Versmold-Hesselteich. Die Karte, die in Rolf Westheiders Büro hängt, verdeckt fast die Hälfte der Wand. Das vergilbte Papier deutet darauf hin, dass sie noch aus einer anderen Zeit stammt. 1926 hat Versmolds damaliger Chronist, der Lehrer Wilhelm Vinke, in mühevoller Kleinarbeit sämtliche Höfe und Anwesen, Flurnamen und Gewässer dort eingezeichnet. Mehr als 90 Jahre später ist sie für den aktuellen Stadtchronisten, den Historiker Dr. Rolf Westheider, ein wichtiges Hilfsmittel für seine Arbeit.
„Auf Grundlage dieser Karte sind schon dutzende Straßenbenennungen erfolgt", sagt Rolf Westheider. Denn wann immer in einem Neubaugebiet neue Wege entstehen, wird auch der Historiker zu Rate gezogen. „Ich gucke dann immer, wie die früheren Flur- oder Geländebezeichnungen in dieser Gegend hießen und mache entsprechende Vorschläge." So sind zum Beispiel die Namen Windmühlenstraße oder Roggenkamp entstanden. Die jüngste Entscheidung dieser Art ist die Sandbreede im Neubaugebiet Hohlweg.
Zur 300-Jahrfeier der Verleihung der Stadtrechte, die in diesem Jahr begangen wird, hat Rolf Westheider viele historische Karten zu Rate gezogen, auf deren Grundlage er tief in die Stadtgeschichte eingetaucht ist und einige Artikel über die Anfänge Versmolds und seiner Ortsteile verfasst hat. Und dabei ist ihm eine deutliche Veränderung in der Landschaft Hesselteichs ins Auge gefallen.
Auf alten Karten sind die Teiche zu sehen
Denn auf einer alten Markenteilungskarte aus dem Staatsarchiv in Münster aus dem Jahr 1779 wird schon beim ersten Blick deutlich, woher das Dorf seinen Namen hat. Entlang der Hessel sind dort zahlreiche Teiche – keine Rötekuhlen – verzeichnet. Auf der Karte von Wilhelm Vinke, die rund 150 Jahre später entstand, fehlen die Gewässer.
Bis etwa 1750 sei in den schriftlichen Quellen immer von »Hesseldieken« die Rede gewesen, sagt Westheider. Danach wurde dann auch offiziell die hochdeutsche Übersetzung des plattdeutschen Begriffs für Teich im Ortsnamen geführt. „Diese Teiche sind damals angelegt worden, um in dem Sumpfgebiet trockenes Land zu gewinnen, das man kultivieren konnte", erklärt Rolf Westheider. Entlang der alten Hessel habe es etliche dieser Teiche gegeben. „Heute ist davon kein einziger mehr erhalten und auch um die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert hat es sie offenbar – das zeigen die Karten Wilhelm Vinkes – schon nicht mehr gegeben", sagt Westheider. „Es wäre interessant zu wissen, ob es noch ältere Hesselteicher gibt, die sich an Erzählungen ihrer Vorfahren über die Teiche erinnern könnten." Denn viele der damaligen Dorfbewohner haben von den Teichen und der damit verbundenen Trockenlegung der Feuchtwiesen profitiert.
Frühere Dorfbewohner profitierten
So sind auf der Karte zwischen der »Rundheide« und der »Landstraße nach Osnabrück«, die heutige Versmolder Straße, zwei große Gebiete eingezeichnet, die zwar das Wort Teich im Namen tragen, aber laut Karte keine Gewässer (mehr) waren – der Meyteich, eine „königliche Domainen Wiese", und der Gusfen Teich.
Letzterer ist in Parzellen aufgeteilt. Auf denen sind die Namen der Dorfbewohner zu lesen, die sie bewirtschafteten, wie Gösling, Brinckmann oder Telbrügge. So wurde aus Sümpfen fruchtbares Land, dank der Teiche, die dem Dorf seinen Namen gaben.
