Leben mit Cochlea-Implantaten: Hörpatin schenkt in Versmold Patienten Mut

Versmold. Den 13. Juli 2021 hat Petra Jacubus zu ihrem zweiten Geburtstag erklärt. An diesem Tag wurden ihr in Frankfurt zwei Cochlea-Implantate (CI) eingesetzt. Eine OP, die ihr &bdquo;viel Lebensqualität und Lebensfreude zurückgegeben hat“. Seit dem Eingriff kann Petra Jacubus wieder hören, was um sie herum gesagt wird. Teilhaben an dem, was in ihrer Umwelt passiert. Soziale Kontakte pflegen, Unternehmungen machen, Fernsehen schauen, Musik hören einfach ohne Einschränkungen durchs Leben gehen. Heute sagt sie: &bdquo;Hätte ich diesen Schritt eher gewagt.“ Ihre positiven Erfahrungen möchte Petra Jacubus gerne an andere Betroffene weitergeben. Deshalb engagiert sie sich als ehrenamtliche Hörpatin, und in dieser Funktion war sie jetzt im Versmolder Hörhaus an der Münsterstraße zu Gast. Dieses hatte zum Aktionstag Cochlea-Implantat eingeladen. Die fachliche Beratung von Ärzten, Akustikern und Herstellern ist das eine, die Patientensicht das andere. Petra Jacubus weiß noch sehr genau, welche Zweifel und Sorgen sie hatte – und was ihr schließlich geholfen hat. Ihre Hörprobleme beginnen in einer stressigen Lebensphase. &bdquo;Ich hatte mehrere Hörstürze“, erzählt Jacubus vom immer schlechter werdenden Hörvermögen, das sie anfangs gar nicht richtig wahrnimmt – oder wahrnehmen möchte. Mit 47 Jahren bekommt sie schließlich ihre ersten Hörgeräte. Was zunächst hilft, reicht irgendwann nicht mehr aus. Im Alltag kommt es zunehmend zu Schwierigkeiten und Missverständnissen. Petra Jacubus zieht sich immer mehr zurück. Teilhabe am normalen Alltag fällt ihr schwer. OP ist eine Option, wenn ein Hörgerät nicht mehr hilft &bdquo;Der Leidensdruck ist oft groß“, weiß Alexandra Otte vom Hörhaus Versmold. Die Hörakustikmeisterin ist als CI-Akustikerin vor Ort Ansprechpartnerin für Betroffene. Der Schritt kommt erst dann infrage, &bdquo;wenn die Leistungsgrenze der Hörgeräte erreicht ist“, erklärt sie. Individuell müsse dann abgewogen werden, ob ein Implantat medizinisch sinnvoll und möglich ist. Lesen Sie auch: Brutale Nervenkrankheit lässt Haller Handwerker (58) durch die Hölle gehen Petra Jacubus tut sich mit dieser Entscheidung zunächst schwer, hat Angst vor der OP. &bdquo;Ich doch nicht“, sei ihre erste Reaktion gewesen, als das Thema Cochlea-Implantat zur Sprache kommt. Ein Reha-Aufenthalt 2019 und die gute Beratung dort über CIs bringen Jacubus schließlich zum Umdenken. Nach einigen Verzögerungen ist es am besagten Juli-Tag 2021 schließlich so weit. Für die Patientin steht fest: Sie lässt sich gleich auf beiden Seiten implantieren. &bdquo;Der Eingriff ist super gelaufen, und ich bin mit dem Ergebnis sehr zufrieden“, schildert sie auf der Hörpaten-Seite des Medizintechnik-Unternehmens Med-el. Auch Daniel Bank ist zum Aktionstag nach Versmold gekommen, um aus Herstellersicht die technische Seite zu erklären. Cochlea-Implantate, so schreibt das global tätige, etwa 2.900 Mitarbeiter beschäftigende Unternehmen Med-el auf seiner Internetseite, sind für Menschen mit schwerer bis hochgradiger Schallempfindungsschwerhörigkeit gedacht. &bdquo;Bei dieser Art von Hörverlust sind die Haarzellen im Innenohr beschädigt und können Schallinformationen nicht richtig verarbeiten und weiterleiten.“ Hörpatin erinnert sich an emotionalen Moment Ein Cochlea-Implantat (Cochlea ist der lateinische Begriff für Hörschnecke) soll quasi die Funktion eines Sinnesorgans ersetzen. Es umgeht die defekten Haarzellen und sendet die Schallinformationen in Form von elektrischen Impulsen direkt an den Hörnerv beziehungsweise das Gehirn, wo sie als Klänge wahrgenommen werden. Das System besteht aus zwei Hauptkomponenten: dem extern getragenen Audioprozessor, der Schallinformationen aufnimmt, und dem Implantat, das hinter dem Ohr unter der Haut sitzt und die Informationen weiterverarbeitet. Mehr zum Thema Gesundheit: Hoffnung für Versmolderin: Mutige Mutter kämpft gegen unheilbare Krankheit Mit dem Programm &bdquo;Hearpeers“ hat Med-el eine internationale Community geschaffen, in der Betroffene kostenlos individuelle Unterstützung von ehrenamtlichen Hörpaten bekommen. Jede und jeder hat seine ganz eigene Geschichte zu erzählen. Dieser persönliche Erfahrungsaustausch kann aus Sicht von Petra Jacubus eine wichtige Entscheidungshilfe sein. &bdquo;Ich möchte gerne allen, die sich mit dem Gedanken an Cochlea-Implantate beschäftigen, Mut machen und mein Glück und meine Freude mit ihnen teilen.“ Wie jede andere OP birgt auch das Einsetzen eines Implantats Risiken. Bei Petra Jacubus läuft alles glatt, erzählt sie. &bdquo;Ich selbst bin wach geworden und hatte keine Schmerzen.“ Schon drei Tage nach dem Eingriff hat sie ihre Erstanpassung. &bdquo;Der Audiologe sprach mich an, und ich konnte sofort etwas verstehen und ihm antworten. Ich hatte Tränen in den Augen.“ Ihr ist aber auch wichtig, zu betonen: &bdquo;Man kann nicht sagen: Das Ding ist drin und alles geht von allein.“ Nach der OP beginnt für den Patienten die Phase des Lernens. Denn: &bdquo;Man hört mit dem Gehirn“, sagt Petra Jacubus. Versmolder CI-Akustikerin kennt Sorgen ihrer Kunden Auch nach der Eingewöhnungsphase mit Hör- und Sprachtraining bekommen Implantierte fachliche Betreuung. Petra Jacubus fährt zur jährlichen Anpassung nach Frankfurt zum Krankenhaus. Alexandra Otte vom Versmolder Hörhaus betreut CI-Kunden aus der Region und bietet den Service für drei Hersteller an. Sie kennt die Bedenken und Sorgen der Betroffenen, aber weiß auch um die Erfolge. Beispiele wie das von Petra Jacubus hört sie immer wieder. &bdquo;Ich gehe wieder ins Theater, Kino, Livemusik, Veranstaltungen, Feiern Ich kann wieder komplett am Alltag teilhaben, mich in lauter Umgebung unterhalten und Gesprächen folgen. Auch Telefonieren und Fernsehen funktionieren ohne Hilfsmittel“, nennt die Hörpatin Situationen aus dem Alltag. &bdquo;Mein ganzes Leben hat sich dadurch verändert.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

Meistgelesen

Nach «Aktenzeichen XY»: 34 Hinweise zu Mordfall bei Trier

Dank Implantat: Haller (22) trotzt Gehörlosigkeit mit großer Abenteuerlust

Gehirn fit halten: Warum Kreuzworträtsel nicht reichen

Happy End in Versmold: Familie gewinnt aufreibenden Kampf gegen Behörden