Gütersloh. In vielen deutschen Großstädten haben die Tierrechtsaktivisten von Animal Rights Watch (Ariwa) bereits auf ihre Sache aufmerksam gemacht, jetzt ist mit Gütersloh einer der größten Hotspots der europäischen Fleischindustrie an der Reihe: Gemeinsam mit Fairleben und dem Bündnis gegen Tönnies als lokale Veranstalter rufen sie zur „Schließung aller Schlachthäuser" auf.
„Wenn nicht jetzt – wann dann?", fragen Margrit Dorn und Oliver Groteheide, die auch die Bedingungen für die Erlaubnis der Demo mit der Polizei verhandelt haben. „Wir rechnen mit bis zu 100 Teilnehmern und haben zwölf Ordner, die darauf achten werden, dass die Abstandsregeln eingehalten werden."
Masken sind verboten
Eine Maskenpflicht wird es während des Umzugs nicht geben – ganz im Gegenteil: „Das Tragen von Masken ist wegen des Vermummungsverbots polizeilich untersagt", berichten die beiden Vorsitzenden von Fairleben, die seit Jahren gegen die Bedingungen für Tier und Mensch in der Fleischindustrie kämpfen und sich von den aktuellen Entwicklungen mehr als bestätigt fühlen.
„Wir hatten zwar schon in den letzten zwei Jahren das Gefühl, dass das Thema immer präsenter wurde, aber jetzt wird es auch von Leuten ernst genommen, die nicht in der Szene sind", sagt Groteheide.
Der Zeitpunkt könnte nicht passender sein, meint auch Mitstreiterin Margrit Dorn. „Das Thema ist akut und muss in der Öffentlichkeit noch viel mehr diskutiert werden. Man muss jetzt jeden Menschen dort abholen, wo er steht. Wir haben selbst alle mal angefangen und Jahre gebraucht, um die Dimensionen der deutschen Tierindustrie zu verstehen."
Krankheitserreger von Tieren?
Mit Ariwa haben sie einen der Big Player der Tierrechtsbewegung ins Boot geholt, der die Demonstrationsreihe quer durch Deutschland seit 2012 organisiert. In diesem Jahr wird laut Kampagnenkoordinator Simon Anhut auch der Zusammenhang zwischen Fleischindustrie und Coronapandemie ein Schwerpunkt des Protestes sein.
„Die Gefahr von Pandemien ist eng mit dem System verbunden. Nicht nur bei Covid-19 wird der Ursprung auf einem Tier- und Fleischmarkt vermutet. Wissenschaftliche Studien zeigen seit Jahrzehnten, dass neue Krankheitserreger sehr häufig von Tieren stammen." Als Hauptursache gelte neben der fortschreitenden Zerstörung der natürlichen Lebensräume von Wildtieren vor allem die weltweite Nutztierhaltung, insbesondere in ihrer industriellen Form.
„Auch in den Schlachthöfen selbst zählen Menschen mit zu den Opfern. Die gehäuften Covid-19-Infektionen in den Schlachtfabriken deutschlandweit haben die widrigen Arbeits- und Lebensbedingungen, die fest zum Geschäftsmodell der Schlachtindustrie gehören, in den Fokus gerückt", so Anhut weiter.
Demo startet um 11.30 Uhr
Über die geringen bislang bestätigten Coronafallzahlen bei Tönnies wundern sich die Gütersloher Fairleben-Vorsitzenden trotzdem nicht. „Tönnies hatte jetzt monatelang Zeit, sich darauf vorzubereiten. Der wusste, was auf ihn zukommt", ist Oliver Groteheide überzeugt.
Die Demo startet um 11.30 Uhr mit einer Kundgebung und Musik vor dem Rathaus. Gegen 12.30 Uhr geht es dann in Zweierreihen Richtung Fußgängerzone. „Wegen des Wochenmarktes dürfen wir an der Ecke von Douglas leider nur einen kurzen Zwischenstopp machen. Dort wird Peter Hübner sprechen."
Früher war Hübner mal Metzger, heute ist er einer der prominentesten Redner in der Tierrechtsszene, der auch die prekären Arbeits- und Lebensbedingungen der Schlachthofmitarbeiter thematisiert. Dann geht es quer durch die Stadt weiter über Kolbeplatz und ZOB bis zum Dreiecksplatz, wo eine weitere Kundgebung und eine musikalische Einlage des Rappers Albino geplant sind. Gegen 14.30 Uhr macht sich der Zug dann auf den Weg zurück zum Rathaus.