Bürgermeisterin Weike: „Eine Klage halte ich für recht wahrscheinlich"

Marion Weike blickt einem Jahr mit großen Herausforderungen entgegen. Zum Jahreswechsel spricht sie über die Haushaltslage, den Blotenberg, andere Bauvorhaben – und Werthers neue Attraktion: das Böckstiegel-Museum

Anja Hanneforth
01.01.2019 | 01.01.2019, 08:00

Frau Weike, wie lebt es sich ohne verabschiedeten Haushalt?

MARION WEIKE: Ehrlich gesagt, nicht so gut. Ich habe nicht gedacht, dass ausgerechnet der 20. Haushaltsentwurf, den ich eingebracht habe, nicht verabschiedet wird.

Was würde es für die Stadt bedeuten, wenn der Etatplan auch bei einer zweiten Abstimmung abgelehnt wird?

WEIKE: Die Gemeindeordnung trifft Regelungen für die vorläufige Haushaltsführung. Vereinfacht ausgedrückt: Neue Dinge dürfen wir in 2019 erst einmal nicht anfangen.

Einer der Gründe, warum die Mehrheit im Rat dem Etatplan nicht zugestimmt hat, war der monierte Stillstand beim Baugebiet Blotenberg. Seit 2011 geht es hier gefühlt nicht voran. Wie siehts aus mit dem Satzungsbeschluss?

WEIKE: Die Beschlussvorlage zu dem Bebauungsplan soll im Januar 2019 in den Planungsausschuss eingebracht und beraten werden. Wir tun von der Verwaltung alles, damit dieser Termin eingehalten werden kann, sind aber noch von Unterstützung von außen abhängig. Vom Ausschussvorsitzenden Rainer Schütz ist dann eine zusätzliche Sitzung des Ausschusses im Februar angedacht.

Schon jetzt hat die Blotenberg-Initiative angekündigt zu klagen. Rechnen Sie damit? Würde die Stadt ohne einen Gerichtsbeschluss überhaupt anfangen zu bauen?

WEIKE: Eine Klage halte ich für recht wahrscheinlich. Ob vor dem Abschluss eines Gerichtsverfahrens gebaut wird, wird davon abhängen, wer klagt.

Auch darüber hinaus stehen Baugebiete in der Planung. Weinhorst oder Süthfeld II – wo würden Sie lieber wohnen?

WEIKE: Am liebsten da, wo ich jetzt wohne. Mein Mann und ich haben uns bewusst für ein altes Haus an der Ravensberger Straße entschieden. Die Interessenten für das Wohngebiet Weinhorst haben wir vor Weihnachten angeschrieben. Die Vergabe der Bauplätze ist für Februar 2019 geplant. Ein Baugebiet Süthfeld II wird noch viele Hürden überwinden müssen, wenn es realisiert werden soll. Zunächst soll die Verkehrssituation durch einen Gutachter geklärt werden.

In Werther fehlt zwingend sozialer Wohnraum. Besteht die Aussicht, dass sich hier 2019 etwas ändert?

WEIKE:Die Ausgangsbedingungen sind gut. Das Land bietet Bauherren in Werther gute Fördervoraussetzungen. Bei allen Gesprächen mit ihnen weisen wir darauf hin. In Häger könnten wir als Stadt dazu Flächen zur Verfügung stellen. Aber die Investoren für Mehrfamilienhäuser bevorzugen eher Flächen in der Kernstadt.

Während sich Werther mit der Ausweisung von Wohngebieten schwertut, läuft es mit der Rodderheide rund, nahezu alle Grundstücke sind verkauft. Wo will Werther beim Gewerbe weiter wachsen?

WEIKE: Im Bereich Rodderheide I stehen noch rund 10.000 Quadratmeter in Privateigentum für Gewerbe zur Verfügung. Im Bereich Rodderheide II weist der geltende Bebauungsplan weitere 23.500 Quadratmeter aus. Auch das Weco-Gelände könnte nach einer Altlastensanierung wieder für Gewerbe genutzt werden. Zusätzliche Flächen, angrenzend an bestehende Gewerbeflächen, haben wir im Rahmen des Gewerbeflächenkonzepts bei der Bezirksregierung Detmold im Verfahren zur Aufstellung des Regionalplans benannt.

Das Weco-Gelände bleibt in den Schlagzeilen, Anlieger sorgen sich um den Bestandsschutz ihrer Häuser. Welche Einflussmöglichkeiten hat die Stadt auf ein Areal, das sich nicht in ihrem, sondern in privatem Eigentum befindet?

WEIKE:Der Stadt steht das öffentliche Planungsrecht zur Verfügung. Wir sind zurzeit dabei, einen Bebauungsplan für den Bereich aufzustellen, der verbindliche Regelungen zu Nutzungsmöglichkeiten des Weco-Geländes festlegt. Mit den Anliegern sind wir im Gespräch.

Steht eine Zwangsversteigerung weiter im Raum?

WEIKE: Das Zwangsversteigerungsverfahren läuft beim Amtsgericht, es wird aber erfahrungsgemäß einige Zeit in Anspruch nehmen.

Nach Anlaufschwierigkeiten hat in diesem Herbst der Umbau des ZOB begonnen. Wann werden die ersten Bürger barrierefrei in den Bus einsteigen können?

WEIKE: Wir gehen von einer Bauzeit von einem Jahr aus. Zunächst werden die Wasserleitungen und die Einrichtungen für die Entwässerung gebaut und dann die weiteren Tiefbauarbeiten durchgeführt. Danach geht es mit den Hochbauarbeiten, für die gerade die Ausschreibung läuft, weiter. Sehr erfreulich ist es, dass wir vom Land NRW aufgrund der überall gestiegenen Baukosten einen deutlich höheren Zuschuss bekommen. Der neue Förderbescheid ist mir von Verkehrsminister Hendrik Wüst unmittelbar vor Weihnachten überreicht worden.

Viele Bauprojekte der öffentlichen Hand krankten daran, dass die Stadt keine Handwerker fand und Ausschreibungen wiederholen musste. So auch an der Grundschule. Froh, dass es nach der Weihnachtspause weitergeht?

WEIKE: Das Vergaberecht, an das wir als Stadt gebunden sind, ist in den letzten Jahren nicht gerade einfacher geworden. Mein Eindruck ist, dass Firmen, die viel zu tun haben, sich daran dann oft gar nicht mehr beteiligen. Die Zahl der Bieter ist in den Verfahren oft sehr überschaubar. Ich bin froh, dass wir den Auftrag für die Elektroarbeiten für die Schule vergeben konnten und die Arbeiten nun ausgeführt werden.

Gebaut wurde Ende des Jahres endlich auch an der Diekstraße, wo die Kanäle nun saniert und die Straße wieder freigegeben ist. Wann folgen die Arbeiten, um das Hochwasserproblem in den Griff zu bekommen?

WEIKE: Die wasserrechtliche Genehmigung haben wir beim Kreis Gütersloh beantragt. Die Ausschreibung für die Arbeiten werden wir erst machen können, wenn die Genehmigung vorliegt.

Apropos Hochwasser: Die von einigen Politikern als „Talsperre" bezeichnete Anlage am Teutoburger-Wald-Weg ist zwar fertig, die Endabrechnung steht jedoch noch aus. Wann werden die Bürger Zahlen über die Mehrkosten erfahren?

WEIKE: Den Haupt- und Finanzausschuss werden wir voraussichtlich in der nächsten Sitzung im Februar informieren können.

Vor allem die Hägeraner sorgen sich vor einem zweiten Windrad vor ihrer Haustür. Hat die Stadt noch irgendeine Möglichkeit, die Anlage zu verhindern?

WEIKE: Der Kreis Gütersloh ist zuständige Immissionsschutzbehörde. Es kann sein, dass der Planungsausschuss formal noch einmal beteiligt wird. Leider ist noch nicht erkennbar, ob und wann das Land NRW – wie angekündigt – den Mindestabstand von Windenergieanlagen zu Wohngebäuden auf 1500 Meter festlegt.

Ein Meilenstein für Werther war 2018 die Eröffnung des Böckstiegel-Museums. Auch für Sie ein Höhepunkt?

WEIKE: Für mich war die Eröffnung des Museums wirklich das herausragende Ereignis im Jahr 2018. Besonders freut mich natürlich, wie viele Menschen auch von weit her das Museum schon in den ersten Monaten besucht haben.

Welche Strahlkraft erhoffen Sie sich durch das neue Haus auf die Böckstiegelstadt?

WEIKE: Es sind in jedem Jahr drei Wechselausstellungen geplant, so dass Besucher immer wieder Neues entdecken können. Wichtig ist, dass wir die Gäste anregen, auch die Innenstadt zu besuchen. Deshalb gibt es eine enge Zusammenarbeit zwischen Stiftung und Stadt. Toll ist, dass wir die touristische Hinweistafel an der A 33, auf die wir gemeinsam mit dem Kreis hingearbeitet haben, bekommen. Zudem wünsche ich mir eine gute Zusammenarbeit der Gastronomie, des Hotelgewerbes und des Einzelhandels zu dem Thema, damit wir das Böckstiegel-Potenzial wirklich gut für die Stadt nutzen.

Frau Weike, wie immer eine persönliche Frage zum Schluss: Gibt es einen guten Vorsatz für 2019, von dem Sie schon jetzt wissen, dass Sie ihn brechen werden?

WEIKE: Ich werde mir wieder vornehmen, regelmäßig Sport zu machen. Schau’n wir mal, was daraus wird.