Bielefeld

Investoren wittern im Wildfleischhandel das große Geschäft

Bielefelder Start up ist mit Wildschweinwurst und Hirsch-Hamburgern erfolgreich.

Symbolbild | © CC0 Pixabay

Sebastian Kaiser
17.03.2020 | 18.03.2020, 10:30

Bielefeld. Mit Produkten aus Wildfleisch besetzt ein Bielefelder Start up eine Nische im Lebensmittel-Einzelhandel. Mit wachsendem Erfolg. Salami und Leberwurst vom Wildschwein oder Hirsch-Hamburger kommen nicht nur bei Verbrauchern an. Die Geschäftsidee dahinter macht auch Investoren Appetit:

Mit einem Crowfunding-Projekt haben die Gründer jetzt jede Menge frisches Geld für den Ausbau ihres Unternehmens eingesammelt. Schon einen Tag nach dem Start der Schwarmfinanzierung konnten sie sich über die ersten 100.000 Euro freuen, die Geldgeber aus Deutschland und Österreich in ihre Firma stecken.

Falk Fieseler und Sebastian Lenger (v.l.) setzen auf die Vermarktung von Produkten aus Wildfleisch. - © Foto: Andreas Zobe/NW
Falk Fieseler und Sebastian Lenger (v.l.) setzen auf die Vermarktung von Produkten aus Wildfleisch. (© Foto: Andreas Zobe/NW)

Nicht aus Massenhaltung

Sebastian Lenger (36) und Falk Trompeter (32) verbindet die Begeisterung für die Natur - und eine Idee. "Wir wollten hochwertige Lebensmittel in den Einzelhandel bringen. Wildfleisch ist nachhaltig, hat einen hohen Nährwert und wird von vielen als ethisch empfunden", sagt Lenger. Wildtiere lebten eben nicht in einer Massenhaltung, sondern im Wald. Der Bestand müsse durch Jagd reguliert werden.

Nicht Brust oder Keule, sondern veredelte Waren wie Bratwürste, Wildfond oder frischer Aufschnitt aus Wildfleisch sind das Produkt der Jungunternehmer. "Wir sind derzeit das einzige Unternehmen in Deutschland, das diese Palette ganzjährig anbieten kann", sagt Lenger.

Hunderte von Supermärkten werden beliefert

Das Fleisch stammt von Jägern, die es an Zerlegebetriebe verkaufen. Von denen wiederum beziehen Lenger und Trompeter, die unter dem Namen "Wilder Heinrich" firmieren, das Fleisch. Von einer Firma in Rinteln lassen sie es in Lohnfertigung zu Wildspezialitäten verarbeiten und bundesweit vertreiben.

2015 haben sie mit einem kleinen Laden in der Rohrteichstraße begonnen. 2017 kam der Durchbruch. Zug um Zug sind sie in zu Handels- und Supermarktketten durchgedrungen. Inzwischen beliefern sie Hunderte von Märkten. "Wild wird immer stärker gefragt. Wir hatten das richtige Produkt zur richtigen Zeit", sagt Lenger.

Umsatz von 800.000 Euro angepeilt

Mit Werbeaktionen und klassischen Verkostungen an Probierständen sprechen sie neue Kunden an. Rund eine Tonne Wildfleisch pro Woche lassen sie zu Konserven oder Dauerwurst verarbeiten.

Acht feste Mitarbeiter hat das Unternehmen bereits. In diesem Jahr wird ein Umsatz von 800.000 Euro und das Erreichen der Gewinnzone angepeilt. Die Entwicklung ist noch nicht zu Ende. "Wir wollen in den nächsten Jahren in ganz Deutschland präsent werden und auch in Österreich Fuß fassen", sagen die Unternehmer.

Geldgeber für vielversprechende Firmen

Das kostet Geld. Und das wollten sie nicht bei Banken leihen, sondern von einer Vielzahl von Menschen. Mit Hilfe der Crowdfunding-Plattform Conda sprachen sie große und kleine Investoren an. Conda ist bei einer großen Gruppe von potenziellen Geldgebern bekannt, die bereit sind, bei vielversprechenden Firmen einzusteigen.

Über Newsletter und Social Media warb die Plattform für das Investment. "Auch wir selbst haben eine große Community", sagt Lenger. Vorteil des Crowdfundings: "Das ist gleichzeitig Öffentlichkeitsarbeit."

Kampagne schlug schon in der ersten Stunde ein

"Der Erfolg hat uns selbst überrascht", sagt Falk Trompeter. Bereits eine Stunde nach dem Start der Kampagne waren die ersten 50.000 Euro zugesagt. Nach zehn Tagen hatten 162 Menschen Beträge ab 100 Euro eingezahlt - insgesamt über 200.000 Euro.

"Wahrscheinlich sind auch viele Jäger unter den Investoren, denn wir haben in Fachblättern und auf entsprechenden Social-Media-Kanälen geworben", sagt Falk Fieseler, der kürzlich als Partner und "kleiner Gesellschafter" dazu gekommen ist. Bis zum Ende der Aktion sollen es möglichst 350.000 Euro werden, mit denen die beiden Vertrieb und Marketing ausbauen und neue Produkte entwickeln wollen.

Erfahrene Metzger helfen

Die beiden Firmengründer sind studierte Wirtschaftsingenieure. Bei der Entwicklung neuer Rezepturen und der Verbesserung von Produkten helfen daher Lebensmittelexperten und erfahrene Metzger. Lenger arbeit in Vollzeit für die Firma, Trompeter nebenberuflich. Auch Falk Fieseler arbeitet neben seinem Hauptjob als Steuerberater nebenbei für die Firma.

Das Geschäft mit Wildfleisch wird durch offizielle Abschussquoten für Hirsche und Wildschweine begrenzt. "Aber es ist noch lange nicht ausgereizt", sagt Fieseler, der selbst Jäger ist. "Denn immer noch verschenken Jäger zu Weihnachten Wildschweinfleisch, weil sie es anders nicht loswerden."