Es gibt Spiele, die wollen einfach nur unterhalten. Und dann gibt es „Where Winds Meet“. Das chinesische Action-RPG versucht nicht weniger, als die Grenzen des Genres neu zu definieren – und stolpert dabei manchmal über die eigenen Ambitionen. Doch wer sich auf diesen wilden Mix aus Wuxia-Mythos, Open-World-Abenteuer und Martial-Arts-Fantasie einlässt, erlebt ein Spiel, das ebenso faszinierend wie widersprüchlich ist.
Das Spiel entführt uns ins China der „Fünf Dynastien und Zehn Königreiche“, eine Ära voller Umbrüche, Intrigen und blutiger Machtkämpfe. Inmitten dieser politischen Wirren steht ein junger Schwertmeister, der weder genau weiß, woher er kommt, noch wohin er gehört. Was auf den ersten Blick wie der Beginn einer typischen Heldenreise wirkt, entfaltet sich schnell zu einer Erkundung der eigenen Identität – und einer Reflexion über Loyalität, Ehre und Freiheit.
Schon in den ersten Stunden spürt man: „Where Winds Meet“ will groß sein. Die Landschaft breitet sich majestätisch vor einem aus – weite Felder, verschneite Gipfel, belebte Dörfer. Visuell gehört „Where Winds Meet“ zu den schönsten Open-World-Spielen der vergangenen Jahre. Die Lichteffekte, das Spiel mit Nebel, Wind und Wasser – all das lässt einen immer wieder staunen und zum Verweilen einladen.
„Where Winds Meet“: Kampfsystem zeigt Stärke
Doch Schönheit allein reicht nicht. Und so wirft das Spiel mit Systemen um sich, als gäbe es kein Morgen. Kampfkunst? Natürlich. Schwertstile, Fausttechniken, Bogenschießen, Magie – alles da. Dazu ein Parkour-System, das an „Assassin’s Creed“ erinnert, gepaart mit Luftsprüngen und Gleitmanövern. In Bewegung fühlt sich „Where Winds Meet“ fantastisch an – elegant, fast fließend.
Wenn dann die ersten Duelle beginnen, zeigt das Spiel seine wahre Stärke: Das Kampfsystem ist dynamisch, präzise und überraschend tief. Paraden, Konter, Kombos – wer sich Zeit nimmt, entdeckt ein System, das belohnt, statt zu bestrafen. Doch genau hier beginnt auch das Problem: „Where Winds Meet“ überfordert mit seiner Vielfalt. Zu viele Anzeigen, zu viele Systeme, zu viele Menüs. Manchmal wirkt es, als hätte das Entwicklerteam alles, was in anderen Spielen funktioniert, einfach zusammengeworfen – in der Hoffnung, dass es schon irgendwie harmoniert.
Dabei merkt man „Where Winds Meet“ an, dass hinter all dem Herzblut steckt. Die Entwickler haben sichtlich Freude daran, ihr eigenes kulturelles Erbe zu zelebrieren. Sie zeigen ein China, das nicht nur Kulisse ist, sondern Seele hat – mit Philosophie, Poesie und Pathos. Die Geschichte nimmt sich Zeit, wenn sie will, und rast, wenn man es am wenigsten erwartet.
Mischung aus Action-RPG und Online-MMO
Dabei können wir sie komplett alleine erleben – oder auch im Multiplayer. „Where Winds Meet“ baut das Element geschickt in die Open World ein. Spielerinnen und Spieler können sich zusammenschließen, um Quests gemeinsam zu meistern, Dungeons zu erkunden oder gegen besonders starke Gegner anzutreten. Dabei bleibt der Fokus weiterhin auf der Action und den flüssigen Kampfsystemen, die auch im Solo-Spiel überzeugen.
Der Mehrspieler-Modus ist kein klassisches MMO – es gibt keine gigantischen Serverwelten oder zwingende Gruppenmechaniken wie zum Beispiel bei „World of Warcraft“. Stattdessen setzt das Spiel auf flexible Kooperationsmöglichkeiten: Wer mit Freunden unterwegs ist, profitiert von gemeinsamer Strategie, geteilten Ressourcen und der Möglichkeit, schwierige Kämpfe im Team anzugehen.
Doch so schön und ambitioniert das alles ist: Technisch stolpert „Where Winds Meet“ immer mal wieder. Ruckler, Pop-Ins, kleine Bugs – nichts davon zerstört das Erlebnis völlig, aber es kratzt ein wenig am Hochglanz. Zumindest noch – im Laufe der Zeit werden wohl Patches für Besserung sorgen.
„Where Winds Meet“ setzt nicht auf „Pay to win“
Schon jetzt bleibt die Monetarisierung fair: keine „Pay to win“-Mechaniken, keine Gameplay-Vorteile. Wer Geld ausgibt, kauft sich Skins – sonst nichts. In einer Zeit, in der viele Free-to-Play-Spiele ihre Spieler melken wie eine Ressource, ist das erfrischend ehrlich.
Was „Where Winds Meet“ aber am meisten auszeichnet, ist sein Mut. Es ist ein Spiel, das sich traut, Tradition und Moderne zu verschmelzen, und das uralte Wuxia-Legenden mit modernen Game-Design-Ideen verknüpft. Man spürt in jeder Szene den Versuch, etwas Eigenes zu schaffen, etwas, das sich vom westlichen Mainstream abhebt. Und das funktioniert oft erstaunlich gut. Wenn man etwa durch Bambuswälder reitet, während ferne Flötenmusik erklingt, und die Sonne durch das Laub bricht – dann vergisst man für einen Moment, dass man eigentlich gerade einer Quest hinterherläuft.
Doch so sehr das Spiel beeindrucken will, so oft verliert es sich in sich selbst. Es will Open World, Story, Kampfkunst, Rollenspiel, Crafting, Berufe, Politik, Romantik und Multiplayer – und das alles gleichzeitig. Das Ergebnis ist ein Erlebnis, das manchmal überwältigt, manchmal frustriert, und selten ganz in Balance kommt.
„Where Winds Meet“ ist am 14. November für Playstation 5, PC, IOS und Android erschienen und kann laut offiziellen Angaben ab 23 Uhr MEZ gespielt werden. Es ist kostenlos spielbar und ab 12 Jahren freigegeben.
Transparenzhinweis: Für diesen Test wurde uns vom Publisher ein kostenloser Review-Code zur Verfügung gestellt. Dies hatte keinen Einfluss auf unsere Wertung. Wir haben das Spiel auf der Playstation 5 getestet.

