
Halle-Hesseln. Früher war das von Margarete und Karl-Heinz Redeker geführte Waldgasthaus Hesseltal, im Volksmund nur »Schluffen« genannt, ein beliebtes Lokal für Wanderer sowie für Familien- und Firmenfeiern. Wer vom Feiern nicht genug bekommen konnte, ging zudem ab 1969 am frühen Abend eine Etage tiefer in die Kultdiskothek Schluffen. Diese Zeiten sind seit mehr als 20 Jahren vorbei und am 17. Oktober 2008 entschied sich die Chefin dann endgültig, auch unregelmäßig gebuchte Versammlungen bei Kaffee und Kuchen aus dem Programm zu nehmen und das Lokal zu schließen.
Derzeit fällt Passanten das Gebäude aber wieder so richtig ins Auge, denn Karl-Heinrich Redeker, Eigentümer und Sohn des Wirteehepaares, hat 19 große Eichen auf dem davorliegenden Parkplatz fällen lassen. „Ich mache da ein bisschen sauber, da ich gerade Zeit habe, weil es in der Firma ruhiger ist", sagt Redeker, der an der Abzweigung zur B 68 einen Palettenhandel betreibt. Weitere Gründe habe die Fällaktion nicht, es sei auch keine Maßnahme an dem Gebäude geplant. Rechtlich sei, so bestätigt die Stadt, alles in Ordnung, da es ja in Halle keine Baumschutzsatzung gibt.
Das Gebäude ist seit einiger Zeit unbewohnt, da die einstige Seniorchefin mittlerweile im Pflegeheim lebt. Im Inneren des Hauses ist hingegen die Zeit stehengeblieben, wie im Internet kursierende Videos zeigen. Der Ort gilt in entsprechenden Kreisen als »Lost Place«, also als vergessener Ort, in dem es noch fast so aussieht wie zu den lebhaften Zeiten. Häufiger, so berichten Anwohner, käme es wohl dazu, dass sich Fremde Zutritt zu dem alten Lokal verschafften und sich dort umschauten sowie Fotos und Videos machen.
Videos nehmen Zuschauer mit auf eine Zeitreise
Aus dem vergangenen Sommer stammenden Videos zeigen, dass fast das gesamte Inventar noch im Gebäude ist. In dem aus vier zusammenhängenden Bereichen bestehenden Haus ist viel Platz. Vier Theken und mehrere Tanzflächen, dazu gedeckte Tische mit Stühlen, Alkoholflaschen im Regal. In der Registrierkasse hängt noch der Kassenbon des letzten Kunden.
Die Videoaufnahmen auf Youtube vermitteln, mal abgesehen von den Spinnweben in den Ecken, den Eindruck, dass gerade Mittagspause ist und gleich die Besucher zum Kaffeetrinken eintreffen. Die Küche ist komplett eingerichtet, es gibt noch Schallplatten im Schrank, die elektronische Diskokugel dreht sich weiterhin nach dem Einschalten und in den oberen Wohnräumen stehen Familienfotos und zahlreiche Dekorationsartikel.
Viele Internetnutzer drücken in Kommentaren ihre Begeisterung für das stillgelegte Idyll mit dem Charme der 70er und 80er Jahre aus und wünschen sich eine neue Nutzung. Diese dürfte jedoch unwahrscheinlich sein, denn das Gebäude musste einst wegen eines unzureichenden Brandschutzes aufgegeben werden. Man müsste viel Geld investieren, um moderne Standards herzustellen.
Kein Ziel von Einbrechern
Die Polizei in Halle sieht das Gebäude nicht als beliebtes Einbruchsziel. Es sei dort eher ruhig und man habe das Objekt nicht besonders im Blick, sagt eine Beamtin. Klar ist jedenfalls, dass man mit dem Betreten Hausfriedensbruch begeht – ganz egal, in welchem Zustand sich das Gasthaus befindet und ob alle Türen verschlossen sind.
Ebenfalls auffällig bei den Anwohnern ist seit einiger Zeit der deutlich erhöhte Lkw-Verkehr zum benachbarten Asphaltmischwerk mit Stammsitz in Großenkneten, der teilweise bis 1 Uhr andauere. Dabei handelt es sich um eine genehmigte Maßnahme wegen einer A 33-Nachtbaustelle in Osnabrück. Die letzten Touren sollen, so versichert eine Mitarbeiterin, in der Nacht zum Samstag erfolgen.