Einer der angesehensten Sittich-Zuchtrichter Deutschlands kommt aus Versmold

15.08.2018 | 15.08.2018, 11:00

Versmold. Ruhig und entspannt sitzt Thomas Zessin im Wintergarten. Der 44-Jährige erzählt über seinen Werdegang vom Vogelzüchter zum Zuchtrichter. Aber eigentlich möchte er selbst gar nicht im Mittelpunkt stehen. „Ich bin nur der Manager hinter den Stars und das sind die Vögel. Meine heißen alle Dicker", sagt er und muss schmunzeln.

In der Voliere zwitschern unzählige Vögel, die ihm und seinem Vater Lothar Zessin gehören. Auch Bruder Carsten, der seit einiger Zeit in Füchtorf lebt, teilt die Leidenschaft und ist ebenfalls Zuchtrichter. „Ohne das Zwitschern der Vögel würde mir etwas fehlen", sagt Thomas Zessin. „ Ich lebe für Ausstellungen. Um nichts in der Welt würde ich die Vogelzucht aufgeben."

Die Liebe zu den gefiederten Freunden wurde ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater züchtet Wellensittiche und von Kindesbeinen an schaute ihm Sohnemann bei der Tierpflege über die Schulter. So entwickelte Thomas Zessin Charakterzüge wie Pünktlichkeit, Fürsorge, Gewissenhaftigkeit und Einfühlungsvermögen. Geschult wurde auch sein Blick für gute züchterische Merkmale.

Nymphensittiche sind seine Lieblinge

Diese Eigenschaften ebneten dem Versmolder, der seit 31 Jahren selbst erfolgreich Vögel züchtet und Nymphensittiche zu seiner Lieblingsart erkor, den Weg für einen im In-und Ausland gefragten Zuchtrichter. „Man muss mindestes fünf Jahre in einem Vogelzuchtverein Mitglied sein und Schauerfolge nachweisen können", nennt der 44-Jährige Voraussetzungen. Er begann zu Hause für die theoretische Prüfung zu pauken. Dafür wälzte Zessin 20 Bücher, die er selbst bezahlte. „Das Schwierigste war die Artenkenntnis. Es gibt ja circa 400 verschiedene Großsitticharten."

In der Voliere: Thomas Zessin fühlt sich zu Hause bei seinen Nymphensittichen, die zu seinen Lieblingsvögeln zählen, sehr wohl. - © Rita Sprick, HK
In der Voliere: Thomas Zessin fühlt sich zu Hause bei seinen Nymphensittichen, die zu seinen Lieblingsvögeln zählen, sehr wohl. (© Rita Sprick, HK)

Bis der 44-Jährige als Zuchtrichter aktiv wurde, begleitete er Kollegen und er musste als Zuchtrichteranwärter, auch Scholar genannt, Probeprüfungen ablegen. „Man besucht auch Punktrichtertagungen. Ein Gremium bestimmt, ob man zu der aus über 70 Fragen bestehenden schriftlichen Prüfung zugelassen wird", beschreibt Zessin das Vorgehen.

Für die praktische Prüfung musste der Versmolder zwölf Ortsschauen sowie je zwei Landes-und Bundesschauen nachweisen. Nach zwei Lehrjahren durfte er sich Zuchtrichter nennen in der Vereinigung für Artenschutz, Vogelhaltung und Vogelzucht und dazu ist er Preisrichter im deutschen Kanarien- und Vogelzüchterbund. Zudem agiert Zessin als Schulungsleiter für die Preisrichter der Sparte Großsittiche.

Er ist einer der anerkanntesten Zuchtrichter in Deutschland

Heute gilt der hochdekorierte Züchter als einer der begehrtesten und anerkanntesten unter den 45 Zuchtrichtern in Deutschland. Regelmäßig wird der Versmolder zu Veranstaltungen wie der Europaschau in Karlsruhe, der Bundesschau in Kassel sowie Vereins-, Kreis-und Landesschauen eingeladen. Auch in Österreich war er schon ein Wochenende im Einsatz. „Dafür bin ich 1600 Kilometer gefahren. Ich bekomme für meine Tätigkeit nur Kilometergeld und eine Zuchtrichterpauschale. Alles andere bezahle ich aus eigener Tasche", sagt Zessin, der es mit Fachwissen, Konzentration, Fingerspitzengefühl und einem guten Auge schafft, 200 Vögel in gut vier Stunden zu bewerten.

Von den Städten bekommt der Versmolder auf seinen Reisen nicht viel mit. „Ich sehe nur die Ausstellungshallen." Thomas Zessin, der als Auslieferungsfahrer einer Tiefkühlwarenfirma arbeitet, stört das nicht. „Ich entspanne mich auf Vogelschauen und bei der Vogelzucht", sagt er.

Zu seinem Bedauern geht die Zahl der Vereinsschauen zurück. „Sie sind zu teuer und es gibt teilweise nicht genug Vögel. Viele können keine Großsittiche halten. Sie sind zu groß und den Nachbarn zu laut", nennt Zessin Gründe für den Rückgang. Ende August ist das Zuchtrichter-Fachwissen der Zessin-Brüder wieder gefragt – beim Europa-Championat in Karlsruhe.