Mithäftling packt im Doppelmord-Prozess aus

Verurteilter Betrüger belastet Jens S.

Landgericht Bielefeld: Ein Mithäftling belastet den Angeklagten Jens S. schwer. | © Foto: HK

Patrick Menzel
19.01.2016 | 19.01.2016, 10:30

Mit seinen Ausführungen belastete der 50-Jährige nicht nur S. schwer – er bezeichnete Josef S., Partner der Tochter der getöteten Ärztin, als Drahtzieher der Bluttat.

Hintergrund der Aussage war eine Zufallsbekanntschaft, die in der JVA Bielefeld-Brackwede ihren Lauf nahm. S. wurde im Februar 2014 als Verdächtiger des brutalen Verbrechens inhaftiert. Ein Justizbeamter habe ihn gebeten, schilderte P. der Kammer, sich um den Neuankömmling zu kümmern und ihn vor Übergriffen anderer Häftlinge zu schützen. P. kümmerte sich fortan um S. und bot ihm seine Hilfe an. Dabei habe sich eine Art Vertrauensverhältnis aufgebaut. Während der gemeinsamen „Umschlusszeiten“, in den Gefangene mit anderen Häftlingen gemeinsame Zeit in den Zellen verbringen dürfen, habe S. ihm detailliert den gesamten Tatablauf geschildert.

Der Vorsitzende Richter: Wolfgang Korte. - © Foto: Wolfgang Rudolf
Der Vorsitzende Richter: Wolfgang Korte. (© Foto: Wolfgang Rudolf)

Demnach habe Helgard G. dem Angeklagten an Heiligabend 2013 – an die genaue Uhrzeit vermochte sich P. auf Nachfrage nicht mehr zu erinnern – arglos die Tür geöffnet. Hartmut S. habe sich zu diesem Zeitpunkt im Obergeschoss des Hauses an der Badstraße aufgehalten. Im Wohnzimmer habe S. dann versucht, die Ärztin mit einem Elektroschocker zu betäuben. Als dieses misslang, habe er mit einem Messer auf sein Opfer eingestochen. „Sie hat dann noch geschrien: Hartmut, Hartmut.“ Als der Hinzugerufene die Treppe herunterkam, habe S. auch auf ihn eingestochen. Anschließend sei S. ins Obergeschoss gegangen und habe dort den Stopfen einer Gasleitung abgeschraubt. Dann habe er eine Kerze entzündet und das Haus durchsucht. „Es sollte aussehen wie ein Raubmord“, so der Zeuge. Auch das mögliche Motiv des Angeklagten enthielt er den Verfahrensbeteiligten nicht vor. Demnach sei es S. ausschließlich darum gegangen, „die beiden aus dem Leben zu nehmen“. Dabei sei S. von seinem Bekannten Josef S. zu der Tat verleitet worden. Dieser habe Angst um das Erbe für seine Partnerin gehabt, da Helgard G. ihrer Tochter mit Enterbung gedroht habe, falls diese sich nicht von ihm trenne, so P., der sich durch seine Aussagen Vorteile für sein eigenes Verfahren erhofft und sich deshalb an die Ermittler der Mordkommission »Bad« gewandt hatte.

Wie glaubwürdig die Ausführungen des verurteilen Betrügers sind, muss das Schwurgericht bewerten. Das vermeintliche Wissen, so die Vermutung der Verteidiger könne P. zu großen Teilen auch aus den Ermittlungsakten haben.

Immerhin hatte P. die Ermittler zu einem Erdversteck geführt, in dem die Beamten rund 1000 Euro fanden. Nach Einschätzung von Staatsanwalt Christoph Mackel handelt es sich dabei um Tatbeute, laut des Angeklagten um eine eiserne Reserve. Um die Glaubwürdigkeit des 50-Jährigen zu prüfen, hat der Vorsitzende Richter Wolfgang Korte für den nächsten Verhandlungstag am kommenden Montag weitere ehemalige Mitinsassen von S. und P. in den Zeugenstand berufen.