So reisen Pferde zu Olympia nach Rio

Pferdespediteur Fritz Johannsmann aus Steinhagen

Freut sich über den olympischen Auftrag: Der Pferdespediteur Fritz Johannsmann aus Steinhagen steht vor zwei seiner Transporter. | © Foto: Karl-Heinz Frieler

19.07.2016 | 19.07.2016, 15:00

„Mit einem Lkw sind wir schon seit März vor Ort", berichtet Johannsmann. „Der Probelauf ist perfekt gelaufen." Das trifft nicht auf die kurze Stehzeit im Hamburger Hafen vor dem Verladen zu. Navi, Radio und Funksprechanlage wurden von Dieben entwendet. „Das war kein schöner Start ins olympische Abenteuer", so Johannsmann, „doch der Schaden wurde ad hoc behoben, so dass es in Brasilien keine Probleme gab."

Für die Pferdespedition Johannsmann, europaweit eine der größten, ist es in Übersee der erste Einsatz bei Olympia, in Athen (2004) und London (2012) war sie mit ihrer Lkw-Flotte ebenfalls im Zeichen der Ringe unterwegs. Seinerzeit wurden die Pferde teilweise auch auf dem Landweg gefahren. Doch bereits seit 1988, als Olympia im koreanischen Seoul ausgetragen wurde, läuft die Zusammenarbeit mit der irischen Firma »Peden Bloodstock«.

Die hat sich seit ihrer Gründung im Jahr 1947 auf Tiertransporte auf dem Luftweg spezialisiert. Chefmanager ist Martin Atock. Der 53-jährige Ire wohnt auf dem ehemaligen Wasserschloss Leyenburg im niederrheinischen Kreis Kleve und findet hier seine Ruhe und Muße, denn die meiste Zeit seines Lebens verbringt er in der Luft. „Eine Zusammenarbeit, die reibungslosen Bestand hat. Dabei ist Peden im Auftrag des Organisationskomitees im Einsatz, wir leisten für Peden unsere Zubringerdienste", so Johannsmann.

 

Info
• Fritz Johannsmann, als aktiver Reiter einst im Vielseitigkeitssattel zu Hause, gründete sein Unternehmen im Jahr 1975 in Steinhagen. Zu der Zeit studierte er zwar noch in Münster Jura, doch zu mehr als einem Leistungsschein im Fach Kriminalistik reichte es nicht. BAFÖG sicherte sein Überleben in der Anfangszeit. Neben Pferden lud er auch noch Hühner auf. Von seiner Tante Hilde hatte er sich 4800 D-Mark geliehen, um mit einem alten Möbelwagen den Start in die unternehmerische Zukunft zu wagen. Zwischenzeitlich lieh er bei guter Geschäftslage auch noch den Transporter von seinem Nachbarn und Pferdezüchter Lutz Gössing aus, um zusätzliches Geld zu verdienen.
• Heute zählen alle großen Turnierställe zum Kundenstamm des Stein-
hagener Pferdespediteurs Johannsmann. Seine Lkw-Flotte umfasst mittlerweile zwölf Fahrzeuge, die alljährlich mehr als 1,5 Millionen Kilometer zurücklegen.
• Seine Mitarbeiter sorgen für einen Umsatz, der jenseits der Zwei-Millionen-Euro-Grenze liegt.

Dennoch verwundert es, dass ausgerechnet die ostwestfälische Spedition vor Ort in Rio mit vier Transportern und vier Anhängern tätig ist. „Die Kosten sind so weitaus geringer", erklärt Johannsmann. Zudem gebe es in Brasilien für den Pferdetransport nur ungeeignete kleinere Lkw, und bei den immens hohen Importzöllen für ausländische Fahrzeuge lägen die Kosten pro Neuwagen dann bei einer Million Euro. Das sind Summen, die selbst das finanzstarke Internationale Olympische Komitee nicht stemmen will.

Für den ostwestfälischen Unternehmer beginnt das Abenteuer Olympia in der nächsten Woche mit der Verschiffung. Wo die Reise nach Übersee beginnt, ist geheime Kommandosache. Da verstehen die Olympiaverantwortlichen keinen Spaß. 17 Tage dauert die Überfahrt. Die Verweildauer der vier Transporter und der vier Anhänger aus Ostwestfalen liegt bei dreieinhalb Monaten. „Es gibt im Anschluss der Sommerspiele auch noch die Paralympics, auch dort werden wir die 29 Kilometer lange Transportstrecke zwischen Stallungen und Turnierplätzen übernehmen", erklärt der 61-jährige Unternehmer aus Steinhagen.

Martin Atock ist seit 1976 im Olympiageschäft. Europas Pferde werden am 30. Juli (Vielseitigkeit), 1. August (Dressur) und 7. August (Springpferde) vom belgischen Lüttich aus mit einer Boeing 777 der »Fly Emirates« nach Südamerika geflogen. Nonstop. In knapp zwölf Stunden. Auch die Zubringerdienste zum Abflughafen leistet die Spedition aus der Region. 60 Reservierungen liegen bereits vor, mit insgesamt 80 bis 100 Pferden rechnet Johannsmann. Das ist auch der Hauptgrund, warum der Chef der Spedition vor Ort in der ostwestfälischen Heimat die Fäden zieht. „Die Logistik in Rio liegt in Händen der Olympiamacher, doch in Steinhagen bin ich dafür verantwortlich, dass die Zubringerdienste klappen", erklärt Fritz Johannsmann.

Dem Verhandlungsgeschick von Atock ist es zu verdanken, dass die Pferde nach ihrer Ankunft nicht in Quarantäne müssen. „Wenn wir pro Tier einen Marktwert von einer Million Euro zugrunde legen, ist das sicherlich nicht zu hoch gegriffen", sagt Johannsmann. Der Ire Atock handelte mit den Behörden einen Korridor aus, der für die Zeit der Sommerspiele als neutrales Gebiet gilt.

Nach der Landung werden die Vierbeiner auf einer extra konstruierten Rampe auf Johannsmanns Transporter geführt, um, ohne brasilianischen Boden zu berühren, direkt in die »neutrale Zone« gefahren zu werden. Dabei werden alle vier Lastzüge jeweils mit zehn Pferden bestückt. Insgesamt werden 320 Pferde vor Ort sein. Eine Mammutaufgabe für die Johannsmänner.