Warum Steinhagens Kräuterexpertin nach 40 Jahren ihren Kotten verlässt

Kündigung: Der Brockhagener Kräuterkotten schließt seine Pforten. Ulrike Sprick sucht einen neuen Wirkungskreis. Ein letztes Mal noch lädt sie in ihren Garten ein

rühlingserwachen am Kotten: Heilkräuterexpertin Ulrike Sprick in ihrem verwunschenen Garten. Viele Hausmittel für die Küche pflückt sie direkt vor der Haustür. Jetzt sucht sie ein neues Domizil. | © Edwin Rekate

30.04.2019 | 30.04.2019, 19:00

Steinhagen-Brockhagen. Vor 43 Jahren erfüllte sich die Heilkräuterexpertin Ulrike Sprick einen Traum. Sie mietete einen leer stehenden Kotten auf einem umgepflügten Acker. Im Laufe der Jahrzehnte entstand dort ein Paradiesgarten in der puren Natur. Das Anwesen an der Gütersloher Straße 57 wurde zu einem Treffpunkt für Gesundheitsbewusste, die sich mit alten Hausmitteln fit und munter halten wollen. Damit ist bald Schluss.

Der Eigentümer der Immobilie hat Ende vergangenen Jahres Eigenbedarf angemeldet. Mieterin Sprick hat die Nachricht mit einer „gewissen Gelassenheit" zur Kenntnis genommen, wie sie sagt. „Es ist der richtige Zeitpunkt, um von dem Haus und seinem Garten Abschied zu nehmen. Die Pflege und Instandhaltung gehen inzwischen über meinen Krafthorizont."

In den vergangenen Jahrzehnten ist auf dem Grundstück viel los gewesen: Ulrike Sprick bot Kräuter- und Kochkurse in ihrer urigen Küche an, die sich großer Beliebtheit erfreuten und auch in die Lehrprogramme der regionalen Volkshochschulen Eingang fanden. Gesprächskreise am offenen Kamin mit Vorträgen ergänzten ihr Angebot, Vollmond-Meditationen folgten und Sommerpartys, aus denen sich die Gartenfeste im Rahmen der Veranstaltungsreihe »Offen Gartenpforte« entwickelten.

Pure Gemütlichkeit: Heilkräuter-Expertin Ulrike Sprick genießt die Wärme am offenen Kamin. - © Edwin Rekate
Pure Gemütlichkeit: Heilkräuter-Expertin Ulrike Sprick genießt die Wärme am offenen Kamin. (© Edwin Rekate)

Die idyllische Lage des bezaubernd wilden Kräutergartens inspirierte zu Veranstaltungen der besonderen Art, wie eine Beltane-Maifeier mit archaischer Zeremonie um einen traditionellen Maibaum und anschließendem Schmaus aus dem Hexenkessel über dem knisternden Lagerfeuer. Aus Ulan Bator, der Hauptstadt der Mongolei, kam im Mittsommer 2013 der in seiner Heimat hoch angesehene Schamane Okoo zu einer großen Heilungszeremonie. Magisch anzuschauen waren auch die kreisenden, brennenden Pois in einer Sommernacht, die als Feuertaufe zum Abschluss eines Kurses über diese neuseeländische Geschicklichkeitskunst der Maoris stattfand.

„Was für eine geile Location", bemerkte der Sänger der Rockband »Moonshine-Brand«, als er zum Musikfest im Juli 2015 erstmals den Garten erblickte. Leider machte der Orkan »Zeljko« einen Strich durch die Rechnung, das Festival wurde im wahrsten Sinne des Wortes abgeblasen.

Mit den Herausforderungen des Wetters musste man im Kotten umzugehen lernen. Besonders die Winter gegen Ende der 1970er Jahre waren für Ulrike Sprick strapaziös. Durch hohe Schneewehen musste sich die junge Mutter bis zur Hauptstraße durchkämpfen. Eisblümchen an den Fensterscheiben, ja sogar eine dünne Eisschicht morgens auf der Bettdecke und das eingefrorene Eingemachte im Schrank auf der Deele erforderten zwingend bauliche Maßnahmen.

Info
Das letzte Gartenfest

Am Sonntag, 19. Mai, von 14 Uhr an öffnet sich die Gartenpforte an der Gütersloher Straße 57 für das letzte große Gartenfest. Zahlreiche Aussteller, Kunsthandwerker, Naturschutzverbände und Musiker haben bereits ihr Kommen zugesagt. Um 14 Uhr bietet Ulrike Sprick einen Kräutergang über das Grundstück an.

Kehraus: Heilkräuter-Expertin Ulrike Sprick sucht ein neues Domizil. - © Edwin Rekate
Kehraus: Heilkräuter-Expertin Ulrike Sprick sucht ein neues Domizil. (© Edwin Rekate)

„Ein Kamin sollte die notwendige Grundwärme im Haus sicherstellen", erinnert sich Ulrike Sprick, „er wurde später zum Mittelpunkt der gemütlichen Abende in geselliger Runde bei Gesprächskreisen und Märchenabenden". Nun kommt die Zeit, das kleine »Hexenhaus« zu verlassen und einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Rückblickend ist sie dankbar für das Gewesene und neugierig, wohin es nun geht. Zum November sucht sie ein neues naturnahes Domizil, wo sie auch weiterhin ihren geliebten Löwenzahn pflücken und verarbeiten kann.

Aus diesem Grund findet am Sonntag, 19. Mai, zum allerletzten Mal das Fest zur »Offenen Gartenpforte« bei Ulrike Sprick statt.