Gütersloh. Rechtsanwalt Johannes Steiner, Teilhaber der Kanzlei Steiner Wecke & Kollegen ist richtig sauer. „Hier war das OLG nicht in der Lage, sich selbst Gedanken zu machen", kritisiert er mit Blick auf ein Urteil des Oberlandesgerichts in Hamm. Dieses hatte einer Streitwertbeschwerde des Internetkonzerns Google stattgegeben und die Kostenerstattung für die Kanzlei von 50.000 Euro auf 12.000 Euro reduziert.
Dabei waren die Gütersloher Anwälte im November vergangenen Jahres noch guter Dinge. Sie hatten gegen negative Bewertungen ihrer Kanzlei geklagt, die bei Google veröffentlicht worden waren. Die Kritiker waren weder Mandanten der Kanzlei noch waren ihre Pseudonyme zu identifizieren. Nachdem Google die Löschung dieser Kommentare abgelehnt hatte, beschritt Johannes Steiner den Klageweg und bekam vorm Landgericht in Bielefeld recht. Google musste die Kommentare löschen. Der Streitwert war seinerzeit auf 50.000 Euro festgesetzt worden – so beziffert die Kanzlei Steiner Wecke & Kollegen den ihr entstandenen Schaden durch die negative Beurteilung.
Kanzlei klagt weiter auf Löschung von Negativ-Bewertungen
Doch Google legte gegen die Festsetzung des Streitwertes Beschwerde ein und beantragte, den Streitwert auf 12.000 Euro festzulegen. Die Summe sei nicht verhältnismäßig, argumentierten die Anwälte des Datenkonzerns. In vergleichbaren Fällen, „in denen ein betroffener Arzt die Entfernung einer negativen Nutzerbewertung von einem Portalbetreiber verlangte", habe der Streitwert bei 10.000 Euro gelegen.
„In den angeführten Urteilen sind ausschließlich einzelne Ärzte in Einzelpraxen von der Bewertung betroffen", konterten die Gütersloher Anwälte. Bei ihnen, einer Kanzlei mit elf Rechtsanwälten, seien insgesamt elf Berufsträger betroffen, die in ihren Persönlichkeitsrechten verletzt worden seien.
Google bewusst geholfen?
Dieser Argumentation folgte das Oberlandesgericht in Hamm nicht – es setzte den Streitwert auf 12.000 Euro fest und übernahm in der Begründung wortwörtlich die Argumentation der Google-Anwälte. „Ein Schalk, wer Böses dabei denkt", so Steiner. „Ich will ja nicht sagen, dass hier Google bewusst geholfen wurde. Aber es wurde nicht genug Gehirnschmalz auf die Sache verwendet", findet er deutliche Worte.
Dadurch dass es Google gelingt, die Kostenerstattung auf Seiten des Gegners zu drücken, stehen die zu erstattenden Gebühren in eklatantem Missverhältnis zum erforderlichen Aufwand. Beispielsweise müssen die deutschen Klagen gegen Google aufwendig und kostenintensiv von vereidigten Übersetzern in die englische Sprache übersetzt werden und zum Firmensitz von Google – sonst Kalifornien, jetzt Irland – mit hohen Gebühren zugestellt werden.
„Es ist rechtspolitisch völlig unausgewogen, welche Kostenhürden aufgebaut werden, um gegen Google vorzugehen", kritisiert Steiner. Das alles hält seine Kanzlei jedoch nicht davon ab, sich weiter mit der Datenkrake anzulegen. Wie Anwältin Jule Schneckener erläutert, klagt die Kanzlei derzeit auf die Löschung von fünf weiteren Negativ-Bewertungen. Streitwert: 70.000 Euro.