klar zu machen. „Es ist doch ein Unding, Kunden mit einem Vertrag zu nerven, der nach Rechtslage nicht erforderlich ist“, sagt er. Inzwischen hat er auch die Schlichtungsstelle Energie eingeschaltet.

Eon wird auf NW-Nachfrage im Fall des Rietbergers tätig

Bei der Verbraucherzentrale Niedersachsen hat man sich ebenfalls mit der Neuregelung für die Volleinspeiser beschäftigt, die Energieversorger und Netzbetreiber jedoch nicht zur automatischen Umsetzung verpflichtet. Die Regelung sei gut, allerdings hapere es an der Umsetzung. „Das führt dazu, dass sich Grundversorger und Netzbetreiber aus der Verantwortung ziehen und die Zuständigkeit hin- und herschieben“, schreibt die Verbraucherzentrale zu dem Thema.

Pohl hat seinen Frust über die wiederkehrenden Vertragskündigungen, die von Eon ignoriert werden, der NW erzählt. Als diese bei dem Energieunternehmen nachfragt, heißt es dort seitens einer Sprecherin: „Wir hatten Herrn Pohl zunächst in der Grundversorgung angemeldet. Bei der Überprüfung haben wir nun festgestellt, dass bei ihm kein messbarer Verbrauch angefallen ist.

Sofern auch weiterhin kein messbarer Stromverbrauch anfällt, wird er keine weiteren Anmeldungen zur Grundversorgung von uns erhalten.“ Außerdem bitte man für die Unannehmlichkeiten um Entschuldigung. „Unser Kundenservice wird sich in jeden Fall noch einmal bei Herrn Pohl melden und auch ihm persönlich alles erläutern“, versichert die Eon-Sprecherin gegenüber der NW.

Rietberger wartet gespannt auf den Februar

Sollte zwischenzeitlich noch eine Rechnung bei ihm ankommen, liege das an leider unvermeidlichen Prozessüberschneidungen. Diese könne er dann selbstverständlich als gegenstandslos betrachten. Pohl ist gespannt, ob damit die Sache jetzt wirklich erledigt ist. Vielleicht geht ja am Murmeltiertag - dem zweiten Februar - die ganze Geschichte wieder von vorne los.