Überraschende SteuerprognoseNRW-Regierung ändert Haushalt schon wieder – Krisenhilfen verzögern sich

In letzter Minute nehmen CDU und Grüne erneut massive Änderungen an den Landesfinanzen vor. Die Opposition ist außer sich.

Ingo Kalischek

Marcus Optendrenk (CDU), Minister der Finanzen von NRW, verkündet eine weitere Kehrtwende. - © Rolf Vennenbernd
Marcus Optendrenk (CDU), Minister der Finanzen von NRW, verkündet eine weitere Kehrtwende. © Rolf Vennenbernd

Düsseldorf. Die SPD spricht von „Wortbruch“ und einem einmaligen „finanzpolitischen Fiasko“ in der Landesgeschichte. Die FDP sieht das Vertrauen „schwer beschädigt“. Wer glaubte, die NRW-Regierung habe nun ausreichend Kehrtwenden bei der Verabschiedung des Haushalts vorgenommen, der wurde am Montagabend eines Besseren belehrt: Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) kündigte in einem spontan einberufenen Pressegespräch weitere kolossale Nachbesserungen an den Landesfinanzen an. Die haben Auswirkungen auf angekündigte Hilfszahlungen an Vereine, Bürger und Unternehmen. Am Dienstag kommt der Landtag zur entscheidenden Sitzung zusammen.

Eigentlich wollten CDU und Grüne dann den zweiten Nachtragshaushalt 2022 verabschieden und mit ihm eine bereits festgestellte außergewöhnliche Notlage sowie ein Sondervermögen in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro. Damit will das Land ein eigenes Krisenpaket finanzieren, um Betroffene in NRW gezielt zu unterstützen.

Doch aus dem Plan wird vorerst nichts. Laut Optendrenk wurde das Land am Wochenende darüber informiert, dass die Steuereinnahmen „deutlich höher“ ausfallen werden als zuletzt gedacht – „völlig gegen alle Erwartungen und Rationalitäten“, so Optendrenk. Die Rede ist von Mehreinnahmen von 1,2 bis 1,3 Milliarden Euro. Das führt dazu, dass der Landtag entgegen der bisherigen Absicht jetzt keine außergewöhnliche Notlage ausrufen kann.

50 Maßnahmen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro verzögern sich

Die Folge: NRW will die außergewöhnliche Notlage aufgrund einer wirtschaftlich angespannten Situation erst ab Januar 2023 ausrufen – und dann das Sondervermögen errichten. Dadurch verzögern sich die bereits angekündigten Hilfen in Höhe von 1,6 Milliarden Euro um ein paar Tage. Einige der 50 Maßnahmen sollten eigentlich schon zum Jahresende abgewickelt werden. „Wir haben eine extrem volatile Lage“, erklärte Optendrenk.

Laut SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty hat der Landtag „so ein chaotisches Haushaltsverfahren noch nicht erlebt.“ In diesem Jahr werde es also keine Hilfen für Menschen und Wirtschaft in NRW mehr geben, so Kutschaty. „Auf den Verfassungsbruch folgt der Wortbruch.“ FDP-Fraktionschef Henning Höne sagte, dass CDU und Grüne mit mehreren Kehrtwenden ein „bisher nie dagewesenes Chaos“ angerichtet haben. Es stelle sich die Frage, wer die politische Verantwortung übernehme.

Die Landesregierung tut sich beim Aufstellen eines Krisenpakets auffallend schwer. Zunächst wollte sie Mittel aus dem Corona-Rettungstopf umnutzen, doch der Landesrechnungshof bewertete das als verfassungswidrig. In einem zweiten Versuch wollte die Regierung die außergewöhnliche Notlage feststellen, um so neue Schulden aufnehmen zu können. Begründen wollte sie dies mit der überraschend schlechten wirtschaftlichen Entwicklung, die NRW besonders hart treffe. Doch aufgrund der überraschend positiven Steuerprognose muss die Regierung nun zumindest auch für dieses Jahr davon Abstand nehmen.

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