Versmold. Es war nur ein Sachstandsbericht – aber der erste seit langem, der nicht hinter verschlossener Tür gegeben wurde. Der Beirat der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Gütersloh bekam Mitte März Informationen über ein Arbeitsgruppentreffen bezüglich der Ortsentlastungsstraße Versmold. Stattgefunden hatte dies am 9. März in Form eines Ortstermins an der möglichen künftigen Trasse. Und die ist eine andere, als jene, für die sich die Versmolder Politik im Frühjahr 2016 ausgesprochen hatte.
Diese Entwicklung deutete sich bereits vor vier Jahren an, als letztmalig im Versmolder Rathaus in einer öffentlichen Sitzung über das Thema informiert wurde. Damals hieß es, dass der nördliche Verlauf (Nummer 2) bei den weiteren Untersuchungen im Blick behalten werden solle. Dabei handelt es sich allerdings um die aus Naturschutzgründen kritischste Strecke. In der damaligen Umweltverträglichkeitsstudie wurde die Variante „negativ bewertet", da „der Schutz der Wohnnutzung und die Freihaltung der hofnahen Ackerflächen zu Lasten von Natur und Landschaft" gehe.

Widerstand von Flächeneigentümern
Festgelegt hatte sich der Stadtrat deshalb einst auf die Trasse mit der Nummer 1.2, die auf kürzestem Weg vom Industriegelände an die Knetterhauser Straße führt. Der genaue Straßenverlauf sollte ausgearbeitet werden und in einem Bebauungsplan münden. Es gab allerdings Widerstand von Flächeneigentümern, die ihren Grund und Boden für die Ortsentlastungsstraße an der Stelle nicht hergeben wollen. „Freiwillig geben wir keine Flächen ab", bekräftigten sie damals gegenüber dem Haller Kreisblatt.
Mit einem Trassenverlauf weiter nördlich (Nummer 2) könnte man sich am ehesten einverstanden erklären, sagten sie im Frühjahr 2016 – für die Verwaltung kam diese Aussage im Nachgang der politischen Entscheidung überraschend. Seitdem ist es ruhig geworden um die Ortsentlastungsstraße – bis auf jene Sitzung im Mai 2017, als Bürgermeister Michael Meyer-Hermann die Trasse Nummer 2 zumindest als Option wieder ins Spiel brachte. Von einem Kurswechsel wollte er seinerzeit nicht sprechen.
Dass die Nummer 2 inzwischen mehr als eine Option ist, darauf lässt die Sitzung des Beirates der Unteren Naturschutzbehörde deuten. Etwa vier Mal im Jahr tagt das Gremium. Verschiedene Arbeitsgruppen beschäftigen sich dazwischen mit erforderlichen Themen. 2014 war der Beirat bereits in die Diskussion um den Verlauf der Versmolder Ortsumgehung eingebunden. Da sich nun die Voraussetzungen geändert haben, befasst sich der Beirat erneut mit dem Thema. Kern der Frage sei, so Vorsitzender Gerhard Brechmann gegenüber dem HK, ob die Variante, die aus ökologischer Sicht die schlechteste ist, trotzdem umgesetzt werden könne. „Die Stadt hat deutlich gemacht, dass, wenn die Trasse abgelehnt wird, der Weiterbau komplett in Frage gestellt werden muss."
Beirat hat noch Beratungsbedarf
Der Beirat hat den Sachstand nun erst mal zur Kenntnis genommen, um sich eine Meinung zu bilden. Einen Beschluss dazu werde das Gremium noch fassen, erklärt Brechmann, ohne eine Tendenz abgeben zu können. „Wenn wir die Belange des Naturschutzes komplett hinten anstellen, würden wir unsere eigenen Grundsätze in Frage stellen", sagt er allgemein. Ziel müsse sein, die Eingriffe so gering wie möglich zu halten. Bei Straßenbauprojekten stießen oft unterschiedliche Interesse aufeinander: Landwirtschaft, Naturschutz und Städtebau.
Für den Weiterbau soll – wie schon beim ersten Abschnitt zwischen Bärchenkreisel und Laerstraße – ein Bebauungsplan aufgestellt werden. Alternativ wäre bei der Größe der Infrastrukturmaßnahme ein Planfeststellungsverfahren mit der Möglichkeit von Enteignungen denkbar. Bürgermeister Meyer-Hermann hält allerdings am bisherigen Weg fest. Ihm sei daran gelegen, „im guten Dialog mit allen Beteiligten" eine Lösung zu finden. Bevor die Politik sich für eine andere Trasse entscheide, „müssen wir uns mit den Eigentümern einig werden" und gleichzeitig bei anderen am Verfahren Beteiligten, wie der Untere Naturschutzbehörde, die Machbarkeit abklopfen. „Unser Vorgehen war seinerzeit, die Variante zu optimieren. Jetzt haben wir sie sehr optimiert in einer anderen Variante", sagt Meyer-Hermann.
Die Kostenfrage ist noch nicht geklärt
Der geplante Flächenerwerb wäre „ein wesentlicher Meilenstein", so der Verwaltungschef. Eine weitere wichtige Frage ist die der Finanzierung. Im Haushalt sind geschätzte Kosten (Planung, Grunderwerb, Bau und Nebenkosten) von fünf Millionen Euro vorgesehen. Trasse Nummer 2 ist allerdings länger als 1.2 – was Mehrkosten verursachen dürfte. Wie sich die Baukosten bis 2024, dem anvisierten ersten Spatenstich, entwickeln, ist ebenso noch unklar.
Positiv zu Buche schlagen könnte sich in der Versmolder Stadtkasse der zuletzt erhöhte Fördersatz von 70 Prozent (zuvor waren es 60 Prozent). Ob der Weiterbau der Ortsentlastungsstraße überhaupt auf der Prioritätenliste steht, liegt letztlich in den Händen der Bezirksregierung. Bevor Detmold entscheidet, braucht es eine konkrete Planung aus Versmold. Gut zehn Jahre nach Freigabe des ersten Abschnittes scheint man zumindest ein kleines Stückchen vorangekommen zu sein. Bis zum ersten Spatenstich sind noch viele Fragen zu klären.
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