Gender-Pay-GapLohnlücke zwischen Männern und Frauen "eklatantes Gerechtigkeitsproblem"

Noch immer klafft in Deutschland eine Lohnlücke zwischen Männern und Frauen. Elke Hannack sieht in der schlechteren Bezahlung für Frauen einen Wettbewerbsnachteil.

Johanna Apel

Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, fordert jetzt eine Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. - © Christoph Soeder
Elke Hannack, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, fordert jetzt eine Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. © Christoph Soeder

Berlin. Noch immer verdienen Frauen in Deutschland durchschnittlich weniger Geld als Männer. Diese Lohnlücke - auch Gender-Pay-Gap - lag nach Angaben des Statistischen Bundesamtes zuletzt bei 18 Prozent.

Dabei handelt es sich um die unbereinigte Lohnlücke, bei der die durchschnittlichen Stundenlöhne von Männern und Frauen verglichen werden. Weil Frauen wesentlich öfter in schlechter bezahlten Berufen oder in Teilzeit arbeiten, schneiden sie bei dem Vergleich deutlich schlechter ab.

Kommentar

Gender-Pay-Gap: Alle Jahre wieder

Andreas Niesmann

Es gibt Probleme, die zuverlässig jedes Jahr erneut auf die politische Agenda rücken, einfach, weil sich so wenig bei deren Lösung tut. Das sogenannte Gender-Pay-Gap, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern, ist so ein Fall. Das Phänomen ist seit Jahren bekannt, es wurde rauf und runter analysiert, und zahlreiche Frauen- sowie Arbeitsminister haben bereits vor dem Brandenburger Tor für geschlechtergerechte Bezahlung zu demonstriert.

Erfolgreich waren all diese Bemühungen nicht, im vergangenen Jahr ist die „bereinigte“ Lohnlücke, für deren Berechnung nur die Stundenlöhne bei ähnlicher Tätigkeiten und Qualifikation herangezogen werden, sogar leicht gestiegen.

Das ist nicht zufriedenstellend, weder für die Politik noch für die Unternehmen.

Durchschnittliche Lohnlücke im Osten geringer

Dass es anders gehen kann, zeigt ein Vergleich der Regionen. In Ostdeutschland etwa ist die durchschnittliche Lohnlücke zwischen Frauen und Männern kleiner als im früheren Bundesgebiet. In der DDR war die Berufstätigkeit von Frauen bereits die Regel, als im Westen noch die klassische Rollenverteilung mit Vollzeit arbeitendem Vater und (bestenfalls) Teilzeit arbeitender Mutter dominierte.

Frauen haben im Osten eher Karriere gemacht, und sind dort häufiger in Berufen zu finden, die im Westen als Männerdomänen gelten. Das wirkt sich positiv auf die unbereinigte Lohnlücke aus, den Vergleich der Durchschnittslöhne über die Berufsgruppen hinweg. Betrachtet man allerdings die bereinigten Werte, ändert sich die Reihenfolge zwischen Ost und West wieder.

Zu tun gibt es also überall. Das Thema bleibt uns gesamtdeutsch und geschlechterübergreifend erhalten.



Dann gibt es aber noch die bereinigte Lohnlücke - und die ist im vergangenen Jahr sogar größer geworden. Statistiker schauen sich dabei die Verdienste bei vergleichbaren Berufen und Qualifikationen an. Und auch da gibt es eine Schere zwischen Mann und Frau: 2022 lag diese bereinigte Lohnlücke bei sieben Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch sechs Prozent gewesen.

Aktionstag Equal-Pay-Day am 7. März

Angesichts des Aktionstags „Equal Pay Day“, der am 7. März und somit einen Tag vor dem Frauentag stattfindet, fordert die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Elke Hannack, jetzt eine Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt. „Frauendominierte Berufe müssen aufgewertet, sprich: besser bezahlt werden“, sagte Hannack der Redaktion.

Die hohe Entgeltlücke sei nicht nur ein „eklatantes Gerechtigkeitsproblem“, sondern auch ein Wettbewerbsnachteil, wenn Fachkräfte gesucht werden. „Wenn die Bundesregierung es mit ihrer Fachkräftestrategie ernst meint, muss sie jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, um die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu stärken“, so die DGB-Vizechefin.

Der wichtigste Hebel, um Fachkräfte zu gewinnen, sei eine bessere Bezahlung - das gelte für Frauen ganz besonders. „Frauen brauchen existenzsichernde Einkommen – das wird in der Debatte um die Fachkräftegewinnung viel zu wenig beachtet“, betont Hannack. Für zwei Drittel der Frauen sei die schlechtere Bezahlung eine der größten Hürden für die Teilnahme am Arbeitsmarkt.

Es brauche Arbeitszeiten, die zum Leben passen

Außerdem müssten Arbeitgeber und Politik mehr tun, damit Kinderbetreuung, Pflege und Erwerbsarbeit besser zwischen den Geschlechtern verteilt werden könne. Frauen würden durchschnittlich sieben Stunden pro Woche weniger bezahlte Erwerbsarbeit leisten, weil sie eher bei der Betreuung von Kindern, Pflegebedürftigen oder der Hausarbeit eingebunden seien. Dabei brauche es Arbeitszeiten, die „zum Leben passen“ und es ermöglichen „erwerbstätig zu sein und gleichzeitig gemeinsam Verantwortung für Familie und Hausarbeit zu übernehmen“, so die Gewerkschafterin.

Hannack pocht zudem auf eine stärkere Unterstützung von Alleinerziehenden. „Um die ohnehin übermäßig armutsgefährdeten Alleinerziehenden besser zu unterstützen – zu über 80 Prozent sind dies Frauen – brauchen wir endlich eine wirksame Kindergrundsicherung“, sagte sie.

Genau darüber wird allerdings derzeit in der Ampel-Koalition gestritten. Bei der von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) angestrebten Kindergrundsicherung sollen die bisherigen Sozialleistungen für Kinder gebündelt und zugleich erhöht werden. Allerdings kostet eine solche Reform viel Geld - und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ist skeptisch. Über die Kindergrundsicherung werde seit zwei Jahren diskutiert, jetzt wo sie im Koalitionsvertrag stehe, werde sie von der FDP ausgebremst, kritisiert Hannack. „Anpacken, nicht ausbremsen, lautet die Devise.“

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