Bürgerbegehren, die Zweite

Wahl-&-Co.-Befürworter starten erneut

Noch immer ist man bei der Spedition Wahl & Co. im Unklaren darüber, ob man vom Sitz in Bielefeld-Sennestadt nach Steinhagen expandieren kann. | © Foto: Christian Weische

Sonja Faulhaber
13.05.2016 | 13.05.2016, 14:00

Einen Ratsbürgerentscheid lehnten Mittwochabend SPD und Grüne ab, die bisher gesammelten 2700 Unterschriften für ein Bürgerbegehren musste Bürgermeister Klaus Besser aus formal-juristischen Gründen ebenfalls ablehnen. Doch Karl-Heinz David, Heike Riefenstahl und Peter Petersen – Initiatoren des Bürgerbegehrens, geben nicht auf. „Ab nächster Woche stehen wir wieder an den bekannten Stellen und sammeln Unterschriften", betonte Peter Petersen auf Nachfrage des Haller Kreisblattes.

Dann wird über der Unterschriftenliste die juristisch korrekt formulierte Frage »Soll der Bürgermeister bei der Bezirksregierung Detmold einen Antrag auf eine Vorhaben bezogene Änderung des Regionalplans stellen, um dadurch das Verfahren zur Schaffung der Voraussetzungen zu einer Ansiedlung der Firma Wahl & Co. im Bereich der A 33 und der Liebigstraße auf einer Fläche von 15 Hektar einzuleiten?« stehen. Und damit dürfte die Kommunalaufsicht an den Formalien des Bürgerentscheids nichts mehr auszusetzen haben. „Das werde ich mir so auch schriftlich von Thomas Kuhlbusch von der Kommunalaufsicht bestätigen lassen", betont Peter Petersen. Zusätzlich soll ein Anwalt des Vereins »Mehr Demokratie« das Ganze noch einmal prüfen, damit diesmal alles wasserdicht ist.

Ziel ist es erneut, über 1320 Unterschriften zu bekommen. „Wenn diese Zahl erreicht ist, werden wir diesmal aber aufhören zu sammeln", sagt Peter Petersen. Er ist sicher, dass sie in spätestens zwei Wochen wieder so weit sind. Und diesmal, so die feste Hoffnung, wird es gelingen, dadurch einen Bürgerentscheid über die Ansiedlung von Wahl & Co. herbeizuführen. Die Bürger würden dann am Sonntag, 18. September, zu den Wahlurnen gerufen und könnten ganz basisdemokratisch darüber abstimmen, wie die Zukunft des Gewerbegebietes Deterts Heide aussehen wird.

Kritik an Vorgängen in Steinhagen

Dass der erste Versuch eines Bürgerentscheids an Formalien gescheitert ist, sehen nicht nur die drei Initiatoren kritisch, sondern auch die Initiative »Mehr Demokratie e.V.«, die sich für Volksentscheide in ganz Deutschland auf Landesebene und auch auf Bundesebene starkmacht. Landesgeschäftsführer Alexander Trennheuser kritisiert das Geschehen in Steinhagen hart: „Obwohl Bürgermeister und Verwaltung in Steinhagen frühzeitig um Bedenken der Bezirksregierung zur Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens wussten, haben sie die Initiative ins offene Messer laufen lassen."

Bei der Initiative sieht man den Fehler im System. „Das Problem ist, dass Bürgerbegehren in NRW erst nach ihrer Einreichung auf ihre Zulässigkeit geprüft werden. Sinnvoll wäre aber ein Abklopfen der Formulierungen auf der Unterschriftenliste vor Beginn der Unterschriftensammlung", sagt Alexander Trennheuser. Nach Angaben des Vereins gibt es eine solche Vorprüfung bereits in Berlin und Thüringen. In Niedersachsen besteht die Möglichkeit, sich vom jeweiligen Hauptausschuss des Stadtrates die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens zusichern zu lassen.

»Mehr Demokratie« hatte eine entsprechende Änderung für NRW bereits 2011 an den Landtag herangetragen. CDU und FDP hatten diese Anregung in Gesetzentwürfe umgesetzt. Die rot-grüne Landesregierung sah aber keinen Handlungsbedarf und lehnte die Initiativen ab. In ihrer Jahresbilanz für 2015 weist die Initiative bei 24 abgeschlossenen Bürgerbegehren sechs unzulässige Begehren aus. Insgesamt wurden seit 1994 von 599 eingereichten Bürgerbegehren 262 auf diese Weise von den Räten gestoppt. Aufgrund von Änderungen der Gemeindeordnung war der Anteil in den vergangenen Jahren aber rückläufig.