
Versmold. „Normalerweise ist die Mentalität unter Sparkassenangestellten eher so, dass man nicht gegen seinen Arbeitgeber klagt", sagt Björn Wissuba. Er ist Gewerkschaftssekretär und bei Verdi NRW für den Landesfachbereich Finanzdienstleistungen zuständig. „Aber die Zahl sechs ist für eine Sparkasse mit 48 Mitarbeitern schon eine Hausnummer."
Ende 2016 wurde die neue Entgeltordnung im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst verabschiedet. „Es geht vor allem um Anpassungen an das veränderte Berufsbild. Da hat sich bei den Banken ja viel getan." Doch um in die entsprechenden Tarifgruppen eingeordnet zu werden, mussten die Sparkassenmitarbeiter im ganzen Land dafür einen Antrag stellen. Automatisch wurden sie nicht eingruppiert. „Das ist eine Schwachstelle des Tarifvertrags, das müssen wir ganz selbstkritisch sagen", sagt Wissuba. Denn es seien wesentlich weniger Anträge gestellt worden, als von Gewerkschaftsseite erhofft. Bei einigen Sparkassen seien gar keine gestellt worden. Andere Kassen, vor allem die großen, hätten die wenigen Anträge einfach durchgewunken.
Wie selbstständig wird gearbeitet?
Nicht so in Versmold. „Elf Mitarbeiter haben Anfang 2017 einen Antrag gestellt. Nur einigen wurde stattgegeben", sagt Andreas Elbracht, Verdi-Sekretär in OWL. Er hat die sechs Mitarbeiter, die nun klagen, dabei beraten. Es gehe vor allem um die Frage, ob selbstständige Tätigkeiten erbracht werden oder nicht. Zum Beispiel sei die Kundenberatung, so die Gewerkschaft, eine selbstständige Tätigkeit. Arbeitgeber hingegen sagten, durch die Digitalisierung gebe es auch dabei so viele Vorgaben durch den Computer, dass von selbstständiger Tätigkeit nicht in vollem Maße gesprochen werden könne. „Wir sagen, das ist keine Auslegungssache. Die Arbeitgeber sehen das anders", sagt Andreas Elbracht.
Im Oktober 2017 wurden deshalb mehrere Anträge auf Höhergruppierung abgelehnt. Obwohl die Betroffenen teilweise das gleiche machten, wie die, die nun mehr Geld bekämen – so sieht es zumindest Andreas Elbracht. Dabei gehe es etwa um 200 bis 250 Euro pro Monat.
„Wenn ich davon ausgehen würde, dass wir keine guten Chancen vorm Arbeitsgericht haben, hätte ich nicht zur Klage geraten", sagt er. Aber der Fall könnte auch noch ganz andere Kreise ziehen. „Das Urteil wird richtungsweisend sein und Auswirkungen auf die Anwendung des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst haben", meint Elbracht. Denn in Ostwestfalen seien die Versmolder die ersten, die mit ihrer Klage ans Gericht gehen. Die Klageschrift ist gerade eingereicht worden und müsste in diesen Tagen beim Arbeitsgericht Bielefeld eingehen.
„Wir haben alles sorgfältig geprüft"
Gerold Momann, Vorstandssprecher der Versmolder Sparkasse, äußert sich auf die HK-Anfrage schriftlich: „Selbstverständlich beachtet die Stadtsparkasse Versmold bei der Eingruppierung der Mitarbeiter die Regelungen des Tarifvertrages. Alle Anträge auf Höhergruppierung wegen der neuen Entgeltordnung wurden von der Sparkasse sorgfältig geprüft. Nach erfolgter Prüfung wurden mehrere Höhergruppierungen ausgesprochen. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir uns zu Einzelfällen nicht äußern", schreibt er, auch im Hinblick auf den Datenschutz.
Gewerkschafter Andreas Elbracht hat für die Ablehnungen einiger Anträge kein Verständnis. „Die Sparkasse in Versmold ist quietschgesund, sie liegt weit über dem Durchschnitt des Verbandes. Es ist nicht so, dass sie notleidend wäre und sparen müsste."