
Versmold. Mehrmals wöchentlich tönt ein Pfeifen durch die Stadt. Das Warnsignal kündigt Verkehrsteilnehmern an unbeschrankten Bahnübergängen den nahenden Güterzug an. Zwei Unternehmen – Transgas und Brüninghaus – werden momentan von Süden aus per Schiene angesteuert. Das passiert auf den Gleisen von Captrain. Geht es nach der Lappwald Service GmbH, Betreiberin der Bahnstrecke ab dem Versmolder Industriegelände gen Norden, fahren die Güterzüge in wenigen Jahren nach vollständiger Reaktivierung durchgängig durch Versmold. Und öfter. Genau dieser Umstand sorgte jüngst in der Nachbargemeinde Bad Laer für politische Diskussionen.
„Durchgangsverkehr im größeren Stil" gar nicht möglich
Laut einem Bericht der Neuen Osnabrücker Zeitung fühlen sich Teile von Politik und Verwaltung von dem Eisenbahnunternehmen schlecht informiert. Sie befürchten Belastungen für Anwohner der Bahnstrecke und letztlich auch für die Gemeindekasse. Angesprochen auf die Sitzung, an der die Lappwald Service GmbH teilnahm, äußert Josef Högemann Unverständnis. Der Versmolder ist bei dem Unternehmen für Öffentlichkeitsarbeit zuständig. „Wir haben grundsätzlich nichts gegen kritische Stimmen. In dieser Form können wir das nicht stehenlassen", sagt er dem Haller Kreisblatt. „Wir haben den Eindruck, dass durch falsche Informationen ein Feindbild aufgebaut wird."
Högemann betont, dass es bislang immer gute Gespräche mit den beteiligten Kommunen gegeben habe. Der Gegenwind aus Bad Laer ist für das Unternehmen neu. Ein Punkt der Kritik ist die aus Sicht der Gemeinde fehlende Prognose, wie viele Züge künftig durch den Ort rollen werden. „Wir müssen wissen, welche Herausforderungen auf uns als Gemeinde, aber auch auf die Einwohner zukommen", wird Bürgermeister Tobias Avermann in der NOZ zitiert.
Für eine Verkehrswende gibt es nur diese Richtung
Sein Versmolder Amtskollege Michael Meyer-Hermann sieht hingegen „keinen Konflikt", sagt er dem Haller Kreisblatt. Dr. Rolf Westheider vom Aktionsbündnis pro TWE berichtet davon, dass die Bautrupps entlang der Strecke „überwiegend Zustimmung" erführen. Er geht davon aus, dass sich die Bürger schnell wieder an den Schienenverkehr in ihrer Stadt gewöhnten. „Wenn wir die Verkehrswende befördern wollen, kann es nur in diese Richtung gehen", so Westheider.
Josef Högemann kann zum jetzigen Zeitpunkt in der Tat keine konkrete Zahl zum Zugaufkommen nennen, wohl aber eine Einschätzung geben. Rechtlich zulässig wären auf der Strecke 740 Meter lange Züge im Rund-um-die-Uhr-Betrieb mit einer Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Theorie und Praxis weichen aber wie so oft voneinander ab. „Im jetzigen Ausbauzustand sind zwei bis drei Zugpaare pro Tag möglich", betont Högemann. Die Güterzüge könnten maximal 500 Meter lang sein. Um diese Angaben einzuordnen: Bis 2010 sind solche Werksverkehre von Captain regelmäßig durch Versmold gerollt.
Mit Wiederaufnahme des Güterverkehrs erreicht man also in etwa das Aufkommen in einer Größenordnung vor Betriebsende – mehr nicht. „Für Durchgangsverkehre im größeren Stil ist die Strecke nicht ausgelegt." Ebenso sei sie nicht für regelmäßigen Personenverkehr ausgebaut.
Sicherheit der Bahnübergänge wird begutachtet
Vieles ist also Zukunftsmusik und letztlich nicht von der Lappwaldbahn abhängig. „Unsere Betriebsgenehmigung reicht bis weit in die Zukunft. Es könnte irgendwann passieren, dass die Politik die Strecke ausbauen will." Die tatsächliche Nutzung hängt vom Bedarf ab. „Wir wissen heute nicht, was Firmen künftig in Auftrag geben", erklärt Josef Högemann. Die Lappwald Service GmbH stellt die öffentliche Strecke den Eisenbahnverkehrsunternehmen gegen Entgelt bereit.
Mit der Wiederaufnahme des Schienenverkehrs rücken für Anwohner zwei Punkte in den Fokus: Lärmbelästigungen und Sicherheit an Bahnübergängen. Josef Högemann beruhigt: Die technischen Sicherungsanlagen haben Bestandsschutz, wurden in den vergangenen Jahren gewartet und können genutzt werden. „Wir werden gemeinsam mit den Kommunen schauen, ob weiteren Maßnahmen ergriffen werden müssen."
Die Finanzierung ist im Eisenbahnkreuzungsgesetz geregelt und sieht eine Drittelung zwischen Betreiber, Land und Straßenbaulastträger vor. In der Sitzung in Bad Laer zeigte man sich angesichts der Kostenbeteiligung überrascht. „Da tat man so, als ob man noch nie etwas davon gehört hätte", so Högemann. Dabei sei das Gesetz. Zur befürchteten Lärmbelästigung sagt Josef Högemann: „Die Züge sind deutlich leiser als früher." Zudem seien die Betonschwellen und das verdichtete Schotterbett geräuschloser. „Das einzige ist das Pfeifen." Für die Versmolder ist das immerhin kein unbekanntes Geräusch.
INFORMATION
So sieht der Fahrplan der Sanierung aus
Seit 2015 ist die Lappwald Service GmbH Eigentümerin der TWE-Strecke zwischen Versmold und Ibbenbüren. Für 11,5 Millionen Euro ertüchtigt das Unternehmen die Strecke, die zwar nie stillgelegt, aufgrund von Baumängelnaber betrieblich eingestellt war.