Versmold. Im April hatten die Grünen das Thema in Versmold auf die Tagesordnung gebracht. Sie sehen Schotter- und Kiesflächen städtebaulich und ökologisch kritisch, und fordern, dass die Stadt künftig in Neubaugebieten Vorgaben zur Versiegelungen von Vorgärten macht. In anderen Kommunen sind entsprechende Festsetzungen in Bebauungsplänen inzwischen getroffen.
Versmold will nicht voreilig handeln und entschied im Frühjahr, sich zunächst umfassend zu informieren. Am Mittwoch nun war Diplom-Ingenieur Roger Loh Gast im Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung. Sein Planungsbüro ist in Kommunen in der Region mit dem Thema befasst. Vielerorts würden emotionale Diskussionen geführt, oft Extrembeispiele herangeführt. „Ich empfehle, bei der Bauleitplanung etwas Nüchternheit walten zu lassen", empfahl Loh der Politik und Verwaltung.
Vorgaben bedeuten auch Kontrolle und Konsequenzen
Grundlage ist schon heute die Landesbauordnung, die Aussagen zum Umgang mit nicht bebauter Fläche trifft. Demnach muss diese wasseraufnahmefähig hergestellt, begrünt und bepflanzt werden – „soweit dem nicht die Erfordernisse einer anderen zulässigen Verwendung entgegenstehen", heißt es in Paragraf acht. „Diese Regelung ist nur ein Mindeststandard und definiert keine Gewichtung", erklärte Roger Loh.
Grundsätzlich handelt es sich bei dem Vorgarten um die Fläche zwischen Wohngebäude und öffentlichem Raum. Er habe Zuwegungsfunktion für die Bewohner, sei Flächenreserve für Parkplätze oder Mülltonnen, erfülle eben aber auch einen städtebaulichen Zweck innerhalb einer Siedlungsstruktur. Genau deshalb gibt es die Möglichkeit für die Stadt, über den Bebauungsplan steuernd einzugreifen.
Englischer Rasen ist auch nicht besser
Roger Loh brachte eine Reihe von Beispielen mit: vom gut gestalteten Staudengarten über klassische, kleine 70er-Jahre-Hecken oder dichte 90er-Jahre Doppelhausbebauung bis hin zur Komplettversiegelung. Er zeigte kombinierte Stein- und Pflanzgärten, die seiner Meinung nach gelungen seien, genauso wie englische Rasenfläche vorm Haus, die „auch nicht viel besser als Steingärten" sei. Für Arten- und Naturschutz hätte das kurz geschnittene Gras geringen Wert.
Sein Rat an die Politik: „Wir würden nicht empfehlen, Steingärten komplett auszuschließen." In erster Linie hält er es für erforderlich, dass die Stadt beratend tätig ist, um Bauherren für das Thema zu sensibilisieren. Bonussysteme könnten zudem Anreiz setzen, den Vorgarten möglichst ökologisch wertvoll zu gestalten, beispielsweise indem nachgelagerte Reduktion des Grundstückspreises vertraglich vereinbart wird.
Gebote statt Verbote?
Es gibt Kommunen, die Vorschriften in ihren Bebauungsplänen verankert haben. Roger Loh rät zu „Pflanzgeboten" statt zu Verboten. Wichtig dabei sei, belastbare Werte zu bestimmen. Vegetationsfläche von mindestest 50 Prozent im Vorgartenbereich, was im Umkehrschluss maximal die Hälfte versiegelter Fläche bedeutet. Mineralstoffe wie Kies oder Schotter sollten nur untergeordnet zugelassen, Sperrschichten ausgeschlossen werden. Solche Festsetzungen würde der Planer ausschließlich auf Einfamilien-, Doppel- und Reihenendhäuser beziehen, bei Mehrparteienhäusern darauf verzichten.
Versmold, so die mehrheitliche Meinung am Sitzungstisch, wird im Zuge eines Planverfahrens für ein künftiges Neubaugebiet über konkrete Regelungen beraten. Wichtig ist den politischen Vertretern, „Überzeugungsarbeit" zu leisten (Andreas Holtkamp, CDU) und auf ein „ausgewogenes Verhältnis" zu achten (Harald Schwarz, SPD). FDP-Mann Jan Droste betonte: „Irgendwo muss gestalterische Freiheit bleiben."
Roger Loh verwies darauf, dass bei Vorgaben Kontrolle und Konsequenzen erforderlich seien. Da müsse jede Stadt für sich entscheiden, was das Richtige sei. „Städtebaulich gibt es keinen zwingenden Grund für Festsetzungen."
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