Die Zahl der Arbeitsgerichte in Nordrhein-Westfalen soll von 30 auf 15 halbiert werden. Das geht aus einem Papier hervor, das NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) in Düsseldorf vorgestellt hat. Auch eines von drei Landesarbeitsgerichten soll wegfallen - das in Köln.
Mit Kammern an Außenstandorten und lokalen Gerichtstagen, zu denen die Richter anreisen, soll dennoch an 37 statt bislang 50 Standorten verhandelt und Recht gesprochen werden. Häufig werde man dafür Säle der Amtsgerichte nutzen, hieß es.
Personalausfälle und Besetzungslücken könnten in der neuen Struktur besser abgefangen werden. Limbach hatte die Strukturreform vor einigen Monaten angestoßen. Die Präsidenten der Landesarbeitsgerichte stellten sich hinter die Pläne.
Etwas weiteren Fahrzeiten stehe die Sicherung eines schnellen Rechtsschutzes entgegen, argumentierten die Gerichtspräsidenten. Binnen eines Jahres habe ein Verfahren derzeit bereits in der Regel zwei Instanzen durchlaufen. «Wir sind stolz auf diesen Status und wollen diesen Standard erhalten», sagte der Kölner Landesarbeitsgerichtspräsident Jürgen vom Stein.
Weniger Verfahren, weniger Personal
20 Prozent weniger Urteilsverfahren binnen zehn Jahren und 43 Prozent weniger Beschlussverfahren: Weil in der Justiz die Personal- an die Verfahrenszahlen gekoppelt sind, stoßen kleinere Gerichtsstandorte mit vier oder weniger Richtern inzwischen an Grenzen der Funktionsfähigkeit.
Kurzfristige Personalausfälle, etwa durch Krankheit oder Urlaub, führen dort häufig zu Besetzungslücken, die nur schwer zu schließen sind. Schon der Ausfall eines Wachtmeisters könne dort zur Absage von Verhandlungen führen. Zudem seien Schwankungen der Fallzahlen schwerer auszugleichen als an größeren Standorten.
Nordrhein-Westfalen hat derzeit 30 Arbeitsgerichte und drei Landesarbeitsgerichte. 18 der 30 Arbeitsgerichte haben vier oder weniger Richter, manche nur zwei. Die Zahl der Mitarbeiter der Arbeitsgerichte in NRW sank von 788 im Jahr 2014 auf 707. Das Personal verteile sich inzwischen auf zu viele Standorte, so die Analyse.
13 Standorte fallen weg
Als Ursache für die rückläufige Zahl der Verfahren gilt die gute wirtschaftliche Konjunktur der vergangenen Jahre sowie der Trend zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Als Standorte für Verhandlungen ganz wegfallen sollen Iserlohn, Herford, Beckum, Ahaus, Herne, Brilon, Kleve, Moers, Oberhausen, Krefeld, Velbert, Solingen und Siegburg.
Die Gespräche mit den Interessenvertretungen sollen fortgesetzt werden. Im ersten Quartal des kommenden Jahres will dann die Landesregierung über einen finalen Vorschlag entscheiden, der dann wiederum vom Landtag beschlossen werden muss.
Kritik von SPD und DGB
«Mit dieser "Reform der langen Wege" versperrt Minister Limbach den Zugang zum Recht. Wer künftig streitige Arbeitsrechtsfragen vor Gericht verhandeln lassen will, muss dafür bis zu 70 Kilometer auf sich nehmen», kritisierte Sonja Bongers, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag NRW. «Das ist ungeheuerlich und ein fatales Signal für den Rechtsstaat.»
«Der DGB NRW und seine Gewerkschaften sind irritiert über den von Minister Limbach vorgelegten Entwurf», kritisierte DGB-Vize-Landeschefin Anke Unger. Für die knapp 2.000 von den Gewerkschaften benannten ehrenamtlichen Arbeitsrichter in NRW würden die Zusammenlegungen zum Teil enorme Zumutungen bedeuten. Mit Blick auf die schwierige Lage auf dem NRW-Arbeitsmarkt sei zudem davon auszugehen, dass die Anzahl der Verfahren eher wieder steigen werde.
Die CDU-Fraktion begrüßte die Pläne: «Größere und stärkere Strukturen schaffen die Grundlage für eine leistungsfähige Organisation, die flexibel auf neue Herausforderungen reagieren kann. Durch Gerichtstage und auswärtige Kammern stellen wir sicher, dass die Justiz flächendeckend präsent und gut erreichbar bleibt», teilte die rechtspolitische Sprecherin Angela Erwin mit.

