Lost Place: Einblicke in verlassene Villa auf Gütersloher Flughafen

Gütersloh. Der Putz bröckelt an manchen Stellen von den Wänden, zurückgelassene Möbel verstauben und Spinnweben zieren die Zimmerecken: Verlassene Orte haben oft etwas Mystisches an sich. Die alte Kommandanten-Villa, die versteckt hinter Büschen, verwilderten Hecken und Bäumen am Rand des ehemaligen Flugplatzes in Gütersloh steht, sieht aus wie ein moderner Lost Place aus dem Bilderbuch. Von einer Ruine kann nicht die Rede sein – zumindest nicht von außen. Betritt man das menschenleere Haus aus den 1930er Jahren, scheint es so, als ob die letzten Bewohner das Gebäude gerade erst verlassen haben. Sechs Stufen führen auf den kurzen Weg zur Eingangstür. Der Vorgarten wirkt heruntergekommen. Einige Holzzäune sind auseinandergefallen und morsch. Zwischen den Wegplatten wuchert zentimeterhohes Gras. Wer hier zuletzt gelebt hat, ist nicht mehr nachvollziehbar Der frühere Stützpunkt des britischen Kommandanten ist vor sieben Jahren aufgegeben worden und seitdem ein vergessener Ort. Wer zuletzt und wer alles mit seinen Familien in den vergangenen Jahrzehnten dort gelebt hat, etwas abgeschieden von den übrigen zahlreichen Gebäuden auf dem riesigen Gelände, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. &bdquo;Das Haus für die Kommandanten auf dem Flugplatz stammt noch aus den Anfängen der deutschen Luftwaffe“, erzählt Wolfgang Büscher, Autor und Herausgeber des Buches &bdquo;80 Jahre Flughafen Gütersloh“. Er hat unzählige Stunden mit Recherchen verbracht und dann zusammen mit anderen Autoren ein besonderes Stück dokumentarischer Geschichte geschaffen. Das Buch mit seinen 256 Seiten ist kaum noch zu bekommen. Büscher berichtet, dass er sogar im Militärarchiv in Freiburg geforscht habe, um noch Baupläne aus dieser Zeit zu ergattern. &bdquo;Fehlanzeige“, sagt er. &bdquo;Da gibt es nichts mehr. Vielleicht noch in England. Aber man weiß nicht, was die Briten aufgehoben oder vernichtet haben.“ Küche sieht neu aus - nur die elektrischen Geräte fehlen In den Räumen der Villa riecht es muffig. Kein Wunder, nach so langer Zeit des Leerstandes. Im Wohnzimmer stehen stoff- und lederbezogene Sessel und Sofas herum. Teilweise versifft. Verdreckte Teppiche liegen an den Mauerkanten. Die Parkettfußböden sind ohne Schäden. Wenige Meter weiter ein verklinkerter Kamin. Typisch im englischen Stil. Wahrscheinlich noch funktionstüchtig. Jedenfalls erkennt man in der Feuerstelle noch verkohlte Holzstückchen. Wie lange hat dort wohl schon kein Feuer mehr gelodert? Die Küche im Erdgeschoss sieht relativ neu aus. Nur die elektrischen Geräte fehlen. Ausgeschlachtet. Zwei große Badezimmer gibt es. Eines unten, eines in der ersten Etage. Beide sind weiß gefliest und in einem ordentlichen Zustand. Die Wasserleitungen funktionieren nicht mehr, ebenso gibt es kein elektrisches Licht. Und doch ist es eine Reise in die Vergangenheit. &bdquo;Reaktivierung des Gütersloher Flughafens würde mehr als 100 Millionen Euro kosten“ Das Haus erzählt eindrücklich vom Aufstieg und Fall des Militärstützpunktes. Es wirkt dabei aber imposant und gleichermaßen deplatziert. Die vermeintlich düsteren, entrückten verlassenen Zimmer üben eine ganz eigene Faszination aus und bergen bestimmt spannende Geschichten. Jetzt, da das Leben fehlt, hat die Fantasie ihren Raum, wird das Zerstörte, längst Vergangene verwirrend schön. Nicht was man sieht, sondern sich vorstellt, macht den berührenden Charme dieses Ortes aus. Was aus diesem Gebäude in Zukunft wird, ist vage. Wolfgang Büscher: &bdquo;Jüngst haben ja die Amerikaner Interesse für das ehemalige Flughafenareal angemeldet. Ob die Rückkehr des Militärs Wirklichkeit wird, bleibt abzuwarten. Ich persönlich glaube es nicht. Die Reaktivierung würde mehr als 100 Millionen Euro kosten. Und zurzeit hat die USA andere Sorgen und Probleme.“ Weitere Teile der Serie zu den Lost Places im Altkreis Halle Werthers Wassergeschichten: Die verborgene Geschichte des ersten Schwimmbads Steinhagens Verstecktes Geheimnis: Einblicke in den unterirdischen Bunker Relikte des Kalten Krieges: Borgholzhausens Atomraketen-Basis Halles Verborgene Zuflucht: Die Schutzhöhlen am Teutoburger Wald Das Rätsel von Borgholzhausen: Eine Straße, die ins Nirgendwo führt Halles Verstecktes Erbe: Die Geschichte des jüdischen Friedhofs Steinhagens Versunkene Erinnerungen: Das vergessene Freibad im Wald Wichlinghausens Geheimnisvolle Ruine: Die Geschichte hinter den verfallenen Mauern Borgholzhausens Dunkle Vergangenheit: Der Lost Place als Zeuge einer schlimmen Zeit Steinhagens Skandalöse Vergangenheit: Das ehemalige Bordell im Fokus Geheimnis um Borgholzhausener Ruine: Auf den Spuren der Geschichte am Steinbruch

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