Prozess wegen Waffenbesitzes

Mehr als 100 Waffen im Haus: Früherer Haller Händler muss jetzt „abrüsten“

Der Mann hatte vor dem Verwaltungsgericht geklagt, weil die Waffenbehörde des Kreises ihm seine Lizenz löschen wollte. Dass er die Waffen nicht loswird, glaubt sie ihm nur bedingt.

Zahlreiche Waffen hatte der ehemalige Händler noch in seinem Haus gelagert. Nun muss er den Bestand schleunigst reduzieren. Foto: Friso Gentsch/dpa | © dpa

27.02.2025 | 27.02.2025, 11:20

Halle/Minden. Zwei Monate mehr Zeit hat ein Waffenhändler aus Halle jetzt, um seinen Bestand aufzulösen. Diese Einigung mit der Kreispolizeibehörde in Gütersloh erzielte der Mann jetzt vor dem Verwaltungsgericht in Minden. Die Behörde glaubt, dass der Kläger mit rund 120 Gewehren und Kurzwaffen eher eine nicht erlaubte private Waffensammlung hat, als dass er damit Handel treibt.

Einst war der Händler in seinem Metier sehr erfolgreich, doch das Geschäft lief immer schlechter. Und seit Ausbruch der Corona-Pandemie standen keine Verkäufe oder Käufe von ihm im 2013 eingeführten Nationalen Waffenregister (NWR). Daraus schloss die Waffenbehörde beim Kreis, dass hier kein Waffenhandel mehr stattfinde. Händler sind zwar strenger reguliert, dürfen aber auch mehr Waffen in ihrem Besitz haben.

Im Jahr 2022 verkündete die Behörde dem Händler aus Halle, dass sie seine Lizenz zum Jahresende löschen wolle. Mit dem Hinweis auf die Corona-Auswirkungen erreichte der Haller eine Verlängerung bis zum 30. Juni 2023. Bis dahin solle er alle seine mehr als 100 Waffen nachweislich veräußern, unbrauchbar machen oder bei der Waffenbehörde abgeben.

Behörde glaubt, dass der Haller weiter Waffen sammeln will

Ein paar Wochen vor Ablauf der Frist übergab der Händler dem Kreis vier Langwaffen. Auch nach dem Frist-Ende lieferte er ein paar weitere ab. Zudem wies er darauf hin, dass es schwerer geworden sei, einen vernünftigen Preis zu erzielen. Immer wieder seien Interessenten, die sich auf seine Anzeigen auf einer Fach-Plattform im Internet gemeldet hätten, abgesprungen. Dass er nichts verkaufe, liege also nicht an ihm.

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Doch die Behörde blieb bei ihrer Entscheidung. „Es haben seit Jahren wenige bis gar keine Verkäufe stattgefunden“, hielt die Waffenbehörde fest, nachdem sie das NWR ausgewertet hatte. Ihr waren auch die Bemühungen des Klägers um Verkäufe zu gering. „Wir glauben eher, dass Sie eine größere Waffensammlung aufrechterhalten wollen“, sagte der Vertreter der beklagten Landesbehörde vor Gericht. Denn im Bestand habe der Haller Waffenfreund rund 120 registrierte Lang- und Kurzwaffen. Und es seien vielfach ältere Gewehre und Pistolen, die man kaum noch zur Jagd oder zum Sport benutze.

Elena Schneider, Einzelrichterin der 8. Kammer beim VG Minden, suchte den Kompromiss, ließ aber durchblicken, dass sie bei keiner Einigung die Klage wohl abweisen werde. Das würde den Händler, der durch den Gang zum Gericht schon erhebliche Aufschubzeit bekommen hat, unter gewaltigen Druck setzen. Nach einiger Diskussion ließ sich die Behörde erweichen - ein bisschen jedenfalls. Nun soll nochmal zwei Monate bis zum 30. April Zeit für den Verkauf der gut 100 Waffen gegeben werden.

Händler darf zwölf Waffen weiter in Halle behalten

Zehn Lang- und zwei Kurzwaffen darf er daraus aussuchen und in seine Waffenbesitzkarte eintragen, die er seit 50 Jahren hat. Mehr erlaubt das verschärfte Gesetz nicht. Auch darf er die dort eingetragenen zwei Kurzwaffen gegen zwei andere tauschen. Schließlich zeigte sich die Behörde auch bei den Prozesskosten entgegenkommend. Die Gerichtskosten nimmt sie zur Hälfte auf ihre Kappe. Seinen Anwalt muss der Kläger allein bezahlen.

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„Lebenslauf“ einer Waffe

Der „Lebenslauf „einer Waffe in Privatbesitz sollte europaweit in vernetzten nationalen Waffenregistern (NWR) nachvollziehbar sein“, legte die EU 2008 in einer Richtlinie fest. Wer besitzt welches Gewehr, welche Pistole? Dokumentiert wird das vom roten Waffenschein (Sicherheitsdienste) über die gelbe (Sportschützen) und grüne Jäger-Waffenbesitzkarte bis zum kleinen Waffenschein (erlaubnisfreie Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen). Wann ist welche Waffe - wozu auch Teile wie Schalldämpfer gehören – von wem an wen verkauft worden? Auch Besitzverbote werden erfasst.

Das soll das deutsche NWR anhand von Pflichteintragungen der Händler für die rund legalen 5,5 Millionen Waffen in Privatbesitz von der Herstellung bis zur Vernichtung jederzeit nachvollziehen können. In der Theorie jedenfalls. An den Waffen sind dazu ID-Marken angebracht. Das nach vierjähriger Vorbereitung 2013 eingerichtete Register wurde 2020 digitalisiert. Nun ist es für die Inhaber einer gewerblichen Waffenherstellungs- oder Waffenhandelserlaubnis noch einfacher, ihrer Eintragungspflicht nachzukommen. Die 552 Waffenbehörden können so ihre Kenntnisse effektiver austauschen. Auch die Polizei kann automatisiert rund um die Uhr auf das NWR zugreifen