Wegen hoher EnergiepreiseNeuer Preissprung bei Lebensmitteln schon Anfang Mai erwartet

Verbraucher müssen damit rechnen, dass das Einkaufen noch teurer wird. Betroffen sein dürften vor allem Milchprodukte. Den Landwirten hilft es wenig.

Björn Vahle

Im Kühlregal vieler Supermärkte wird es womöglich schon sehr bald deutlich teurer zugehen. - © Pixabay
Im Kühlregal vieler Supermärkte wird es womöglich schon sehr bald deutlich teurer zugehen. © Pixabay

Verbraucher in Deutschland müssen sich darauf einstellen, für bestimmte Lebensmittel schon sehr bald noch einmal deutlich mehr bezahlen zu müssen. Das deutet sich insbesondere für Milchprodukte an und liegt an gestiegenen Preisen für die Erzeuger bei Energie und Futtermitteln, nicht zuletzt durch den Krieg in der Ukraine. Dabei waren diese Effekte in den bisherigen Preissteigerungen offenbar noch gar nicht eingerechnet.

Entsprechend sagte der Chef einer großen Molkerei dem Spiegel, er erwarte Preissprünge von 20 bis 25 Prozent bei Milchprodukten schon in der ersten Maiwoche. "Und das ist erst der Anfang, weitere Preisrunden werden folgen." Der Nahrungsmittel-Großkonzern Nestlé teilte mit, die jüngsten Preissteigerungen seien vor Monaten verhandelt worden. Neue Preise würden erst in diesen Tagen ermittelt.

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Ist ein solcher Anstieg realistisch? Anruf in der Upländer Bauern-Molkerei bei Willingen, einer mittelgroßen Bio-Molkerei, knapp hinter der Landesgrenze von NRW. Geschäftsführer Tobias Kleinsorge bemüht sich um diplomatische Töne. Man wolle weiter eine gute Zusammenarbeit mit den Zulieferern erreichen, die jede Woche "Hiobsbotschaften" überbringen, weil sie ihre Preise steigern müssen. Das sei aber nicht immer leicht. "Der Kostendruck in der Molkerei ist immens."

Alles sei teurer geworden: von den Speditionen, die die höheren Dieselpreise weitergeben, über das Papier für die Verpackungen bis hin zu den Reinigungsmitteln für die Geräte in der Molkerei, die teilweise bis zu 90 Prozent mehr kosten als vor der Krise. Zwar hätten die mit ihm zusammenarbeitenden Bio-Bauern den Vorteil, durch die vorgeschriebenen größeren Anbau-Flächen nicht so viel Futter zukaufen zu müssen wie konventionelle Bauern. "Aber es ist klar, dass der Verbraucher all diese Kostensteigerungen auch wird bezahlen müssen. Ohne das wird es nicht gehen."

Nicht der erste und nicht der letzte Anstieg

Der Preissprung wäre nicht der erste, und es wäre nicht der erste bei Milchprodukten. Mehrere Einzelhandelsketten hatten Anfang April die Preise deutlich erhöht, darunter Aldi und Rewe. Fleisch, Wurst und Butter sind seitdem "deutlich teurer", wie Aldi-Nord-Kommunikationschef Florian Scholbeck damals angekündigt hatte. Grund hierfür seien höhere Preise, die Aldi seinen Lieferanten zahlen müsse. "Seit Beginn des Ukraine-Krieges gibt es Sprünge bei den Einkaufspreisen, die wir so noch nicht erlebt haben." Auch Obst und Gemüse sind spürbar teurer geworden, dasselbe gilt beispielsweise für Speiseöl und Kaffee.

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Das Problem: Selbst wenn die Milchpreise steigen, würde das nicht unbedingt dazu führen, dass Landwirte profitierten - oder mehr Milch erzeugt würde, um den Preisdruck abzufedern, erklärt Kleinsorge. Auch konventionelle Milchbauern erhalten derzeit deutlich mehr pro Liter als noch Ende 2021. Ottmar Ilchmann von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sagte dem Spiegel, so viel wie jetzt - 44 Cent - habe er "noch nie bekommen". Das würde normalerweise zur Erhöhung der Milchproduktion führen. Doch die Landwirte können die Fütterung meist nicht optimieren, weil die Preise so stark gestiegen sind.

Die Grünen machen in der Ampel-Koalition auch deshalb weiter Druck für eine Mehrwertsteuerbefreiung bestimmter Lebensmittel. Die Mehrwertsteuer beträgt in der Regel 19 Prozent. Ein reduzierter Satz von 7 Prozent subventioniert Produkte, die dem Gemeinwohl dienen - darunter sind auch Grundnahrungsmittel wie Milch, Fleisch, Obst, Gemüse und Backwaren. Nach einer kürzlich geänderten EU-Richtlinie sind gänzliche Steuerbefreiungen nun auch bei Lebensmitteln und anderen Gütern zur Deckung der Grundbedürfnisse möglich. Bisher haben die Grünen für ihr Vorhaben aber wenig Unterstützung bei den Koalitionspartnern.

Landwirte-Vertreter Ilchmann hält es für möglich, dass die "Angst vor fehlender Verfügbarkeit" den Handel bis dahin zu weiteren Preissteigerungen bewegen könnte. Ein Handelsmanager sagte dem Spiegel, alle Händler müssten die höheren Endpreise mitgehen, weil sie nicht weniger verlangen dürften, als sie im Einkauf für die Waren bezahlt haben. Auch deshalb rechnen Experten damit, dass die nun vorhergesagte Preiserhöhung nicht die letzte gewesen sein dürfte.

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