
Halle. Als es endlich geschafft war, kullerten einfach nur noch die Tränen. Während der Siegerehrung bei der Nationalhymne war das. Nach vier zweiten Plätzen in Folge seit 2016 hat sich Katharina Müller in der ersten Woche des neuen Jahres ihren großen Traum erfüllt und mit ihrem Partner Tim Dieck aus Dortmund bei den 121. deutschen Eiskunstlauf-Meisterschaften in Oberstdorf den Titel im Eistanz gewonnen. „Das war alles sehr emotional. Fünf Jahre waren wir diesem großen Ziel hinterher gerannt, jetzt hatten wir es endlich, endlich erreicht“, sagt die 24-Jährige.
So richtig realisiert hat Katharina Müller den großen Triumph auch Tage später noch nicht. Was auch daran liegt, dass sie nach einer kurzen Stippvisite bei ihrer Oma in Künsebeck („Sie wollte die deutsche Meisterin noch mal umarmen und ordentlich füttern“) am Montag mit Tim Dieck schon wieder via Düsseldorf nach Moskau geflogen ist, um sich dort auf die Europameisterschaften Ende Januar in Graz vorzubereiten.
„Wir hatten zwar das Gefühl, dass wir alles fehlerlos gezeigt haben und zwei saubere Programme gelaufen sind, aber wir wussten bis zum Schluss nicht, ob es gereicht hat“, berichtet Katharina Müller. Zumal es ein enges Rennen gegen die späteren Vizemeister Jennifer Janse van Rensburg/Benjamin Stephan gab. Mehr noch: Als nach der Kür der zweite Platz auf der Anzeigentafel aufleuchtete, war dem Eistanz-Paar zuerst nicht klar, ob es sich um das aus Kurztanz und Kür zusammengesetzte Gesamtergebnis handelt oder nicht. „Ich dachte schon: Mist, wieder Zweiter“, erinnert sich Müller. Erst nach diesem Kür-Ergebnis leuchtete die Endplatzierung mit einer Eins vor ihrem Namen auf – und die ersehnte Meisterschaft war perfekt.
„Jetzt konnten wir endlich beweisen, was wir wirklich können. Auch uns selbst.“
Gerne gibt die 24-Jährige zu: „Früher standen wir uns auch immer wieder selbst im Weg, weil wir diesen Titel unbedingt wollten. Doch jetzt konnten wir endlich beweisen, was wir wirklich können. Auch uns selbst.“ Nervosität und Unsicherheiten – in Oberstdorf hatten Müller/Dieck sie endlich unter Kontrolle, auch weil die beiden alles etwas lockerer angegangen waren und so ein besseres Körpergefühl bekamen. Und so war das jahrelange Training – seit 2014 laufen die beiden zusammen – schließlich belohnt worden.
Seit April 2019 hatte Katharina Müller mit ihrem Partner und Trainerin Angelika Krylova, in ihrer aktiven Zeit zweifache Weltmeisterin und Olympia-Zweite, in Moskau („Wir trainieren dort, weil es in Deutschland nicht genug gute Trainer gibt“) an der Kür gearbeitet. Darin geht es um Coco Chanel und Karl Lagerfeld. „Wir haben praktisch eine Zeitreise mit Musik unternommen“, erzählt Müller. Jeden Tag außer sonntags wurde an Technik und Tanz gefeilt: „Wir ändern dauernd etwas und versuchen uns ständig in Richtung Perfektion zu verbessern.“ Den Preisrichtern gefiel es offenbar. Das galt auch für den Kurztanz am Tag zuvor. Hier gab der Welteislaufverband ISU ein Thema vor. Müller: „Das war dieses Jahr Musical. Wir hatten uns für Burlesque mit Christina Aguilera entschieden. Das hat sehr gut geklappt.“ Und so wurde Platz eins im Kurztanz der Türöffner für den Gesamtsieg.
Das nächste Ziel ist die Europameistererschaft
Den die extra aus Gütersloh angereisten Eltern Galina und Alexander live vor Ort miterlebten. Auch für sie war die gesamte Veranstaltung sehr emotional. „Die beiden haben fünf Jahre lang mitbekommen, wie wir gekämpft haben“, berichtet die Tochter, die mit ihrer Familie 1999 aus Russland nach Deutschland kam, lange Jahre in Halle lebte und auf dem Kreisgymnasium zur Schule ging.
Seit 2015 wohnen die Müllers in Gütersloh nahe dem Elisabeth-Hospital. „Ich mag diese Stadt. Sie ist nicht zu groß, hat aber trotzdem alles“, sagt Katharina Müller, die, wenn sie im Landesleistungszentrum Dortmund trainiert, natürlich daheim an der Dalke übernachtet: „Das ist mir wichtig, weil ich meine Familie ja kaum sehe.“ Wie jetzt, wenn in Moskau die EM-Vorbereitung ansteht.
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