Mit prominenter UnterstützungIm Kampf gegen Brustkrebs: Darum stricken Frauen in Versmold rosa Tücher

Manuela Paul engagiert sich für den bundesweit tätigen Verein Mamazone. Ihre eigene Krankengeschichte soll anderen Unterstützung sein. Eine Botschaft ist der Versmolderin besonders wichtig.

Tasja Klusmeyer

Vorstandsmitglied Biggi Welt (r.) stellt zusammen mit Moderatorin Bärbel Schäfer die Aktion vor. - © Copyright Mamazone e. V.
Vorstandsmitglied Biggi Welt (r.) stellt zusammen mit Moderatorin Bärbel Schäfer die Aktion vor. © Copyright Mamazone e. V.

Versmold. Vor acht Jahren bekommt Manuela Paul die Diagnose Brustkrebs. Da brach für die Familienmutter eine Welt zusammen. Mit Anfang 50 ändert sich von jetzt auf gleich das Leben. Angst und Aussichtslosigkeit dominieren in den ersten Wochen den Alltag. "Ich habe nur geweint", erinnert sich die Versmolderin und erzählt dann von dem Weg, wie sie ihr Lachen wiedergefunden hat.

Manuela Paul ist an diesem Vormittag mit dem "Haller Kreisblatt" im Café Picco verabredet. Rehpinscher Uwe ist dabei. "Ich bin Hunde-Oma", erzählt Manuela Paul fröhlich, während sie Decke und Kauartikel für den kleinen Vierbeiner bereitlegt. Uwe ist der Hund ihres Sohnes; Manuela Paul kümmert sich gerne um ihn. Liebt Spaziergänge im Wald genauso wie Streicheleinheiten zu Hause. Es sind diese Momente im Leben, die die Versmolderin genießen kann. Mehr denn je.

Wenn Manuela Paul in die Unternehmen geht, um über Brustkrebsvosorge zu referieren, nimmt sie Informations- und Anschauungsmaterial mit. - © Copyright Manuela Paul
Wenn Manuela Paul in die Unternehmen geht, um über Brustkrebsvosorge zu referieren, nimmt sie Informations- und Anschauungsmaterial mit. (© Copyright Manuela Paul)

"Früher bin ich spazieren gegangen und hatte den Kopf voll. Heute nehme ich vieles anders wahr und freue mich einfach des Lebens", sagt sie. "Außerdem achte ich viel mehr auf meine Gesundheit." Bewegung und Ernährung sind Manuela Paul wichtig, denn Gesundheit, das weiß sie, ist eben nicht selbstverständlich.

Dem Schock folgt neuer Lebenswille

Früher, das war vor der Erkrankung. Als Manuela Paul ihrem Beruf als Verkäuferin nachgeht, sich um Familie, Haushalt und die täglichen Verpflichtungen kümmert. Bis zu jenem Tag im Februar 2015, als sie nach einem Screening die Diagnose bekommt. Nach der anfänglichen Schockstarre reift der Wille, sich nicht unterkriegen zu lassen. Manuela Paul sammelt neue Kraft, um dem Krebs den Kampf anzusagen. Und noch mehr.

Der Powerfrau geht es nicht nur ums eigene Überleben, sondern auch um das der anderen. Vor genau vier Jahren, am 26. Januar 2019, lädt Manuela Paul zum ersten Treffen der Gruppe Mamazone in Versmold ein. Der bundesweit tätige Selbsthilfeverein "Mamazone - Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e. V." hat etwa 1.600 Mitglieder. Seit 1999 begleitet, informiert und unterstützt er Frauen. Manuela Paul leitet eine von 20 Regionalgruppen.

16 Teilnehmerinnen sind beim ersten Treffen im Versmolder Haus der Familie dabei und auch darüber hinaus sei die Resonanz auf die Ankündigung im "Haller Kreisblatt" damals "wahnsinnig" gewesen. Gut ein Jahr danach kommt die Pandemie. "Corona hat viel kaputt gemacht", schildert Manuela Paul. Aus Angst vor Ansteckung seien viele Frauen auch nach dem Lockdown vorsichtiger gewesen; der Kontakt zu einigen Teilnehmerinnen riss ab.

Früherkennung rettet Leben

Die Strickrunde in Versmold wird begleitet von einem Kamerateam des WDR. - © Copyright Mamazone e. V.
Die Strickrunde in Versmold wird begleitet von einem Kamerateam des WDR. (© Copyright Mamazone e. V.)

Manche Frauen von damals sind nicht mehr da, andere kämpfen gegen das heftige Fortschreiten der Krankheit. "Auch damit müssen wir immer rechnen", weiß Manuela Paul. Vielen aber geht es nach der Therapie wieder gut. Jährlich erkranken nach Angaben von Mamazone allein in Deutschland rund 71.000 Frauen an Brustkrebs. Im Vergleich zu anderen Tumorerkrankungen ist die relative Überlebensrate "sehr hoch". Durch neue Behandlungsmethoden und die frühzeitige Entdeckung könnten immer mehr betroffene Frauen mit einer Heilung rechnen.

Deshalb ist es Manuela Paul auch so wichtig, Aufklärung und Prävention zu betreiben. Seit vergangenem Jahr geht die Versmolderin dafür in Unternehmen - eine echte Herzenssache, wie sie erzählt. Mit dem Mamazone-Mobil bringt sie Informations-und Anschauungsmaterial mit in die Betriebe, hält Vorträge über Brustgesundheit und Krebsfrüherkennung. Sie berichtet Frauen, was sie tun können, um nicht zu erkranken, klärt über Untersuchungen auf und appelliert vor allem daran, Vorsorgeangebote wahrzunehmen, auch wenn beispielsweise der Brustultraschall eine Eigenleistung ist. "Nehmt das Geld in die Hand - es kann lebensrettend sein!"

Klar, dass sich Manuela Paul und ihre Mitstreiterinnen an einem neuen Projekt beteiligen: der bundesweiten Strickaktion "Umarmungstuch". Deutschlandweit fertigen Frauen rosa Dreiecke aus Merinowolle, die an Frauen in der Chemotherapie gehen. Sie wollen damit sagen: "Ihr seid nicht allein." Die Dreiecke werden in Augsburg zusammengesetzt und an Brustzentren verteilt - in der Region kümmert sich Manuela Paul persönlich darum.

Ansprechpartnerin für Mamazone-Gruppen

Das Tuch wurde entworfen von Designerin Melanie Berg und Unterstützerin ist die bekannte Schauspielerin Katerina Jacob - beide selber an Brustkrebs erkrankt. Mittlerweile zieht die Aktion weite Kreise und viele Frauen schließen sich zu Strickrunden zusammen und sind mit großer Freude dabei, schreibt der Verein in einer Presseinformation. Auf seiner Internetseite hat er alle Informationen zur Aktion zusammengestellt.

Um beim Bild der Wolle zu bleiben: Bei Manuela Paul laufen unabhängig von der Strickaktion inzwischen die Fäden für alle Regionalgruppen zusammen. "Ich bin die Regio-Mama", sagt sie. Die Versmolderin hilft anderen Frauen beim Neuaufbau von Selbsthilfegruppen, ist Ansprechpartnerin für Leitungen, organisiert Fortbildungen und setzt sich zusammen mit dem Dachverband für bessere Vor- und Nachsorge ein. So nehmen Mamazone-Vertreterinnen beispielsweise an großen Ärzte-Kongressen teil.

Schauspielerin Katerina Jacob, selbst Brustkrebspatientin, unterstützt die Strickaktion von Mamazone. - © Copyright Mamazone e. V.
Schauspielerin Katerina Jacob, selbst Brustkrebspatientin, unterstützt die Strickaktion von Mamazone. (© Copyright Mamazone e. V.)

Und wie geht es Manuela Paul acht Jahre nach der Diagnose selbst? Der Krebs ist nach der Therapie nicht zurückgekommen - zum Glück. Die schwere Erkrankung hat dennoch Spuren hinterlassen. Nervenschädigungen unter den Füßen machen ihr nach wie vor zu schaffen und wirken sich aufs Gleichgewicht aus. "Und ich bin nicht mehr so belastbar", sagt die Familienmutter.

Krebserkrankung bringt auch Positives

Aktuell soll eine Bisphonate Therapie zum Knochenaufbau dienen und gleichzeitig der Metastasenbildung vorbeugen. Wegen der Folgeerkrankung bezieht Manuela Paul seit Sommer 2021 Erwerbsminderungsrente. Klagen möchte sie nicht, im Gegenteil. Ihr Lebensmotto "Schaue immer nach vorne. Zurückblicken bremst" habe ihr durch die schwere Zeit geholfen. "Ich möchte gerne das weitergeben, was ich empfunden habe", sagt Manuela Paul über ihren Antrieb, sich für Mamazone zu engagieren.

Dazu gehört auch die Erfahrung, dass die Krebserkrankung "nicht nur böse und negativ ist". Ihr Leben habe sich verändert, "aber es ist nicht schlechter geworden", sagt Manuela Paul. "Ich habe mich von Menschen verabschiedet, die mir nicht gutgetan haben", nennt sie ein Beispiel. Ihre positive Lebenseinstellung beschert ihr viele neue schöne Momente mit Familie, Freunden oder draußen in der Natur mit Pinscher Uwe.

Dankbar und glücklich ist Manuela Paul, dass sie im November zusammen mit ihrem Mann auf Kreuzfahrt in der Karibik war. Dieses Geschenk hat sie sich selbst zum 60. Geburtstag gemacht. Einen Geburtstag, von dem sie nach der Diagnose glaubte, ihn nie erleben zu dürfen.

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