So wollen die neuen Inhaber Halles Automobilzulieferer Durkopp retten

Halle. Durkopp - ohne &bdquo;ü“. Seit dem 1. August segelt der Haller Automobilzulieferer unter neuer Flagge; an diesem Tag hat die Beteiligungsgruppe Aequita das europäische Nadellagergeschäft von JTEKT übernommen. Und dem Werk direkt einen neuen Namen verliehen, natürlich. Durkopp soll an die lange Tradition erinnern, an jene glorreichen Zeiten, als die Dürkopp-Werke für Qualität und Zuverlässigkeit ihrer Produkte standen. Jetzt aber eben mit internationalem Touch und deshalb ohne Umlaut. Die Westfalen müssen sich erst noch dran gewöhnen. Vier Werke umfasst das Paket, das JTEKT abgegeben hat; zwei in Frankreich, eines in Tschechien und natürlich das im Haller Ortsteil Künsebeck. In Zahlen sind dies 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr, 1.200 Beschäftigte an allen Produktionsstandorten und vor allem: hohe Verluste. Vor diesem Hintergrund kommt dem Begriff Übernahme auch eine ganz andere Bedeutung zu. Selbst wenn es niemand offiziell so bestätigt, darf man sicher davon ausgehen, dass Aequita schon mal kein Geld an JTEKT gezahlt, sondern im Gegenteil eine Summe X der Japaner erhalten hat. Eine übliche Vorgehensweise in solchen Fällen. Und für den milliardenschweren und börsennotierten japanischen Großkonzern reine Abwägung: Der gute Ruf seiner erfolgreich laufenden USA- und Asien-Geschäfte mit global agierenden und renommierten Geschäftspartnern muss auch in Zukunft gewahrt, eine Insolvenz der defizitären europäischen Werke unbedingt ausgeschlossen werden. Und hier kommt Bernhard Buchholz ins Spiel. Als Erstes soll die Haller Durkopp GmbH stabilisiert werden &bdquo;Für uns geht es jetzt als Erstes darum, die Firma zu stabilisieren“, stellt der neue CEO fest. Zusammen mit zehn weiteren operativen Spezialisten und seinem französischen Co-CEO analysiert der Restrukturierer aus München deshalb die Vorgänge in allen vier Werken - von montags in der Früh bis zum späten Freitagabend durchgängig vor Ort. Und am Wochenende obendrein in der süddeutschen Heimat. Die Zeit rennt, das Ziel ist klar: Dass etwa 200 Arbeitsplätze in Künsebeck wegfallen werden, ist die eine Sache. Und das ist tragisch für die Betroffenen, die am Ende entlassen werden. Buchholz dreht die Botschaft indes um: &bdquo;Der Fokus liegt darauf, möglichst viele Mitarbeitende am Standort Halle halten zu können.“ Die Reduktion von 550 auf 350 Beschäftigte sei dabei zwar nur ein Element im Gesamtbild. Aber eben auch eines, das unerlässlich sei. Mehr zum Thema: Mitarbeiter der Haller Durkopp GmbH schockiert: 200 Arbeitsplätze fallen weg Selbstbewusst fügt der promovierte Maschinenbauer und Physiker an: &bdquo;Wir als Aequita sind zusammen mit dem bestehenden Management die Richtigen, um all die anstehenden Themen zu lösen.“ Hört man sich in der Belegschaft um, wird dieser Eindruck bestätigt. Nie zuvor sei so klar und detailliert kommuniziert worden, was jetzt zu tun sei. Das kommt an, trotz der Angst, wen es trifft. Hoffnung auf die Wende macht sich breit. Neuer CEO von Halles Automobilzulieferer sieht große Chancen Was ihn so zuversichtlich stimmt, mit seiner neuen Führungsmannschaft das Ruder plötzlich rumreißen zu können? Obwohl sich an den äußeren Bedingungen wie der kriselnden Automotive-Branche, von der man so abhängig ist, gar nichts geändert hat - eher im Gegenteil? &bdquo;Weil wir im Gegensatz zu einem Großkonzern jetzt auch Nischenmärkte bedienen können“, antwortet Buchholz: &bdquo;Einfache Katalogware können die Fern-Ost-Lieferanten besser als wir, große Mengen mit mittleren Qualitätsanforderungen zu niedrigen Preisen - da würden wir niemals mithalten. Die Rahmenbedingungen in Europa sind dafür nicht geeignet. Aber wir haben andere Qualitäten und insbesondere in Künsebeck sehr hohe technische Kompetenz. Das ist unsere Chance.“ Buchholz verweist auf kurze Entscheidungsprozesse: &bdquo;Ab sofort können wir binnen weniger Tage entscheiden, ob wir für einen Kunden ein bestimmtes Produkt entwickeln können und wollen.“ Das sei mit Strukturen, wie es sie ganz allgemein in einem Großkonzern gebe, gar nicht denkbar. Dasselbe betreffe die Praxis: &bdquo;Wir haben hier die Expertise im Haus. Wenn wir künftig ein Spezialproblem lösen wollen, bauen wir unsere Maschinen mit unseren eigenen Leuten eben um - das Ziel: die zu den Maschinen passende Stückzahlen in höchster Qualität zum passenden Preispunkt. Das darf in Zukunft niemand besser können als wir.“ So die Ambition. Die Bestandskunden müssen gepflegt und ausgebaut werden, klar. ZF, Daimler, Audi, BMW ... - da gibt es langfristige Beziehungen. Bei guter Leistung kündigen die Autobauer diese nicht, um morgen auf einen anderen Zulieferer zu setzen - ginge auch gar nicht so einfach. Verlässlichkeit, Kontinuität, Qualität. Das sind die Werte, die zählen. Unser Wochenkommentar: Der Altkreis Halle verliert Hunderte Arbeitsplätze Der Manager lässt den Blick durch eine der Hallen schweifen. Dann sagt er: &bdquo;Ein gutes Unternehmen passt sich der Auftragslage permanent an. Genau das ist in der Vergangenheit jedoch nicht geschehen.“ Stattdessen sei man überladen von Maschinen, Prozessen und Mitarbeitenden. In Teilen des Unternehmens habe es ja schon seit längerer Zeit Kurzarbeit gegeben; seit November 2024 sei gar die gesamte Belegschaft davon betroffen - aber das könne nicht die Lösung sein und schon gar nicht über einen so langen Zeitraum. Das Ziel: zufriedene Kunden, Kosten senken, Qualität und Effizienz hochhalten Außerdem sei der Vertrieb in großen Organisationen in der Regel weltweit geregelt, fährt Buchholz fort. &bdquo;Dabei wird jedoch ein gezielter Blick auf einen Standort wie hier in Künsebeck vernachlässigt.“ Tatsächlich war der Vertrieb zuletzt weltweit und unabhängig von den Produktionswerken aufgestellt. Zum einen in Hamburg, darüber hinaus auch noch in Italien, England, Frankreich usw. Jetzt stellt sich die Situation anders dar: JTEKT wird zum Mitbewerber. Und Buchholz schielt vor allem auch auf kleinere Märkte. Auf Märkte abseits der Automotive-Branche, wenngleich Aequita mit seinem großen Netzwerk innerhalb der Automobilbranche da durchaus Hilfestellung leisten könne. Immerhin hänge Durkopp zu etwa 65 Prozent an diesem Wirtschaftszweig. Mit allen Vor- und Nachteilen in der aktuellen wirtschaftlichen Situation der Automobilbranche. Der Transformationsexperte nimmt eines der in Künsebeck gefertigten Nadellager in die Hand. &bdquo;Wir haben hier ein starkes Team am Start, das davon überzeugt ist, dass wir den Turnaround schaffen. Eine Sanierung funktioniert nur als Team. Und wenn die Sanierung dann irgendwann läuft, übergeben wir Funktion für Funktion an die langfristige Führungsmannschaft“, erklärt Buchholz. Wie lange er sich Zeit gibt? &bdquo;Das lässt sich nicht sagen. Zumindest heute noch nicht. Wir müssen das Unternehmen jetzt ganzheitlich zum Laufen bekommen und jeden Stein umdrehen: Die Kunden müssen zufrieden sein, die Kosten müssen runter, der Einkauf muss maximal effizient agieren, Qualität und Effizienz müssen passen. Und wir brauchen natürlich spannende Aufträge.“ Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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