Kaum ein Thema kann Steuerzahler so verärgern wie die finanzielle Beteiligung am Straßenbau. Das Land NRW muss jetzt sich den Vorwurf gefallen lassen, unnötig Öl ins Feuer zu gießen. Wenn eine Straße neu gebaut wird und sich das Grundstück an dieser Straße befindet, müssen Anlieger nicht selten mehrere tausend Euro zahlen.
Das ist bitter, aber zur Wahrheit gehört: Das weiß man vorher. Und es ist auch okay, wenn nicht die Allgemeinheit für einen Straßenbau zahlt, sondern vor allem die Menschen, die diese Straße regelmäßig nutzen: Das sind in erster Linie die Anlieger. Problematisch wird das Ganze aber, wenn die Rechnung für die sogenannten Erschließungsbeiträge erst Jahrzehnte später ins Haus flattert. Genau das soll in NRW bald wieder möglich sein. Und das bringt Anwohner zurecht auf den Baum.
Kurz vor der Landtagswahl im vergangenen Mai hatte das Land eine Regelung angekündigt, die für Klarheit sorgen sollte: Sie sah vor, dass die Kommune nach dem ersten Spatenstich 25 Jahre Zeit hat, den Bau der Straße abzuschließen. Schafft sie das in dieser Zeit nicht, darf sie die Anwohner auch nicht mehr an den Kosten beteiligen. Das war der Plan. Doch den will die Regierung nun wieder zurücknehmen. Kommunen hatten Bedenken angemeldet, und davor gewarnt, im Zweifel auf immensen Kosten sitzen zu bleiben. Diese Kosten werden wieder für Anlieger anfallen. Nach Schätzungen einiger Experten sind mehr als 10.000 Straßen mit tausenden Anliegern in NRW betroffen.
Für die Beteiligten geht es oft um existenzielle Fragen
In einigen Fällen in OWL drohen Anliegern zum Beispiel Summen von rund 40.000 Euro – und das, obwohl die Straßen bereits vor 60 Jahren gebaut – aber nie vollständig abgeschlossen wurden. Durch das Einkassieren der 25-Jahres-Regel droht dies künftig auch weiteren Anliegern. Laut dem Bund der Steuerzahler sind Summen von bis zu 100.000 Euro inzwischen keine Einzelfälle mehr.
Natürlich brauchen Gemeinden Zeit, um eine Straße fertigzustellen und die Rechnungen zu verschicken. Das Verfahren ist aufwendig. Doch wenn eine Kommune es in 50 Jahren nicht geschafft hat, eine Straße so zu bauen, dass sie auch offiziell fertig ist, kann sie nicht ernsthaft verlangen, nach dieser Zeit die Kosten noch auf Anwohner umzulegen. Für die Beteiligten geht es oft um existenzielle Fragen. Sie wollen zurecht möglichst früh wissen, welche Kosten anfallen. Die Brisanz ist also ohnehin gegeben. Mit seinem Zickzack-Kurs sorgt das Land zusätzlich unnötig für Unsicherheit. Sein Wahlversprechen wird es voraussichtlich nach nur einem Jahr wieder einkassieren. Auch das bleibt hängen.
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