Finanzen in OWL

Steinhagener Bürgermeisterin sieht „tiefste Finanzkrise der Nachkriegszeit“

Das Geld reicht nicht. Es ist möglich, dass Steinhagen 2029 in die Haushaltssicherung muss. Um das zu verhindern, gibt es nur einen Weg: Sparen. Nun wird entschieden, wo der Rotstift angesetzt wird.

Steinhagens Bürgermeisterin Sarah Süß hält ihre Haushaltsrede für das kommende Jahr 2026. Politiker und Amtsleiter hören zu. | © Jonas Damme

Jonas Damme
01.12.2025 | 01.12.2025, 13:06

Steinhagen. Es steht nicht gut um das Gemeindesäckel - und das ist noch deutlich vorsichtiger ausgedrückt, als es Steinhagens Oberhaupt am Mittwochabend vor der versammelten Politik tat. Die Finanzlage habe sich „dramatisch verschlechtert“ diagnostizierte die Bürgermeisterin in ihrer Haushaltsrede. Man stecke in der „tiefsten kommunalen Finanzkrise der Nachkriegszeit“. Nahezu alle Rathäuser litten unter „Investitionsstaus, wachsenden Sozialausgaben und steigender Verschuldung“.

Sarah Süß sieht dabei nicht nur ein wirtschaftliches Problem, sondern Verfehlungen bei Bundes- und Landespolitik. So betonte sie „Förderprogramme ersetzen keine verlässliche Grundfinanzierung. Die Erwartung, Kommunen müssten lediglich ’effizienter sparen’, geht an der Realität vorbei: Wir drehen längst jeden Euro zweimal um“. Implizit übte sie damit auch Kritik an der NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU), die kürzlich einigen Kommunen vorwarf, man habe schlicht das „Sparen verlernt“.

Fakt ist: Steinhagen ist eine wohlhabende Kommune, anderen geht es deutlich schlechter. Der Lebensstandard in der Gemeinde sei noch immer hoch, allerdings werde man künftig abwägen müssen, was man sich noch leisten kann und will.

Steinhagen könnte in die Haushaltssicherung rutschen

Die zu Grunde liegende Rechnung ist erst mal leicht verständlich: Das Rathaus plant für das kommende Jahr mit Einnahmen - den sogenannten Ordentlichen Erträgen - in Höhe von etwas mehr als 62 Millionen Euro. Die Ausgaben - genauer die Ordentlichen Aufwendungen - werden vermutlich bei von 73 Millionen Euro liegen. Somit fehlen fast elf Millionen Euro.

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Damit ist die Gemeinde aber natürlich noch lange nicht pleite. Tatsächlich hat das Rathaus für solche Fälle Ausgleichs-Rücklagen gebildet. Der Puffer enthält 23 Millionen Euro. Wenn es Kämmerer und Politik indes nicht schaffen, Steinhagen wieder in die schwarzen Zahlen zu bringen, hält das nicht lange vor. „Für die Jahre 2026 bis 2029 ist nach derzeitiger Planung ebenfalls mit erheblichen negativen Ergebnissen zu rechnen. Die Ausgleichsrücklage wird nach den Planzahlen voraussichtlich im Jahre 2028 aufgebraucht sein“, rechnete Sarah Süß ihren Zuhörern vor. Auch dann ist die Gemeinde noch nicht pleite, muss aber auf die sogenannten Allgemeinen Rücklagen zugreifen. Dann wird es wirklich eng.

Deshalb versuchen die Bürgermeisterin und ihr Finanzfachmann Jens Hahn, die kommenden Haushalte gerade so unter der magischen Marke von fünf Prozent Entnahmen aus der Allgemeinen Rücklage zu planen. Sollte das nicht klappen - und das Risiko besteht angesichts allgemein steigender Kosten durchaus -, könnte Steinhagen 2029 in die Haushaltssicherung rutschen.

Steinhagener Angebote könnten eingespart werden

Sparen lautet also das Gebot der Stunde - oder „priorisieren“, wie es Sarah Süß es in ihrer Rede ausdrückte. Das ist aber gar nicht so einfach. Einen großen Teil seiner gesamten Ausgaben zahlt das Rathaus direkt an andere Behörden wie den Kreis Gütersloh, die sogenannten Transferaufwendungen. Die betragen für 2026 planmäßig 36 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle, die Gewerbesteuern, betragen gerade mal 28 Millionen Euro.

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Rund ein Fünftel der Ausgaben machen außerdem Personalkosten aus. Auch die sind kaum zu senken, ohne Mitarbeiter der Gemeinde vor die Tür zu setzen. Mit rund 40 Millionen - verteilt auf mehrere Jahre - schlagen außerdem die Schulsanierungen und andere Bauprojekte in Steinhagen zu Buche. Die freiwilligen Leistungen bei denen man kürzen kann, machen einen vergleichsweise kleinen Anteil aus.

Kulturangebote, Vereine, das Schwimmbad oder ähnliches? Die undankbare Aufgabe der ehrenamtlichen Politiker von CDU, SPD, Grünen, FDP und Die PARTEI, die im Sommer frisch gewählt wurden, wird es in den kommenden Monaten sein, zu entscheiden, auf was man künftig verzichten will. Sollte man sich nicht einigen können, steigt damit die Wahrscheinlichkeit auf ein Haushaltssicherungsverfahren.

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