AbgeordnetenhausWiederholungswahl in Berlin: Geringere Beteiligung

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Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD, gibt in ihrem Wahllokal in Berlin-Friedrichshain ihre Stimmzettel zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ab. - © Bernd von Jutrczenka/dpa
Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD, gibt in ihrem Wahllokal in Berlin-Friedrichshain ihre Stimmzettel zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ab. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Bei der Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus zeichnet sich wie erwartet eine geringere Wahlbeteiligung ab. Nach Angaben der Geschäftsstelle des Landeswahlleiters haben bis zum Mittag (12.00 Uhr) 23,4 Prozent der Wahlberechtigten abgestimmt.

Bei der von Pannen und organisatorischen Problemen geprägten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2021 lag die Wahlbeteiligung zur gleichen Zeit bei 27,4 Prozent - allerdings wurde sie nur für die Bundestagswahl erfasst, die parallel stattfand. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 lag die Wahlbeteiligung am Mittag bei 25,1 Prozent.

Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin Bündnis90/DieGrünen, gibt gemeinsam mit ihrem Mann Oliver bei der Wahl zum Abgeordnentenhaus Berlin ihre Stimme ab. - © Axel Heimken/dpa
Bettina Jarasch, Spitzenkandidatin Bündnis90/DieGrünen, gibt gemeinsam mit ihrem Mann Oliver bei der Wahl zum Abgeordnentenhaus Berlin ihre Stimme ab. (© Axel Heimken/dpa)

Anders als 2021 gab es bei der Wiederholungswahl bis zum frühen Nachmittag nach Einschätzung von Landeswahlleiter Stephan Bröchler wenige Zwischenfälle. «Bislang ist alles im grünen Bereich», sagte Bröchler der Deutschen-Presse Agentur. Der Berliner Wahlforscher Thorsten Faas warnte vor einer vorschnellen Bewertung von Komplikationen.

Vom Berliner Verfassungsgericht angeordnet

Kai Wegner, Spitzenkandidat der Berliner CDU, kommt in der Grundschule am Ritterfeld zur Stimmabgabe für die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. - © Sebastian Christoph Gollnow/dpa
Kai Wegner, Spitzenkandidat der Berliner CDU, kommt in der Grundschule am Ritterfeld zur Stimmabgabe für die Wiederholungswahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. (© Sebastian Christoph Gollnow/dpa)

Seit Sonntagmorgen sind etwa 2,4 Millionen Berlinerinnen und Berliner aufgerufen, ein neues Landesparlament zu wählen. Angeordnet hatte die in Deutschland in dieser Form noch nie dagewesene Wahlwiederholung der Berliner Verfassungsgerichtshof. Er erklärte die Abstimmung vom 26. September 2021 wegen «schwerer systemischer Mängel» und zahlreicher Wahlfehler für ungültig.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler kommt zur Stimmabgabe in ein Wahllokal im Berliner Bezirk Pankow. - © Monika Skolimowska/dpa
Landeswahlleiter Stephan Bröchler kommt zur Stimmabgabe in ein Wahllokal im Berliner Bezirk Pankow. (© Monika Skolimowska/dpa)

Bröchler, der nach eigenen Angaben in weiteren Wahlbüros in Pankow sowie Lichtenberg und Berlin-Mitte unterwegs war, berichtete etwa von einer nicht funktionierenden Schaltung bei einer Telefonanlage. Dies habe der Anbieter aber in kurzer Zeit behoben. Oder im Stadtteil Moabit habe ein Schlüssel für eine Wahlurne gefehlt. Auch dieser sei schnell herangeschafft worden, sagte er. Zudem hätten sich mehr Wahlhelfer als erwartet coronabedingt krankgemeldet. «Das konnten wir aber ausgleichen.»

In einem Wahllokal hängt neben einer Wahlkabine eine Berlin-Flagge. - © Christophe Gateau/dpa
In einem Wahllokal hängt neben einer Wahlkabine eine Berlin-Flagge. (© Christophe Gateau/dpa)

Bei seinem eigenen Wahlgang in Pankow sei alles problemlos abgelaufen. Von einem ganz pannenfreien Sonntag gehe er dennoch nicht aus, sagte der Landeswahlleiter. «Wir sollten so gegen 18 Uhr alle Informationen zusammen haben, was im Großen und Ganzen gut gelaufen ist, ich hoffe möglichst viel, und wo es halt auch zu kleineren Pannen gekommen ist», sagte Bröchler. «Denn das wird auch passieren.» Es gebe keine fehlerlose Wahl. Deshalb spreche er gerne von einer «reibungsarmen» Wahl.

Ratschlag: «Bisschen locker bleiben»

Wählerinnen und Wähler stehen am Morgen in einem Wahllokal im Berliner Bezirk Pankow. - © Monika Skolimowska/dpa
Wählerinnen und Wähler stehen am Morgen in einem Wahllokal im Berliner Bezirk Pankow. (© Monika Skolimowska/dpa)

Auch Wahlforscher Faas von der Freien Universität Berlin mahnte zur Ruhe bei der Bewertung der Wahl. Jede minimalste Komplikation werde «vermutlich minutiös berichtet» und möglicherweise auch skandalisiert, schrieb Faas am Sonntag auf Twitter. Er empfahl: «Bisschen locker bleiben». Wichtig sei aber abzuwarten, wie es sich insgesamt entwickele und dann die Situation zu bewerten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.

Das Rote Rathaus in Berlin. - © Paul Zinken/dpa
Das Rote Rathaus in Berlin. (© Paul Zinken/dpa)

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey gab sich optimistisch. Bislang höre sie, dass der Verlauf in den Wahllokalen gut sei, sagte die SPD-Politikerin. Sie selbst hatte ihre Stimme am Mittag in einem Wahllokal in Friedrichshain abgegeben. Zuvor hatten bereits die Umwelt- und Mobilitätssenatorin Bettina Jarasch als Spitzenkandidatin der Grünen sowie Kai Wegner für die CDU und FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja gewählt.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof erklärte die Abstimmung vom 26. September 2021 für ungültig. - © Jens Kalaene/dpa
Der Berliner Verfassungsgerichtshof erklärte die Abstimmung vom 26. September 2021 für ungültig. (© Jens Kalaene/dpa)

Die Wiederholungswahl könnte die politischen Verhältnisse in der Stadt verändern. Seit 2016 regieren SPD, Grüne und Linke zusammen, im Dezember 2021 erneuerten sie die Koalition. Seither ist die frühere Bundesfamilienministerin Giffey Regierende Bürgermeisterin, sie muss nun aber um ihr Amt fürchten.

Mehrere Möglichkeiten offen

Möglich wären nach den letzten drei Umfragen vom vergangenen Donnerstag unterschiedliche Bündnisse. Neben einer CDU-geführten Koalition wäre auch denkbar, dass SPD, Grüne und Linke zusammen weiterregieren. Die CDU könnte also trotz eines Wahlsiegs am Ende leer ausgehen. Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch präferiert nach eigener Aussage eine Fortsetzung der bisherigen Koalition, allerdings unter ihrer Führung. Die SPD und Giffey wiederum trafen keine Koalitionsaussage.

Wer auch immer künftig in Berlin koaliert, kann es maximal bis 2026 tun. Da es sich um eine Wiederholungs- und keine Neuwahl handelt, ändert sich nichts an der Legislaturperiode. Sie begann 2021 und dauert fünf Jahre. Die Parteien müssen mit denselben Bewerberinnen und Bewerbern antreten wie bei der Pannen-Wahl. Direktkandidaten, die nicht nochmals antreten wollten oder konnten, wurden durch Nachrücker von den Parteilisten ersetzt.

Zu den Problemen der Wahl 2021 zählten unter anderem falsche oder fehlende Stimmzettel oder zu wenige Wahlurnen. In rund der Hälfte der mehr als 2200 Wahllokale stimmten Wähler damals nach 18.00 Uhr ab, als Medien schon Prognosen und Hochrechnungen verbreiteten.

Auch die Bundestagswahl in Berlin könnte wegen der damaligen Pannen teilweise oder ganz wiederholt werden. Darüber entscheidet das Bundesverfassungsgericht - wann ist noch offen.

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