Halle/Bielefeld. Einzeln werden die Angeklagten von den Justizwachtmeistern in den Sitzungssaal 1 des Bielefelder Landgerichts geführt. Es herrscht strikte Trennung der Tatverdächtigen, die derzeit in unterschiedlichen Gefängnissen in Untersuchungshaft sitzen. Seit gestern müssen sich vier Männer aus Bielefeld, Wuppertal, Werther und Dortmund wegen des Verdachts des schweren Raubes vor der XX. Großen Strafkammer des Landgerichts verantworten. Sie sind angeklagt, im vergangenen November mit weiteren Komplizen ein betagtes Ehepaar zu nachtschlafener Zeit in dessen Haus im Haller Ortsteil Hörste überfallen und ausgeraubt zu haben.
Die Auswertung der Funkzellen führte die Fahnder auf die Spur
Die Ermittler gehen bislang von folgendem Geschehen aus: Am 29. November 2017 begaben sich die nun angeklagten Ibrahim L. (32), Bashir F. (31), Berat B. (22) sowie Chris J. (23; Namen aller Betroffenen geändert) gemeinsam mit weiteren Komplizen zur Tiegstraße in Hörste. Dort hebelten die Männer mit einem Brecheisen die Terrassentür des einsam gelegenen Wohnhauses der Eheleute S. auf. Während einer der Täter draußen Schmiere stand, drangen die übrigen Angeklagten in das Haus der 80 Jahre alten Senioren ein. Sie begaben sich in das Schlafzimmer, in dem sich der pflegebedürftige S. und seine Frau schlafend im Bett befanden.
Die Frau erwachte, als die Eindringlinge den Raum betraten. Einer der Männer forderte sofort Geld von ihr, während die Mittäter bereits das Haus nach Stehlenswertem durchsuchten. Sie fanden 100 Euro Bargeld, die verängstigte Bewohnerin händigte ihnen darüber hinaus noch weitere 60 Euro aus. Mehr, so beteuerte die Frau, sei in dem Haus nicht zu holen.
Dies mochten die Täter zunächst nicht glauben: Sie fesselten die Seniorin mit mitgeführtem Klebeband an einen Stuhl und klebten ihr auch den Mund zu. Einer der Männer holte aus einer Schublade in der Küche ein Messer, das er der Überfallenen drohend an den Hals hielt. Schließlich erkannten die Täter, dass bei dem Ehepaar tatsächlich nicht mehr zu holen war. Mit 160 Euro Beute in der Tasche ließen sie die gefesselte Frau und ihren bettlägerigen Ehemann zurück.
Es dauerte eine ganze Weile, bis die Ermittler der mutmaßlichen Täter habhaft wurden: Ibrahim L und Bashir F. wurden im Februar, die beiden Mitangeklagten am 10. April, festgenommen. Seither sitzen sie in Untersuchungshaft. Ins Visier der Fahnder waren die Männer durch die Auswertung der Funkzellen geraten: Im Normalfall sind zur Nachtzeit nicht allzu viele Menschen am Funkmast, der den Tatortbereich mit abdeckt, eingeloggt – ist das Anwesen doch sehr ländlich gelegen. Dass sich alle vier Angeklagten laut ihrer Mobilfunkdaten zur selben Zeit dort aufgehalten und zudem noch miteinander kommuniziert haben sollen, werten die Ermittler als ein starkes Indiz für deren Täterschaft. Gegen weitere Verdächtige wird aus dem gleichen Grund derzeit noch ermittelt.
Der Prozess wird am Montag, 20. August, fortgesetzt.