
Borgholzhausen. Der 7000er an der Grenze zu China zählte bislang zu den höchsten unbestiegenen Bergen der Erde (siehe Infokasten). Sein etwas höherer »Brudergipfel« Jasemba im Nangpai-Gosum-Massiv war 1986 von einer japanischen Expedition bezwungen worden. Fast auf den Tag genau 31 Jahre später stand Jost Kobusch nun auf dem Gipfel des Nangpai Gosum II.
„Das ist eines der letzten echten Abenteuer, die man noch erleben kann", sagte der 25 Jahre alte Student der TU Chemnitz gegenüber der Deutschen Presseagentur dpa. Die Erstbesteigung im Alleingang sei ihm nach einem gescheiterte ersten Versuch schließlich am 3. Oktober gelungen. Die Himalayan Database, die rund 9500 Expeditionen an 455 Gipfeln in Nepal umfasst und als größtes Archiv des Himalaya-Bergsteigens gilt, hat bereits mit ihm gesprochen und seine Erstbesteigung aufgenommen, wie die zum Team der Datenbank gehörige Garmischerin Billi Bierling mitteilte. Das gilt in der Bergsteigerszene als Anerkennung des Erfolgs.

„Entspannter" Anstieg von 6400 auf 6840 Meter
Kobusch hat sich auf sogenannte Solo-Besteigungen spezialisiert und verzichtet dabei auf Begleiter oder Träger. Als Profisportler finanziere er mit dem Bergsteigen sein Studium im Studiengang Sports Engineering, so
Kobusch. Das Klettern hat er im Alter von zwölf Jahren für sich entdeckt. Ausschlaggebend war damals auch eine Kletter-AG an der PAB-Gesamtschule in Borgholzhausen. Seitdem war Kobusch wie berichtet unter anderem allein auf dem 8091 Meter hohen Annapurna in Nepal, der als einer der gefährlichsten Berge gilt. Auf den alpinen Lorbeeren kann sich Jost Kobusch nicht ausruhen. Sein Terminkalender ist prall gefüllt, wie er dem Haller Kreisblatt verrät. Heute geht es von seinem Studienort Chemnitz nach Österreich zu einem einwöchigen Snowboardtraining. Bei einer seiner nächsten Expeditionen in den Himalaya möchte er diese Art der Fortbewegung integrieren.
Ab dem 26. November ist Jost Kobusch für einige Tage in Borgholzhausen. Ein Besuch beim Tigerenten-Club der ARD, eine private Lesung und eine Fahrt in die Schweiz schließen sich in schneller Reihenfolge an. Bei allem, was ansteht, ist die Erinnerung an den Nangpai Gosum II noch ganz frisch. Vier Tage brauchte Kobusch vom Basislager auf 5090 Meter Höhe bis zum Gipfel. Zunächst ging es 8,5 Kilometer über einen Gletscher zum Advanced Base Camp auf 5560 Meter Höhe. Um 3 Uhr morgens machte sich Jost Kobusch von hier auf zum Camp 1 auf 6400 Meter Höhe, das er nach 13 Stunden erreichte. Am nächsten Tag ging es weiter zum Camp 2. „Das war entspannt", umschreibt Kobusch den Anstieg von 6400 auf 6840 Meter Höhe. Ein zweistündiges Nickerchen später nahm er ab Mitternacht den Gipfel in Angriff. Zehneinhalb Stunden brauchte Jost Kobusch, dann stand er am Tag der deutschen Einheit auf dem Nangpai Gosum II.
Der Gang zehrte. „Ich habe fünf Kilogramm Muskelmasse verloren", sagt Kobusch. Um die 67 Kilogramm wog er nach der erfolgreichen Erstbesteigung – bei 1,86 Meter Körpergröße. „Es ist so, dass der Mensch langfristig auf mehr als 5500 Meter Höhe nicht überlebensfähig ist", erklärt der Bergsteiger. Der Körper sucht sich Energie und findet sie schließlich in der Muskelmasse. Die gilt es wieder draufzupacken. „Das ist schwierig für mich", sagt Kobusch. Menschen, die permanent ihre Pölsterchen bekämpfen, werden es neidvoll hören. Mittlerweile zeigt die Waage wieder 69,5 Kilogramm, 72 sind das Ziel.
Das nächste Ziel des Borgholzhausener heißt Denali, ist 6190 Meter hoch, befindet sich in Alaska und ist die höchste Erhebung Nordamerikas. Ursprünglich wollte Kobusch den imposanten Berg, der bis 2015 Mount McKinley hieß, bereits diesen Winter bezwingen. Extreme Kälte, typisch für den Denali und den dortigen Nationalpark, machen dieses Projekt jedoch besonders herausfordernd. Zur Zeit überlegt er das Projekt um ein Jahr zu verschieben, um sich die Bedingungen erst einmal im Sommer anzuschauen.