Paderborn. Es ist ein verhangener Tag auf dem Paderborner Domplatz. Einige Spaziergänger, offenbar Touristen, machen Fotos vom großen Sakralbau, in dem an diesem Sonntag der Erzbischof Hans-Josef Becker mit einem großen Pontifikalamt verabschiedet wird. Der 74-Jährige hatte Papst Franziskus vorzeitig um die Entpflichtung von seinen Aufgaben gebeten, dieser stimmte Anfang Oktober zu. Doch wohin geht es nun mit der katholischen Kirche im Erzbistum Paderborn? Diese Frage stellt sich in diesen Tagen besonders intensiv.
"Ihm persönlich wünsche ich, dass er seinen Ruhestand genießen kann", sagt Katharina Brechmann, Diözesanvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (KfD) in Paderborn bei einem Gespräch in Sichtweite des Doms. Doch Brechmann ist auch nachdenklich. Denn sie sieht die grundsätzlichen Probleme der Institution Kirche. "Die Menschen wissen immer weniger mit Kirche anzufangen", sagt sie. Und: "Es treten Leute aus der Kirche aus, die damit sozialisiert sind."
"Die Menschen brauchen Zuwendung"
Die zahlreichen Missbrauchsfälle, die nicht nur im Erzbistum Paderborn stattgefunden hätten und die gerade durch eine wissenschaftliche Studie aufgearbeitet würden, seien einer der Hauptgründe für den Vertrauensverlust, ist die KfD-Diözesanvorsitzende überzeugt. Die wissenschaftliche Aufarbeitung im Erzbistum müsse "auf jeden Fall weitergehen". Das gelte auch für den sogenannten Synodalen Weg, dem die Deutsche Bischofskonferenz jüngst zugestimmt habe. Wichtige Säulen dieses Dialogprozesses sind die Einbeziehung von Laien und insbesondere auch Frauen in das Gemeindeleben. "Da muss sich was ändern", sagt Brechmann. Erzbischof Becker habe mit den Frauen im Erzbistum mehrfach Gespräche darüber geführt.
Eine konkrete Idee der KfD ist ein Diakonat für Frauen, das diesen ermöglicht, Sakramente zu spenden oder Gottesdienste abzuhalten. Die Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche dokumentiert Brechmann auch nach außen mit dem purpurfarbenen Kreuz, das sie auf der Jacke trägt. Ein Hinweis auf die Heilige Lydia, die schon in der Antike die Leitung einer Gemeinde innehatte.
"Die Menschen brauchen Zuwendung, Hilfe und Seelsorge", sagt Brechmann. Die Frauen seien bereit, hier Verantwortung zu übernehmen. Deshalb hofft Brechmann darauf, dass die Bischöfe künftig mutiger seien, Entscheidungen zu treffen, "in dem Sinn, dass sie wissen, was gerade dran ist". Sie wünsche sich einen Nachfolger auf dem Bischofsstuhl, "der dafür offen ist und das weiterlebt".
"Ohne Frauen sind die Kirchengemeinden am Ende"
Dechant Benedikt Fischer sieht das Erzbistum auf einem "super guten Weg", um sich inhaltlich neu auszurichten. Erzbischof Becker, dem er wünsche, "dass er noch viele Jahre in Gesundheit seinen Alterssitz genießen kann", habe hierfür mit dem Zielbild 2030+ die Grundlage geschaffen. Es sieht unter anderem die Aufarbeitung der Fälle sexualisierter Gewalt in der Kirche vor. Ein weiterer Grundgedanke: "Ohne Frauen sind die Kirchengemeinden am Ende", unterstreicht Fischer.
Allerdings brauche es "Zeit, um den Kurs zu ändern", so der Dechant. Dass Frauen etwa Taufen oder Eheschließungen vornehmen könnten, sei aus seiner Sicht möglich, "wenn man die Gemeinde mitnimmt". Beckers weg sei es gewesen, diese Dinge "mit großer Offenheit" zu denken. Daran müsse weiter gearbeitet werden, so Fischer. Ein Kirchenbild, wonach die Heilige Gesellschaft von Klerikern geleitet werde, denen das Volk nur zu folgen habe, sei in jedem Fall "ein Kirchenbild der Vergangenheit".
"Auf gehts, Kirche Paderborn", sagt Claudia Siegel dazu ermunternd. Die in der Reforminitiative der katholischen Kirche Maria 2.0 engagierte Paderbornerin ermutigt alle, sich weiter für Veränderungen einzusetzen. "Wir sind sehr gespannt, mit welcher Person das Bischofsamt nun besetzt wird." Dass die Entscheidung für den Synodalen Weg in der Bischofskonferenz nur unter großen Schwierigkeiten zustande kam, hat die reformorientierten Frauen "etwas desillusioniert". Siegel: "Das Lager der konservativen Bischöfe ist groß." Mutig vorauszugehen, falle vielen von ihnen schwer. Diesen Mut wünsche man sich nun für den Nachfolger auf dem Paderborner Bischofsstuhl.
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