Abschluss mit 1,0

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Begehrter 25-jähriger Zahnarzt entscheidet sich für Praxis in Harsewinkel

Seit wenigen Wochen arbeitet Julian Wendtland im Team der Zahnarztpraxis „Simply Smile“. Trotz anderer attraktiver Angebote hat er sich für einen vergleichsweise kleinen Ort entschieden.

Für das Foto im Behandlungszimmer lässt sich der neue Zahnarzt Julian Wendlandt ausnahmsweise ohne die obligatorische Maske ablichten. | © Burkhard Hoeltzenbein

Burkhard Hoeltzenbein
19.08.2024 | 19.08.2024, 10:03

Harsewinkel. Sein Studium der Zahnmedizin hat Julian Wendlandt in gerade mal fünfeinhalb Jahren samt Approbation bewältigt. Ohne Umwege und Verzögerungen. Genauso schnell hat der 25-Jährige die erste Weiche für seine berufliche Karriere gestellt. Seit wenigen Wochen ist er beim Team der Zahnarztpraxis Simply Smile in Harsewinkel angestellt.

Gebürtig kommt Julian Wendlandt aus Oberhausen, ist also ein echtes Kind des Ruhrgebiets. Nach dem Abitur lag der Studienort Münster für ihn im Wortsinn nah. „Weit genug entfernt, um selbstständig zu leben. Nah genug an zu Hause, um regelmäßig dort vorbeizuschauen“, sagt er im Rückblick.

Wie hat es ihn ausgerechnet nach Harsewinkel verschlagen? Das liege vor allem am neuen Wohnort Gütersloh, wo er vor einem halben Jahr mit seinem Ehepartner sesshaft geworden ist. Von dort aus ging die Suche nach einem Arbeitsplatz los.

Begehrte Nachwuchskraft auf heiß umkämpften Markt

Angebote hatte er genug. „Ich bin froh, dass ich in der Region fündig geworden bin“, sagt er. Die Zahnarztpraxis in Harsewinkel hatte die Stelle als Vorbereitungs-Assistent ausgeschrieben. Die Stellenbeschreibung umfasst das gesamte große Einmaleins des Zahnarztdaseins: Füllungen, Wurzelbehandlung- und Parodontitisbehandlung und vor allem die Zahnerhaltung zählen zu den Hauptgebieten des Neulings in der knapp 40 Köpfe zählende Belegschaft.

„Für uns ist Julian ein Glücksgriff“, sagt Praxismanagerin Katja Assauer bereits nach einer Woche überzeugt. Dass die Chemie zwischen Wendlandt und den Mitarbeitenden stimme, habe sich schon bei seiner kurzen Hospitation, die er erst kürzlich bei Simply Smile absolvierte, gezeigt.

„Er passt einfach in dieses Team“, sagt Assauer, die froh ist, dass eine junge Nachwuchskraft sich auf dem heiß umkämpften Markt für Harsewinkel entschieden hat. „Wir haben ihn sofort verhaftet“, sagt Assauer triumphierend.

Bei den Hausärzten ist die Lage noch dramatischer

Denn selbstverständlich ist der Zuwachs an medizinischem Personal in Harsewinkel nicht. Bei den Hausärzten werde noch deutlich dringender gesucht, auch wenn die Versorgungslage bei Allgemeinmedizinern in Harsewinkel mit 14 Stellen im kreisweiten Vergleich noch als „nicht dramatisch“ eingestuft ist.

Allerdings sind aktuell acht Ärztinnen und Ärzte in diesem Bereich älter als 60. Der Handlungsdruck steigt deutlich. Längst ist die Diskussion im Gange, Hausärzten künftig das Niederlassen in Harsewinkel schmackhafter zu machen, etwa mit einer Anschubfinanzierung.

Dabei fällt die Mähdrescherstadt im Quervergleich im Kreis Gütersloh und in Ostwestfalen noch nicht einmal besonders negativ auf. Die Gesamtzahl von 14 liegt derzeit nur um eine Person unter dem rechnerischen Soll für die drei Ortsteile mit ihren nun fast 26.000 Einwohnern. Zählte Harsewinkel zuletzt noch zu einer hausärztlich gut versorgten Kommune, könnte sich dies in Zukunft mit der altersbedingten Schließung einer oder mehrerer Praxen allerdings ändern.

Mit einem Prädikatsexamen von 1,0 beworben

Da sieht es bei den Zahnärzten besser aus. „Aber auch wir suchen permanent Personal in allen Bereichen“, sagt Praxismanagerin Assauer und beschreibt damit die Lage, wie sie viele medizinische Praxen aller Art Jahren auch in Harsewinkel erleben. Erst in diesem Jahr hat „Simply Smile“ eine Zahnarztpraxis in Herzebrock-Clarholz übernommen.

Da kommt der neue Kollege gerade recht, um den Standort Harsewinkel, wo mit Elham Sayed Hashemi eine weitere angestellte Zahnärztin arbeitet, zu stärken.

Dass Julian Wendland sich auch noch mit einem Prädikatsexamen von 1,0 beworben hat, habe die Entscheidung zur sofortigen Einstellung noch weiter erleichtert. Zumal er beim Probearbeiten schon bewiesen habe, dass er alle handwerklichen Fertigkeiten des Zahnarztwesens beherrscht.

Arbeitslosigkeit und prekäre Verhältnisse in der Familie

Dabei ist dem frischgebackenen Absolventen in seinem Leben nichts in den Schoß gefallen, wie er offen sagt. „Ich komme aus sehr bescheidenen Verhältnissen“, erzählt der Oberhausener von Arbeitslosigkeit, Minijobs und eher prekären Verhältnissen im engsten Familienkreis.

„Ich bin der Allererste meiner Familie, der überhaupt eine akademische Laufbahn begonnen hat“, sagt er. Im Studium war neben dem Lernen auch Arbeiten angesagt, um sich zu finanzieren. Wobei seine eigene Bescheidenheit den Stolz auf das schon Erreichte noch überwiegt.

Die Chefs von "Simply Smile": Daniel Loermann (l.) und Maro Pumpe. - © Simply Smile
Die Chefs von "Simply Smile": Daniel Loermann (l.) und Maro Pumpe. (© Simply Smile)

Dabei will er es aber nicht belassen. Der nächste Schritt sind die zwei Jahre als angestellter Arzt in der Praxis, um die Zulassung der Kassenärztlichen Vereinigung zu erhalten. Der Vorbereitungsassistent genießt das Vertrauen, das seine Chefs Marco Pumpe und Daniel Loermann ihm vom ersten Tag entgegenbringen. „Ich darf hier – noch unter Aufsicht – alles machen“, sagt Julian Wendlandt. Sein Ziel ist es, Kronen, Teilprothesen und Implantate zu setzen. Und Harsewinkel? „Ich fühle mich hier wohl“, sagt er. „Und wir werden alles tun, dass das auch so bleibt“, ergänzt Katja Assauer.